Gucci, Glamour Und Champagner
Bildschirm auf. Mein Computer lief auf Reservebatterie. Mist. Instinktiv hielt ich Ausschau nach meinem Ladegerät, doch dann fiel mir ein, dass ich a) nicht zu Hause war und b) mein Ladegerät sich natürlich im Koffer befunden hatte. Ich hatte nicht mal Zeit zu einer Erklärung, da wurde der Bildschirm schon dunkel, und der Laptop schaltete sich selbst ab. Vorsichtig stellte ich ihn auf den Beistelltisch, als könnte Jenny mich irgendwie hören, und schlich mich zurück ins Bett, ohne mir öfter als einmal das Knie am Rahmen anzuschlagen. Während ich unter das seidige Baumwolllaken glitt, vibrierte mein BlackBerry laut auf dem Nachttisch. Ich griff sofort danach, damit Alex nicht aufwachte, ging aber nicht dran. Es war natürlich Jenny. Nach einer Ewigkeit endete der versuchte Anruf, unmittelbar gefolgt von einer SMS .
GEH AN DEIN VERDAMMTES TELEFON
Aber seltsamerweise war mir nach dieser reizenden Nachricht überhaupt nicht danach zumute, an mein verdammtes Telefon zu gehen, also schaltete ich das BlackBerry aus und schloss es in der Schublade neben mir ein. Ich würde am Morgen mit ihr reden. Oder wenn ich wieder Mut gefasst hatte. Oder auch nie. Ich rollte mich zur Seite und kuschelte mich an Alex, dessen warme Arme mich instinktiv im Schlaf umschlangen. Wenn ich bei ihm einzöge, sobald wir zurückkamen, dann bräuchte ich vielleicht gar nicht mehr zurück in die Wohnung. Indem ich mich auf diese Weise von der Jenny-Situation ablenkte, lehnte ich mich zurück, bis ich Alex’ ganzen Körper an meinem spürte. Wir würden zusammenziehen. Bei geschlossenen Augen machte sich ein Grinsen auf meinem Gesicht breit, wogegen das der Grinse-Katze aus Alice im Wunderland armselig ausgesehen hätte, und ich wartete geduldig, bis der Schlaf kam.
»Worüber freust du dich denn so?«, fragte Alex am nächsten Morgen. »Ich glaube, ich habe dich beim Aufstehen noch nie so freudig erlebt.«
Ich drehte ihm den Rücken zu, um eine ernstere Miene aufzusetzen, und zog ein langes graues T-Shirt aus dem Chaos seines Koffers. Vermutlich würde man mich wegen unzüchtiger Zurschaustellung einsperren, aber wir waren hier doch in Europa? Da sollte es doch wohl problemlos möglich sein, in einem zum Kleid erklärten T-Shirt herumzustöckeln. Zur Überprüfung drehte ich mich zum Spiegel um. Ein Blick reichte, um mir das Lächeln aus dem Gesicht zu wischen. Mist. Ohne meine komplette Schminkausrüstung (die ohnehin nicht übertrieben war) sah ich wirklich beschissen aus. Hotelshampoo und Spülung, Handseife anstatt Reinigungsmilch und ansonsten nur noch eine halb leere Tube Beauty Flash Balm, um meinen ganzen Körper einzucremen. Gott sei Dank hatte ich Wimperntusche und Kompaktpuder im Handgepäck behalten, sonst hätte ich mich wie ein verschämter Kobold im Zimmer einsperren müssen.
»Hey, glückliches Mädchen. Was gibt es?«
»Ich bin so aufgeregt, Paris kennenzulernen«, log ich. Die Worte »ich ziehe bei dir ein« wären mir seit dem Weckerklingeln vor einer halben Stunde schon beinahe tausendmal herausgeplatzt, aber ich war entschlossen, es noch für mich zu behalten. »Gibt es was Besonderes, was ich dir und mir vorbehalten sollte?«
»Äh, ich weiß nicht.« Er streckte sich und rollte gefangen in den Laken herum. »Was man üblicherweise so macht, ist alles ein wenig kitschig. Aber mach du nur alles, was du für deinen Artikel brauchst.«
»Ich wüsste nicht, was an Paris kitschig sein könnte«, sagte ich und warf mit einem Kissen nach ihm. Ich ließ ihn nur ungern im Bett zurück. Das war eine der schlimmsten Strafen, wenn man mit einem Jungen zusammen war, der in einer Band spielte – seine Arbeitszeit war fast immer nachts. »Es ist alles so schön.«
»Ja, mag sein.« Er warf das Kissen zurück. »Aber du findest ja auch Les Misérables schön.«
»Versuch jetzt bloß nicht, mir meine Begeisterung für Musicals vorzuhalten«, warnte ich ihn. »Oder ich muss mich fragen, warum die Folgen von America’s Next Top Model , die ich bei dir aufgenommen habe, mir alle sagen, dass sie schon jemand angeschaut hat.«
»Dann treffen wir uns also heute Abend?«, fragte er und wechselte prompt das Thema. »Wir spielen erst gegen zehn, also könnten wir vorher noch was trinken oder auch Abendessen gehen, vielleicht im Le Dix?«
»Schön, dass meine Meinung gefragt ist«, sagte ich, beugte mich übers Bett und küsste ihn auf die Stirn. Dann zog ich die Schublade neben dem Bett auf und holte mein BlackBerry und die
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