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Guido Guerrieri 03 - Das Gesetz der Ehre

Guido Guerrieri 03 - Das Gesetz der Ehre

Titel: Guido Guerrieri 03 - Das Gesetz der Ehre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gianrico Carofiglio
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Block und schob sie mir zusammen mit dem Restgeld unfreundlich hin.
    Der Kinosaal war gähnend leer. Ich weiß nicht, war es der völlige Mangel an menschlichen Reizen, der meinen Geruchssinn schärfte, oder war es das Kino selbst, das nach einer gründlichen Reinigung verlangte, jedenfalls nahm ich deutlich den Geruch der Sesselpolsterung wahr und des Staubes, der sich darin festgesetzt hatte.
    Ich setzte mich, sah mich um und dachte: die perfekte Situation für eine Episode von Unwahrscheinliche Geschichten . Tatsächlich musste ich ein paar Sekunden gegen die Versuchung ankämpfen, aufzustehen und nachschauen zu gehen, ob der Mann an der Kasse sich nicht in ein gigantisches, Menschen fressendes Krustentier verwandelt hatte und die Notausgänge nicht zu Raum-Zeit-Schranken am Übergang in eine andere Dimension geworden waren.
    Dann kam eine Frau herein. Sie ließ sich in der Nähe der Tür nieder, zehn Reihen hinter mir. Wenn ich sie anschauen wollte, musste ich mich extra umdrehen, was, wenn ich es übertrieb, aufdringlich gewirkt hätte. Aus diesem Grund konnte ich mir nur eine ungefähre Vorstellung von ihr machen, bevor die Lichter ausgingen und der Film begann. Sie war mittelgroß, in einen dicken Schal gemummt, vielleicht war es auch ein Poncho, hatte streichholzkurzes Haar und schien mehr oder weniger in meinem Alter zu sein.
    Während der ersten Hälfte folgte ich dem Film nicht allzu aufmerksam, abgesehen davon, dass ich ihn bereits zweimal gesehen hatte. Ich überlegte mir, dass ich diese Frau, dieses Mädchen oder was es war, gerne angesprochen hätte. Ich hätte während der Pause gern mit ihr geredet, und nach dem Film hätte ich sie gern eingeladen, etwas mit mir zu trinken. Vorausgesetzt, sie ging nicht schon vor der Pause, weil ihr der leere und etwas unheimliche Saal Angst machte. Und weil sie fürchtete, der andere Kinobesucher – der sich ein wenig zu oft nach ihr umgedreht hatte – könne ein Perverser sein.
    In der Pause war sie noch da. Sie hatte ihren Poncho oder Schal abgelegt und saß ganz entspannt in ihrem Sessel, aber natürlich fand ich nicht den Mut, sie anzusprechen.
    In der zweiten Hälfte fiel mir ein, das Mitwirken des jungen Schwarzenegger in dem Film könne ein guter Gesprächsanlass sein. Haben Sie gesehen: Schwarzenegger als blutjunger Kerl. Kaum zu glauben, dass der jetzt Gouverneur von Kalifornien ist. Okay, blöder Spruch, aber für eine Cineastin – und eine, die sich so spät in der Nacht alleine The long goodbye ansieht, ist , verdammt noch mal, eine Cineastin – war das Thema »erster Auftritt unbekannter Schauspieler, die hinterher weltberühmt wurden« doch ein guter Aufhänger.
    Als die Lichter angingen und der Vorführer den Nachspann abwürgte, erhob ich mich entschlossen von meinem Sitz. Es war mir in meinem ganzen Leben noch nie gelungen, eine fremde Frau anzusprechen, aber inzwischen war ich erwachsen geworden – nennen wir es mal so -, und da konnte ich es wenigstens einmal versuchen. Was konnte mir im Grunde schon passieren? Nichts, verdammt noch mal.
    Nur, dass sie diesmal weg war. Das Kino war so ausgestorben wie zu Beginn.
    Ich eilte zum Ausgang, vielleicht war sie ja erst unmittelbar bevor die Lichter angingen aufgestanden. Aber auf der Straße war niemand zu sehen.
    Der Wind, der jetzt noch stärker blies als vorher, bildete kleine Staubwirbel. Als wären sie ein Traum oder eine Erscheinung, überquerten fünf streunende Hunde in Reih und Glied die Straße und verschwanden hinter der nächsten Ecke.
    An diesem Punkt schlug ich meinen Mantelkragen hoch, vergrub die Hände in der Tasche und ging nach Hause.

33
    A ls ich am nächsten Morgen aufstand, tat mir der ganze Körper weh, und die Schmerzen vergingen auch nicht nach den üblichen Dehnübungen. Entsprechend übel war meine Laune auf dem Weg zum Berufungsgericht. Und sie wurde noch schlechter, als ich den überhitzten und völlig überfüllten Verhandlungssaal betrat und den Staatsanwalt der bevorstehenden Sitzung erblickte: Porcelli.
    Er hatte die Ausstrahlung und das Charisma eines Tintenfischs, der gute Herr Porcelli. Im Übrigen wirkte er mit seinem trotz seiner stattlichen Statur winzigen Kopf, der aus der Robe ragte, auch physisch wie ein riesiges, überflüssiges Exemplar dieser wirbellosen Meeresbewohner. Einer, dem alles egal war. Ein Mann, der vom Scheitel bis zur Sohle eine fast schon unmenschliche Gleichgültigkeit und Stumpfheit ausstrahlte.
    Wenigstens würde er im Hinblick auf den

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