Guido Guerrieri 03 - Das Gesetz der Ehre
Prozess keine Probleme machen, dachte ich erleichtert, während die Richter den Saal betraten.
Der Gerichtsdiener rief Natsu herein, die im Zeugenzimmer wartete. Sie betrat den Saal und sah sich einen Moment lang etwas desorientiert um. Sie wurde vor die Richterbank geführt. Während alle Blicke auf sie gerichtet waren.
»Bevor wir beginnen, muss ich Sie über die Rechtslage belehren, Signora , das ist vom Gesetz so vorgesehen«, sagte Mirenghi.
»Als Ehefrau des Angeklagten können Sie die Aussage verweigern. Wenn Sie von diesem Recht allerdings keinen Gebrauch machen wollen, sind Sie genau wie alle anderen Zeugen verpflichtet, die Wahrheit zu sagen. Wollen Sie also aussagen?«
»Ja, Herr Vorsitzender.«
»In Ordnung. Dann bekräftigen Sie jetzt bitte die Richtigkeit Ihrer Aussage.«
Natsu nahm das mit Kunststoff beschichtete Kärtchen in die Hand, das der Protokollführer ihr reichte, und las mit fester Stimme die Formel.
»Im Bewusstsein meiner Verantwortung vor Gericht und der moralischen Verantwortung, die ich mit meiner Aussage übernehme, verpflichte ich mich, nach bestem Wissen die reine Wahrheit zu sagen und nichts zu verschweigen.«
»Herr Guerrieri, Sie können beginnen.«
»Danke, Hohes Gericht. Signora, Sie wissen natürlich schon, worüber Sie hier aussagen sollen. Ich halte mich deshalb nicht mit Präambeln auf, sondern frage Sie direkt: Haben Sie Herrn Rechtsanwalt Macrì unmittelbar nach der Verhaftung Ihres Mannes mit der Verteidigung beauftragt?«
»Ja.«
»Kannten Sie Herrn Macrì da schon?«
»Nein.«
»Warum haben Sie sich dann für ihn entschieden?«
»Weil mir geraten worden war, ihn zu ernennen.«
»Von wem war Ihnen das geraten worden?«
Natsu schwieg einen Moment, wie um sich zu sammeln. Dann antwortete sie.
»Es war am Tag nach der Festnahme meines Mannes. Ich verließ gerade das Haus, als ein junger Mann auf mich zutrat. Er sagte, Freunde meines Mannes hätten ihn geschickt, und gab mir einen Zettel, auf dem der Name und die Handynummer von Herrn Macrì standen. Er sagte, ich müsse ihm so schnell wie möglich das Mandat erteilen, er könne meinem Mann bestimmt helfen.«
»Was haben Sie ihm geantwortet?«
»Ich erinnere mich nicht mehr genau, was ich zu ihm sagte, ich meine, den exakten Wortlaut, aber ich versuchte, eine Erklärung von ihm zu bekommen.«
»Warum sagen Sie: Ich versuchte ?«
»Weil er sagte, er habe keine Zeit, er müsse sofort wieder gehen. Darauf verabschiedete er sich, ging zu einem Wagen, der in etwa zehn Metern Entfernung geparkt war und in dem noch jemand saß, und fuhr weg.«
»Haben Sie sich das Kennzeichen notiert?«
»Nein, daran habe ich überhaupt nicht gedacht. Ich war wie vor den Kopf geschlagen.«
»Haben Sie den Mann nach dieser ersten Begegnung noch einmal gesehen?«
»Nein.«
»Wären Sie in der Lage, ihn wiederzuerkennen, wenn Sie ihn sähen?«
»Ich glaube, ja, aber ich bin mir nicht sicher.«
»Haben Sie Ihrem Mann von dieser Episode erzählt?«
»Natürlich.«
»Und was meinte er dazu?«
»Er konnte sich ebenso wenig einen Reim darauf machen wie ich. Auch er hatte keine Ahnung, wer dieser Mann war, und schon gar nicht, wer ihn geschickt haben mochte.«
»Nur noch ein paar kurze Fragen, Signora. Würden Sie uns bitte die Umstände schildern, unter denen Ihr beschlagnahmter Wagen von der Polizei freigegeben wurde?«
»Ja. Herr Macrì sagte, wir müssten eine Eingabe machen, damit ich meinen Wagen wiederbekäme. Er meinte, da ich mit der ganzen Sache nichts zu tun habe und der Wagen mir gehöre, müssten sie ihn mir zurückgeben. Ich war einverstanden. Ein paar Tage später rief er mich an und sagte, die Eingabe sei erfolgreich gewesen, der Staatsanwalt habe die Freigabe meines Wagens angeordnet.«
»Was passierte dann?«
»Ich fragte ihn, was ich tun müsse, um mein Auto wiederzubekommen. Er meinte, ich müsse gar nichts tun. Er würde sich um alles kümmern. In ein paar Tagen käme er nach Bari und hole den Wagen selbst bei der Polizei ab.«
»Und das hat er dann auch getan?«
»Ja, er hat ihn mir höchstpersönlich vor die Haustür gestellt.«
»Eine allerletzte Frage, Signora. Haben Sie Herrn Macrì je ein Honorar bezahlt?«
»Nein. Er meinte, das sei nicht nötig; bestenfalls könnten wir ihm, wenn alles vorbei sei, ein kleines Geschenk machen.«
»Sie haben ihm also keinen Cent gegeben, nicht einmal für seine Auslagen?«
»Nein.«
»Hat er Ihnen gegenüber je geäußert, es gebe jemand anderen, der
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