Guido Guerrieri 03 - Das Gesetz der Ehre
Paolicelli. Ist es richtig, wenn ich sage, dass Sie das Schuldbekenntnis einzig in der Absicht abgelegt haben, Ihre Frau aus der Sache herauszuhalten?«
»Ja. Dieses Rauschgift gehörte nicht mir. Und ich wusste auch nicht, dass es sich in meinem Wagen befand. Das habe ich erst gemerkt, als die Zollfahnder es entdeckten.«
»Können Sie uns erklären oder haben Sie eine Vermutung darüber, wie die Drogen in Ihr Auto gelangt sein könnten?«
Gegen diese Frage hätte der Staatsanwalt eigentlich Einspruch erheben können. In der Regel ist es nicht zulässig, den Zeugen nach seiner persönlichen Meinung zu fragen oder ihn aufzufordern, irgendwelche Vermutungen anzustellen. Aber das hier war ein Sonderfall, und der Tintenfisch war sowieso nur körperlich anwesend. Er schien die Sache überhaupt nicht mitbekommen zu haben. Und so konnte Paolicelli ohne Probleme auf meine Frage antworten. Er erzählte vom Hotelparkplatz, erklärte, dass man die Autoschlüssel beim Portier abgeben musste, und schilderte, wie leicht es gewesen wäre, die Drogen über Nacht in seinen Wagen zu schmuggeln. Seine Aussage klang gut – klar und spontan. Er vermittelte den Eindruck von jemandem, der die Wahrheit sagt, so weit das von Interesse war.
Als wir mit dem Thema Montenegro fertig waren, kamen wir auf Macrì zu sprechen. Wir gingen noch einmal kurz durch, was Natsu bereits über ihn ausgesagt hatte, und konzentrierten uns dann auf die Unterredungen im Gefängnis.
»Was sagte Macrì, als Sie wissen wollten, wer die Leute waren, die sich an Ihre Frau gewandt hatten?«
»Er sagte, ich solle mir keine Sorgen machen, es gebe Freunde, die ihn beauftragt hätten, mir zu helfen.«
»Freunde von wem?«
»Das weiß ich nicht. Er sprach nur von Freunden , ohne sich näher zu äußern.«
»Aber Sie ahnten, um wen es sich handeln könnte?«
»Ganz und gar nicht.«
»Haben oder hatten Sie gemeinsame Freunde oder Bekannte?«
»Nein.«
»Haben Sie Herrn Macrì je gesagt, dass Sie unschuldig sind?«
»Nein.«
»Warum nicht?«
»Weil ich den Eindruck hatte, dass er das sehr gut wusste.«
»Was vermittelte Ihnen diesen Eindruck?«
»Macrì hat mehr als einmal zu mir gesagt: Ich weiß, dass du unschuldig bist, das war ein dummes Missgeschick, aber du wirst sehen, wir bringen alles in Ordnung. Der Wortlaut war vielleicht ein bisschen anders, aber der Sinn war der.«
»Was riet Ihnen Macrì im Hinblick auf die erste richterliche Anhörung?«
»Er sagte, ich solle von meinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machen.«
»Warum?«
»Er meinte, sonst würde ich meine Lage womöglich noch verschlimmern. Und dann meinte er wieder, ich solle mir keine Sorgen machen, er würde alles in Ordnung bringen. Ich müsse nur etwas Geduld haben.«
»Stellte er Ihnen je einen Freispruch in Aussicht?«
»Nein. Das nicht. Aber er stellte mir verschiedentlich eine sehr niedrige Strafe in Aussicht, wenn ich ihn nur machen ließe und ein wenig Geduld aufbrächte. Dabei schlug er immer einen sehr vielsagenden Ton an, so, als verfüge er über die entsprechenden Kanäle... ich weiß nicht, ob Sie verstehen, was ich meine.«
»Oh doch, Sie haben sich sehr klar ausgedrückt«, sagte ich und warf einen Blick zu den Richtern hinüber.
»Sie haben sich also blind diesem unbekannten Rechtsanwalt anvertraut, der urplötzlich und unter ungeklärten Umständen in Ihrem Leben auftauchte. Können Sie uns erklären, warum Sie das getan haben?«
»Ich hatte das Gefühl – und ich habe es noch immer -, in ein völlig undurchsichtiges Räderwerk geraten zu sein. Herr Macrì hingegen schien genau zu wissen, was zu tun war, er schien... Bescheid zu wissen, ich weiß nicht, wie ich es anders ausdrücken soll. Ich hatte jedenfalls den Eindruck, er sei in der Lage, seine Versprechungen zu halten.«
»Warum haben Sie ihm nicht einen Anwalt Ihres Vertrauens zur Seite gestellt, einen, den Sie persönlich kannten?«
»Das war es ja, ich kannte keinen. Und wie gesagt, der Ton, in dem Macrì sich äußerte, vermittelte mir den Eindruck...«
Der Vorsitzende Richter fiel ihm ins Wort.
»Persönliche Eindrücke dürfen Sie hier nicht äußern. Wenn Sie Fakten zu berichten haben, dann tun Sie das. Aber Ihre persönlichen Ansichten und Vermutungen behalten Sie bitte für sich.«
»Bei allem Respekt, Herr Vorsitzender, aber der Angeklagte wollte gerade erklären, weshalb...«
»Herr Verteidiger, Sie haben gehört, was ich gesagt habe. Stellen Sie bitte Ihre nächste Frage.«
In
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