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Guido Guerrieri 03 - Das Gesetz der Ehre

Guido Guerrieri 03 - Das Gesetz der Ehre

Titel: Guido Guerrieri 03 - Das Gesetz der Ehre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gianrico Carofiglio
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Mal so heftig errötet bin, ich glaube, als Kind. Es war das erste Mal seit Beginn dieser ganzen Geschichte, dass wir uns alle drei in ein und demselben Raum befanden. Natsu, ihr Mann und ich.
    Paolicelli rief mich zu sich. Ich zögerte ein paar Sekunden, in der Hoffnung, die Röte würde verschwinden oder wenigstens abklingen, dann ging ich zum Angeklagtenkäfig hinüber.
    Er wollte seine Frau begrüßen, kurz mit ihr sprechen, doch dafür mussten die Vollzugsbeamten sie erst zu ihm durchlassen.
    Ich bat Montaruli um Erlaubnis, und er bewilligte eine kurze Begegnung zwischen dem Häftling und seiner Frau.
    Eigentlich ist das nicht zulässig – die Begegnungen zwischen dem Angeklagten und seinen Angehörigen sind beschränkt und müssen in der Haftanstalt stattfinden -, aber für gewöhnlich stimmen Staatsanwälte, sofern sie keine Unmenschen sind, diesen kleinen Abweichungen von der Regel zu.
    Natsu ging zum Käfig, und Paolicelli ergriff durch die Gitterstäbe hindurch ihre Hände, drückte sie und sagte etwas, was ich zum Glück nicht hören könnte. Allein der Anblick rief Eifersucht und Gewissensbisse bei mir hervor. Und so unterschiedlich diese Gefühle waren, sie taten beide weh.
    Ich musste den Gerichtssaal verlassen, um den Eindruck loszuwerden, dass alle mich anstarrten und an meinem Gesicht ablasen, was in mir vorging.
    Ein paar Minuten später marschierte ein Trupp an mir vorbei, der Paolicelli in Handschellen abführte. Er verabschiedete sich mit einem schwachen Lächeln von mir und hob dabei die gefesselten Hände.

31
    A m Nachmittag vor dem zweiten Verhandlungstag besuchte ich Paolicelli im Gefängnis. Ich erklärte ihm den Ablauf des nächsten Vormittags – zunächst würde ich seine Frau vernehmen, dann sei er an der Reihe – und gab ihm die entsprechenden Verhaltensanweisungen; danach gingen wir noch einmal die Fragen durch, die ich ihm stellen würde, und die Antworten, die er mir geben musste.
    Dies alles dauerte nicht lange; in weniger als einer halben Stunde waren wir damit fertig.
    Ich steckte gerade meine Unterlagen in die Mappe und machte mich bereit zu gehen, als Paolicelli mich fragte, ob ich noch zehn Minuten bleiben und ein wenig mit ihm plaudern könne. Er sagte wortwörtlich: »Würde es Ihnen etwas ausmachen, noch zehn Minuten zu bleiben und ein wenig mit mir zu plaudern?«
    Es gelang mir nicht, meine Verwunderung zu verbergen, und er bemerkte sie unweigerlich.
    »Entschuldigen Sie. Das ist natürlich absurd. Ich weiß gar nicht, wie ich darauf gekommen bin...«
    Ich unterbrach ihn mit einer linkischen Geste, die ihm sagen sollte, er brauche sich nicht zu rechtfertigen.
    »Das ist nicht absurd. Ich weiß, dass man sich im Gefängnis schrecklich einsam fühlen kann.«
    Er sah mich an; er vergrub sekundenlang das Gesicht in den Händen und stieß dann einen heftigen Seufzer aus, der sehr viel Leid, aber auch eine Art Erleichterung zum Ausdruck brachte.
    »Manchmal habe ich das Gefühl, ich werde verrückt. Dann denke ich, ich komme hier nie wieder raus. Ich sehe meine Tochter nicht wieder, meine Frau lernt einen anderen kennen und beginnt ein neues Leben...«
    »Ich habe Ihre Tochter kennengelernt. Ihre Frau hat sie einmal in die Kanzlei mitgebracht. Ein bildschönes Kind.«
    Ich weiß nicht, warum ich das sagte. Vielleicht wollte ich ihn bloß unterbrechen und dadurch meine Schuldgefühle erträglicher machen. Vielleicht war es auch etwas anderes. Fest steht nur, dass mir diese Worte völlig unkontrolliert über die Lippen kamen.
    Diese ganze Situation entzog sich meiner Kontrolle.
    Paolicelli suchte nach einer Antwort, fand aber keine. Er presste die Lippen zusammen, seine Augen begannen zu glänzen. Ich wandte den Blick nicht ab, wie ich es normalerweise getan hätte, sondern streckte quer über den Tisch einen Arm nach ihm aus und legte ihm die Hand auf die Schulter. Und während ich das tat, musste ich daran denken, wie oft ich mir schon ausgemalt hatte, eines Tages wirklich Hand an ihn legen zu können.
    Das ergibt alles überhaupt keinen Sinn, sagte ich mir.
    »Wie verbringen Sie Ihre Zeit hier drinnen?«, fragte ich ihn.
    Er rieb sich die Augen und zog die Nase hoch, bevor er mir antwortete.
    »Ich kann von Glück sagen, dass ich auf der Krankenstation arbeiten darf, das hilft. Dieser Teil des Tages vergeht ziemlich schnell. Und in meiner Freizeit...«
    Das Paradox ging ihm auf, noch während er den Satz aussprach. Frei-zeit . Er schien drauf und dran, einen Witz darüber zu

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