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Guido Guerrieri 03 - Das Gesetz der Ehre

Guido Guerrieri 03 - Das Gesetz der Ehre

Titel: Guido Guerrieri 03 - Das Gesetz der Ehre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gianrico Carofiglio
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Arbeit begeistert dich nicht gerade, was?«
    Ich brachte eine Art Grinsen zustande. Nein, Begeisterung würde ich das nicht nennen.
    »Wenn du den Beruf wechseln könntest, was würdest du dann gerne tun?«
    Du liebe Güte, das ist ja die reinste Epidemie. Schon wieder einer, der sich für meine Wünsche interessiert. Gebt schon zu, dass ihr euch untereinander abgesprochen habt.
    »Am liebsten würde ich schreiben. Bücher sind meine Leidenschaft. Ich lese sehr gern, und ich glaube, ich würde auch sehr gern schreiben – wenn ich es könnte. Aber ich weiß nicht, ob ich es kann. Ich hatte nie den Mut, es zu versuchen.«
    Ottavio nickte lediglich. Ich mag Leute, die keine dummen Kommentare abgeben. Und manchmal ist die beste Art, keine dummen Kommentare abzugeben, einfach zu schweigen.
    »Trinken wir was?«
    »Ja.«
    »Rum?«
    »Rum.«
    Er nahm eine Flasche vom Bartresen und schenkte zwei Doppelte ein. Wir tranken und plauderten lange über die verschiedensten Dinge. Ab und zu kam jemand rein. Einige kauften Bücher; andere schauten sich nur ein wenig um.
    Ein Typ um die fünfzig in Jacke, Krawatte und Mantel stopfte sich Die Trilogie der Stadt K. von Agota Kristof in die Hose, knöpfte den Mantel zu und wollte gehen. Ottavio, der es bemerkt hatte, bat mich, ihn einen Moment zu entschuldigen, und hielt den Mann kurz vor der Tür auf.
    Er meinte, er würde sie ja gerne verschenken, seine Bücher, aber das gehe beim besten Willen nicht, er sei leider gezwungen, sie sich bezahlen zu lassen. Und das alles sagte er ohne eine Spur von Sarkasmus. Der Typ stammelte etwas von wegen: Ich weiß gar nicht, wovon Sie reden. Ottavio, der das nicht zum ersten Mal hörte, antwortete ihm geduldig, es gebe zwei Möglichkeiten. Entweder der Typ bezahle das Buch und nehme es mit – in diesem Fall bekäme er sogar noch etwas Rabatt – oder aber er stelle es ins Regal zurück, gehe schlafen und könne jederzeit wiederkommen. Als sei nichts gewesen. Darauf meinte der Typ, in Ordnung, er nehme das Buch. Dann ging er zur Kasse, zog das Buch aus der Unterhose, bezahlte – mit Rabatt -, nahm seine Tüte und verließ den Laden, wobei er allseits eine gute Nacht wünschte. Eine absolut surreale Szene.
    »Tja, es gibt Leute, die sich für gar nichts schämen«, sagte ich.
    »Mehr als du denkst. Aber auf einen, der Bücher klaut, kann ich einfach nicht sauer sein. Ich habe selber so viele geklaut. Du auch?«
    Ich sagte, nein, ich hätte nie ein Buch geklaut. Nicht im eigentlichen Sinne. Allerdings hätte ich viele auf verbotene Weise gelesen, und damit meinte ich in den Buchhandlungen, ohne sie zu kaufen. Freilich nicht bei ihm, setzte ich noch hinzu.
    Dann sah ich auf die Uhr und merkte, dass es schon spät war, sehr spät in Anbetracht der Tatsache, dass ich am nächsten Tag Verhandlung hatte. Ich fragte ihn, was ich ihm für die Bücher und den Rum schulde.
    »Das Getränk geht auf meine Rechnung, aber die Bücher musst du mir bezahlen. Wie ich dem Herrn eben schon sagte: Die kann ich beim besten Willen nicht verschenken.«

19
    I ch war kaum im Büro angekommen, als Maria Teresa mir einen Anruf durchstellte.
    Es war Colaianni. Er teilte mir ohne Umschweife mit, dass er mich sprechen müsse, aber besser persönlich.
    Normalerweise hätte ich nach einem Satz wie diesem eine spöttische Bemerkung gemacht; darüber, dass alle Staatsanwälte unter der Zwangsvorstellung litten, ihre Telefone würden überwacht. Aber der Ton seiner Stimme hielt mich davon ab, und so fragte ich ihn lediglich, wie wir es einrichten könnten, persönlich miteinander zu reden, da er nun einmal in Rom und ich in Bari sei. Colaianni meinte, er komme in zwei Tagen nach Foggia, er müsse einen Häftling in der dortigen Vollzugsanstalt verhören. Wenn ich es einrichten könne, solle ich doch auch dorthin kommen, dann könnten wir uns nach dem Verhör treffen, einen Happen miteinander essen und reden. In Ordnung. Gut, dann bis übermorgen. Bis übermorgen, ciao.
    Als ich aufgelegt hatte, packte mich eine seltsame Euphorie. Nach all den Jahren, in denen ich immer nur als Strafverteidiger tätig gewesen war, konnte ich zum ersten Mal nachfühlen, was Fahnder empfinden, wenn sie auf etwas stoßen. Denn ich zweifelte natürlich keine Sekunde daran, dass Colaianni auf etwas gestoßen war und wichtige Informationen über den Anwalt Macrì für mich hatte.
    Einen Moment lang war ich versucht, Natsu anzurufen.
    Hallo, Natsu, ich wollte dir nur sagen, dass es Neuigkeiten gibt. Was

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