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Guido Guerrieri 03 - Das Gesetz der Ehre

Guido Guerrieri 03 - Das Gesetz der Ehre

Titel: Guido Guerrieri 03 - Das Gesetz der Ehre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gianrico Carofiglio
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das könne der Wagen sein, in dem das Rauschgift transportiert worden war. Dann fiel mir ein, dass im Beschlagnahmeprotokoll von einem anderen Modell und einer ganz anderen Marke die Rede war.
    »Du bist überrascht.«
    Das war keine Frage, sondern eine Feststellung, deshalb zuckte ich lediglich die Schultern und schwieg. Mal sehen, was sie zu sagen hatte.
    »Eigentlich wäre ich heute Abend beruflich eingesetzt gewesen. Aber die Sache ist im letzten Moment geplatzt. Und da ich der Babysitterin nicht mehr absagen konnte, dachte ich, das nutze ich aus und fahre ein bisschen ins Blaue. Und dann fiel mir ein, dass ich ja dich fragen könnte, ob du Lust hast, mitzukommen und ein wenig zu plaudern.«
    Ich war an diesem Abend alles andere als Guido, der Gesprächige. Natsu blickte zum ersten Mal von der Straße auf – wir hatten die Stadt bereits hinter uns gelassen -, um zu sehen, ob ich gestorben oder eingeschlafen war.
    »War das falsch?«
    »Nein, überhaupt nicht. Ich freue mich darüber.«
    Sie trat aufs Gaspedal. Der Motor summte kurz, während der Wagen beschleunigte und sie mich fragte, ob es Neuigkeiten für ihren Mann gebe.
    Bei dieser Frage versetzte es mir einen Stich, denn sie brachte mir jäh in Erinnerung, dass ich ein Anwalt und Natsu die Frau eines inhaftierten Mandanten war.
    Diesmal antwortete ich ihr und berichtete, was ich über den ehemaligen Anwalt ihres Gatten herausgebracht hatte. Über die Einzelheiten – also darüber, wie und von wem ich diese Informationen erhalten hatte – bewahrte ich allerdings Stillschweigen.
    Sie hörte mir geduldig zu. Wir hatten unterdessen an einem flachen Teil der Felsküste bei Torre a Mare angehalten. Die Meeresoberfläche war völlig glatt und schwarz wie Tinte. In der Ferne sah man einen Leuchtturm blinken.
    Natsu redete erst wieder, als sie sicher war, dass ich alles gesagt hatte.
    »Und was hast du jetzt vor?«
    »Keine Ahnung. Allein das Wissen, dass dieser Scheißkerl verhaftet – und im Übrigen freigesprochen – wurde, bringt uns nicht weiter. Ich meine, ich weiß nicht, wie ich diese Information im Prozess verwenden könnte.«
    »Aber er ist wie aus dem Nichts aufgetaucht – ohne dass einer von uns ihn gerufen hätte. Das muss doch etwas zu bedeuten haben.«
    »Theoretisch ja. Aber praktisch geht aus den Verfahrensunterlagen nur hervor, dass du ihn beauftragt hast und dass dein Mann dieses Mandat bestätigt hat.«
    »Klar, weil man mir sagte...«
    »Ich weiß, ich weiß. Aber was hilft uns das? Soll ich dich im Prozess als Zeugin bestellen, damit du vor Gericht aussagen kannst, ein Typ habe dich auf offener Straße angesprochen und dir nahegelegt, einen Unbekannten namens Macrì zum Verteidiger deines Mannes zu ernennen, und du seist darauf eingegangen? Selbst wenn das stimmt – ich meine, selbst wenn die Richter dir glauben -, würde uns das keinen Schritt weiterbringen. Der Staatsanwalt könnte nämlich seelenruhig behaupten, das seien eben die Komplizen deines Mannes gewesen; sie hätten dir auf diese Weise zu verstehen gegeben, welchen Anwalt du ernennen musstest. Und damit stünden wir da wie zu Beginn oder sogar noch etwas schlechter.«
    Ich betonte nicht extra, dass dieser Einwand des Staatsanwalts auch schlicht und ergreifend die Wahrheit sein konnte, aber wahrscheinlich begriff sie das auch so.
    Just in diesem Augenblick kam mir eine Idee. Es war eine verrückte Idee, aber während Natsu weiterhin schwieg, sagte ich mir, dass wir es wenigstens versuchen konnten – auch weil es vielleicht der einzig gangbare Weg war. Dann unterbrach sie den Fluss meiner Gedanken.
    »Weißt du, was das Schlimmste für mich ist?«
    »Die Wahrheit nicht zu kennen?«
    Natsu sah mich einen Moment lang verwundert an, bevor sie sich an das Spiel mit den Wünschen erinnerte. Sie kramte in ihrer Tasche, zog eine Packung Zigaretten heraus, ließ das Wagenfenster runter und zündete sich eine an.
    Dann rauchte sie diese Zigarette schweigend. Genoss jeden einzelnen Zug und blies den Rauch in die Nacht hinaus, die ihn sofort verschluckte. Am Ende schloss sie das Fenster mit einem Frösteln, als merke sie erst jetzt, dass es kalt war.
    »Ich habe Hunger, aber ich hab keine Lust, mich in irgendeinem Restaurant einzuschließen.«
    »Ah«, sagte ich.
    »Und du hast wie alle männlichen Singles natürlich nur Dosen und ähnliche Schweinereien im Vorratsschrank.«
    Ich meinte, sie leide wohl an Stereotypien. Ich hätte mitnichten nur Dosen im Vorratsschrank, sondern mein

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