Guido Guerrieri 03 - Das Gesetz der Ehre
ihn bezahle?«
»Nein, zu mir hat er das nie gesagt, aber ich glaube zu meinem Mann.«
»Danke. Ich habe keine weiteren Fragen.«
Der Vorsitzende Richter fragte den Staatsanwalt, ob er Fragen habe. Aber der schüttelte nur müde den Kopf. Daraufhin sagte Girardi zu Natsu, sie könne sich setzen. Alle sahen sie an, während sie den kurzen Weg vom Zeugenstand bis zu den Zuschauerbänken zurücklegte, und dabei empfand ich sekundenlang einen unangemessenen Stolz. Bis mir einfiel, dass ich dazu keinerlei Grund hatte und ein Recht schon gar nicht.
Die Wachbeamten führten Paolicelli vor das Gericht und stellten sich um ihn herum auf, wie die Sicherheitsvorschriften es verlangen. Der Vorsitzende bat ihn, seine Personalien zu wiederholen, und ließ ihn mit ans Groteske grenzender Genauigkeit präzisieren, dass er zwar in Bari ansässig, augenblicklich aber inhaftiert und folglich in der Justizvollzugsanstalt wohnhaft sei. Dann belehrte er ihn über sein Aussageverweigerungsrecht und fragte ihn, ob er es in Anspruch zu nehmen gedenke oder sich dem Verhör unterziehen wolle. Die übliche Leier.
»Ja, Herr Vorsitzender, ich möchte Rede und Antwort stehen.«
»Gut, dann können Sie mit der Vernehmung beginnen, Herr Guerrieri.«
»Danke, Hohes Gericht. Herr Paolicelli, meine erste Frage ist denkbar simpel. Bekennen Sie sich schuldig oder unschuldig an der Tat, die Ihnen zur Last gelegt wird und für die Sie zuerst festgenommen und danach in erster Instanz verurteilt wurden?«
»Unschuldig.«
»Gut. Möchten Sie dann dem Hohen Gericht zunächst einmal erklären, aus welchem Grund Sie nach Auffindung einer beachtlichen Menge Rauschgifts in Ihrem Wagen folgende Aussage zu Protokoll gaben: Ich nehme zur Kenntnis, dass in meinem Personenkraftwagen Kokain mit einem Gesamtgewicht von 40 Kilogramm gefunden wurde. Dazu sage ich aus, dass diese Betäubungsmittel ausschließlich mir gehörten und dass meine Frau Natsu Kawabata, deren vollständige Personalien an anderer Stelle aufgenommen werden, in keiner Weise an dem illegalen Drogengeschäft beteiligt ist, das somit einzig mir anzulasten ist. Ich habe die Betäubungsmittel ohne Wissen meiner Frau in dem Pkw verstaut. Die Namen der Personen, bei denen ich vorgenannte Menge an Betäubungsmitteln erstanden habe, gebe ich nicht an... und so weiter und so fort?«
Paolicelli stieß einen langen Seufzer aus und rückte ein wenig auf dem Stuhl hin und her, bevor er antwortete.
»Ich war nicht allein, meine Frau und meine kleine Tochter waren bei mir. Die Zollbeamten meinten, sie müssten uns beide festnehmen, da es nicht möglich sei, den Besitz der Droge eindeutig dem einen oder anderen von uns beiden zuzuschreiben. Wir seien Mann und Frau, hätten im selben Wagen gesessen, und damit sei es mehr als wahrscheinlich, dass wir unter einer Decke steckten. Folglich müssten sie uns beide festnehmen.«
»Und was passierte dann?«
»Ich geriet in Panik. Ich meine, ich war bereits in Panik, aber die Vorstellung, dass sie auch meine Frau festnehmen könnten, dass meine Tochter irgendwelchen Fremden anvertraut würde, all das war für mich entsetzlich. Ich bat sie, ich flehte sie auf Knien an, meine Frau aus dem Spiel zu lassen, sie wisse von diesen Drogen sowieso nichts.«
»Warum? Wussten Sie denn davon?«
»Nein. Aber ich begriff, dass ich zwischen die Räder eines teuflischen Getriebes geraten war. Deshalb ging es mir an erster Stelle darum, meine Frau und das Kind aus der Sache herauszuhalten. Es gab keinen Ausweg: Entweder sie verhafteten uns beide oder nur mich.«
»Fahren Sie fort.«
»Die Zollfahnder meinten, es gebe nur eine Möglichkeit, meine Frau aus der Sache herauszuhalten. Ich musste aussagen, dass diese Drogen mir gehörten, ausschließlich mir, und dass ich sie ohne Wissen meiner Frau im Wagen transportiert hätte. Nur so hätten sie einen Anlass, einen, wie nennt man das... einen schlüssigen Beweggrund gehabt, sie nicht festnehmen zu müssen. Sie hätten sagen können...«
»Ja, sicher, sie hätten im Protokoll über die Festnahme eine Begründung angeben können, weshalb sie nur Sie und nicht auch Ihre Frau festnahmen. Was alles andere als selbstverständlich war, zumal der Wagen auf Ihre Frau zugelassen ist, nicht?«
»Ja, der Wagen gehört ihr.«
»Sie haben also dieses Geständnis abgelegt und wurden daraufhin festgenommen, während Ihre Frau nach Hause gehen konnte. Zu Beginn der heutigen Vernehmung haben Sie sich jedoch für unschuldig erklärt, Herr
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