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Guido Guerrieri 03 - Das Gesetz der Ehre

Guido Guerrieri 03 - Das Gesetz der Ehre

Titel: Guido Guerrieri 03 - Das Gesetz der Ehre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gianrico Carofiglio
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miteinander reden müssen. Ein diskreter Bursche, der weiß, wie er sich zu benehmen hat.«
    Den letzten Satz – der weiß, wie er sich zu benehmen hat – sprach er etwas anders aus. Mit einer etwas anderen Betonung. Ab diesem Moment begann ich auf die Carabinieri zu achten, die im Gerichtsgebäude unterwegs waren. Die Tatsache, dass das recht viele waren, beruhigte mich. Etwas.
    »Sind doch alle gleich, diese Gerichte. Dasselbe Chaos, derselbe Geruch, dieselben Gesichter. Habe ich Recht, Guerrieri?«
    »Ich weiß nicht, ich hab nie darüber nachgedacht.«
    Als wir im Untergeschoss ankamen, mussten wir uns einen Weg durchs Gedränge bahnen, denn zu Stoßzeiten war die Bar immer sehr voll. Wir tranken unseren Kaffee, Macrì bezahlte, und dann gingen wir wieder hinaus. Hinter uns ständig der Typ, der wusste, wie er sich zu benehmen hatte.
    »Guerrieri, lass es mich nochmals sagen. Ich glaube, ich hab mich bei unserem Telefongespräch wirklich im Ton vergriffen. So redet man nicht mit einem Kollegen. Und überhaupt tust du ja nur deine Arbeit, das ist mir klar. Wie ich es im Übrigen auch getan habe.«
    Ich nickte mit dem Kopf, während ich mich fragte, worauf er hinauswollte.
    »Und da mir das klar ist, will ich dir keine Scherereien machen. Dasselbe erwarte ich mir allerdings von dir.«
    »Wie meinst du das?«
    »Was willst du mich bei der Vernehmung fragen?«
    Ich hätte Macrì nicht antworten dürfen. Ich hätte ihm sagen müssen, dass er das noch früh genug erfahren würde, was ich ihn fragen wollte. Sobald die Vernehmung begann. Stattdessen erklärte ich ihm – obendrein in einem Ton, der sich zu meinem eigenen Ärger anhörte, als wolle ich mich rechtfertigen -, dass ich ein paar Dinge klären müsse, Dinge, die den Beginn seiner Beziehung zu Paolicelli beträfen.
    Noch während ich ihm diese Antwort gab, kam ich mir vor wie ein Vollidiot.
    Er machte ein sehr konzentriertes Gesicht, das irgendwie gar nicht zu meiner schlichten Antwort passte, gab vor nachzudenken und hakte sich schließlich im Gehen bei mir unter.
    »Hör zu, Guerrieri. Ich werde dir natürlich nicht alle Fragen beantworten können. Fragen, die mich zwingen würden, meine Schweigepflicht zu verletzen, muss ich unbeantwortet lassen, das verstehst du sicher, habe ich Recht? Was im Moment aber viel wichtiger ist: Es gibt Leute, die diesen Paolicelli unter ihre Fittiche nehmen wollen. Lassen wir die Frage, ob er nun zu Recht oder zu Unrecht sitzt, mal beiseite. Er sitzt jedenfalls im Gefängnis, und daran wird sich so schnell nichts ändern. Dass du dich so für ihn einsetzt, ist natürlich lobenswert und macht dir alle Ehre. Es zeigt auch, dass du ein seriöser Anwalt bist, aber nützen wird es ihm nicht viel.«
    Er hielt einen Moment inne und blickte mich an. Wollte sehen, ob ich imstande war, ihm zu folgen, den Sinn seiner Worte zu erfassen. Ich weiß nicht, ob mein Gesicht ihm diesen Eindruck vermittelte, jedenfalls fuhr er fort.
    »Paolicelli hat eine Frau – übrigens eine sehr hübsche Frau, ich weiß nicht, ob du sie kennst -, und er hat ein Töchterchen. Mithin, er hat Probleme und braucht Unterstützung. Insbesondere Geld. Du wirst sehen: In zweiter Instanz bekommt er sowieso einen ordentlichen Strafnachlass, und wenn das Urteil erst einmal rechtskräftig ist, dauert es höchstens noch ein paar Jahre bis zur ersten Haftlockerung. Bis dahin würde ihm eine kleine – oder auch große – Geldspritze aber sicher nicht schaden, habe ich Recht?«
    Meine Stimme antwortete wie von alleine.
    »Nein, die würde ihm nicht schaden.«
    Macrì lächelte, indem er mir leicht den Kopf zuwandte. Meine Antwort musste ihm den Eindruck vermitteln, dass wir uns langsam verstanden. Endlich. Jetzt stand ich mit beiden Füßen auf der Erde, war einer, der wusste, wie man sich benimmt.
    »Na, siehst du. Klar: Die Einzelheiten müssen wir unter uns aushandeln. Am besten sofort. Und es wird nicht bei Worten bleiben, schließlich bin ich nicht mit leeren Händen gekommen.« Bei diesen Worten klopfte er sich in Höhe der Brusttasche aufs Jackett.
    »Dich vergessen wir natürlich auch nicht. Immerhin hast du eine Menge Zeit und Arbeit in die Sache gesteckt. Und halte dir bitte vor Augen, dass diese Leute – ich meine die, von denen ich spreche, die Paolicelli unter ihre Fittiche nehmen wollen – sehr oft Rechtsanwälte brauchen. Gute Rechtsanwälte wie dich. Es gibt Mandanten, die einen tüchtigen Anwalt reich machen können. Du weißt natürlich, wovon ich

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