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Guido Guerrieri 03 - Das Gesetz der Ehre

Guido Guerrieri 03 - Das Gesetz der Ehre

Titel: Guido Guerrieri 03 - Das Gesetz der Ehre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gianrico Carofiglio
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angeordnet werden können. Davon abgesehen wird sich das Gericht im Lauf der Vernehmung des Angeklagten selbst davon überzeugen können, dass es unerlässlich ist, die von uns beantragten ergänzenden Beweismittel zuzulassen.«
    Geschafft. Erst als ich fertig war und der Vorsitzende den Staatsanwalt bat, zu meinen Forderungen Stellung zu nehmen, wurde mir wirklich bewusst, was für einen Stein ich da ins Rollen brachte.
    Abgesehen von den geschriebenen Gesetzen – denen des Gesetzbuches und der Urteile, die sie interpretieren -, gibt es in Prozessen und Gerichtssälen eine ganze Reihe von ungeschriebenen Gesetzen. Letztere werden noch viel penibler und strenger befolgt. Und dazu gehört eines, das mehr oder weniger so lautet: Als Verteidiger bootet man einen Kollegen nicht aus. Das tut man nicht, und damit basta. Wer gegen dieses Gesetz verstößt, muss sich darauf gefasst machen, es heimgezahlt zu bekommen, egal wie.
    Zumindest wird man versuchen, es ihm heimzuzahlen.
    Montaruli erhob sich und trug seine Erwiderung vor.
    »Herr Vorsitzender, die vom Verteidiger aufgestellte Hypothese von der Notwendigkeit einer Wiedereröffnung der Beweisaufnahme ist – mindestens was den Antrag auf Zeugenvernehmung des vorigen Verteidigers betrifft – recht ungewöhnlich. Nach meinem Dafürhalten stehen der Bewilligung dieses Antrags mehrere Hindernisse entgegen, und zwar weniger inhaltlicher als juristischer Natur. Ich möchte sie kurz aufzählen: Zunächst einmal scheint Herr Guerrieri, wenn ich seine knappen Ausführungen recht verstanden habe, die Hypothese aufstellen zu wollen, der ehemalige Verteidiger habe Parteiverrat begangen. Diese Hypothese aber würde es geradezu verbieten, den Verteidiger als Zeugen zu vernehmen, denn dann wäre er ja aufgerufen, sich selbst zu belasten. Darüber hinaus bin ich der Meinung, dass gemäß § 197 Ital.StPO in jedem Fall eine Art von Inkompatibilität besteht, auf Grund derer eine Zeugenaussage des Verteidigers nicht in Frage kommt. Und abschließend möchte ich noch anführen, dass besagter Anwalt sich gemäß § 200 StPO auf seine Verpflichtung zur Diskretion berufen könnte. Aus all diesen Gründen bin ich dagegen, Herrn Macrì als Zeugen zuzulassen; gegen die anderen beiden Anträge – die Vernehmung des Angeklagten und die Anhörung seiner Frau – habe ich hingegen nichts einzuwenden.«
    Der Vorsitzende flüsterte dem Beisitzer Girardi etwas ins Ohr. Russo wandte er nicht einmal den Kopf zu. Ich erhob mich und bat um das Wort.
    »Herr Vorsitzender, ich hätte ein paar Anmerkungen zu dem, was der Generalstaatsanwalt soeben vorgetragen hat.«
    »Und zu welchem Punkt genau, Herr Guerrieri?«
    »Zur angeblichen Unzulässigkeit der Zeugenaussage von Anwalt Macrì.«
    »Diese Anmerkungen können Sie gegebenenfalls zu einem späteren Zeitpunkt machen. Für den Moment geben wir Ihrem Antrag auf Vernehmung des Angeklagten und seiner Frau statt. Warten wir ab, was dabei herauskommt. Alles Weitere entscheiden wir danach.«
    Bevor ich noch irgendetwas hinzufügen konnte, diktierte er der Protokollführerin seinen Beschluss.
    »Das Gericht hält die Vernehmung des Angeklagten sowie die Anhörung von dessen Ehegattin für zulässig. Ob Herr Rechtsanwalt Macrì als Zeuge vernommen werden kann oder gar muss, ist augenblicklich nicht zu beurteilen; dies wird erst nach Abschluss der o.g. Vernehmungen möglich sein. Der Vernehmung des Ehepaars Paolicelli wird demnach zugestimmt, jede weitere Entscheidung bis auf weiteres verschoben.«
    Alles in allem korrekt, dachte ich. Wahrscheinlich hätte ich an ihrer Stelle genauso entschieden.
    Der Vorsitzende wandte sich erneut an mich.
    »Herr Guerrieri, was meinen Sie, wie lange brauchen wir, um Ihren Mandanten zu vernehmen? Wenn es eine Sache ist, die sich in wenigen Minuten erledigen lässt, tun wir es gleich. Andernfalls sollten wir vertagen – ich muss heute wegen eines persönlichen Termins leider etwas früher Schluss machen.«
    »Ich glaube nicht, dass es lange dauern wird, Herr Vorsitzender, aber mit wenigen Minuten kommen wir nicht aus. Dann sollten wir doch lieber vertagen.«
    Mirenghi gab keinen Kommentar dazu, vertagte den Termin um eine Woche und sagte dann, das Gericht würde fünf Minuten Pause machen.
    Ich wollte gerade zu Paolicelli gehen und ihm sagen, dass alles mehr oder weniger planmäßig lief, als ich merkte, dass sein Blick zum Saaleingang wanderte. Ich wandte den Kopf und sah Natsu eintreten.
    Ich weiß nicht, wann ich das letzte

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