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Guido Guerrieri 04 - In ihrer dunkelsten Stunde

Guido Guerrieri 04 - In ihrer dunkelsten Stunde

Titel: Guido Guerrieri 04 - In ihrer dunkelsten Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gianrico Carofiglio
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Willst du ihn probieren? Es ist ganz legal.«
    Ich antwortete, dass ich ihn gern probieren würde, und sie bat Matilde, die Barkeeperin, uns Absinth für zwei zu bringen. Matilde, die kein überflüssiges Wort verliert, nickte unmerklich, und ein paar Minuten später standen zwei Gläser vor uns, die eine grünliche Flüssigkeit enthielten, eine Schale mit Würfelzucker und ein Krug Wasser.
    »Wozu brauchen wir das Ganze?«, fragte ich.
    »Kennst du Pastis?«
    »Ja.«
    »Die Methode ist dieselbe. Diese Flüssigkeit hier ist reiner Alkohol, achtundsechzig Prozent. Man verdünnt ihn mit drei oder fünf Teilen Wasser, und wenn man will, fügt man noch ein Stück Würfelzucker hinzu.«
    Ich befolgte die Anweisungen, kostete, und es schmeckte.
    Verdammt, es schmeckte hervorragend, und ich mixte mir sofort noch einen.
    »Zola sagte, wenn Absinth im Spiel ist, führt das unweigerlich zu betrunkenen Männern und schwangeren Mädchen. Jetzt verstehe ich endlich, was er damit sagen wollte.«
    Sie nickte mit einem freudlosen Lächeln.
    »Es ist aber ziemlich unwahrscheinlich, dass ich dabei das schwangere Mädchen bin.«
    Sie sagte das mit einem neutralen Tonfall, aber es war vollkommen klar, dass ich ein falsches Thema angesprochen hatte. Ich sah sie an, ohne etwas zu sagen, und stellte das Glas ab, aus dem ich gerade trinken wollte.
    »Vor zwei Jahren wurde ein Tumor bei mir festgestellt und sie haben alles entfernt, was man braucht, um ein schwangeres Mädchen zu werden. Nicht, dass es so viele Bewerber gegeben hätte, die ein Kind von mir wollten, aber ich würde sagen, dass die Sache damit endgültig erledigt wäre.«
    Warum hatte ich nur dieses Zitat erwähnt? Das noch dazu sowieso unpassend und vielleicht auch ein wenig vulgär war. Ich fühlte mich entsetzlich verlegen.
    »Tut mir leid, entschuldige, das war wirklich ungeschickt von mir.«
    »Nun mach mal halblang. Da gibt es gar nichts zu entschuldigen. Ich müsste mich höchstens selbst entschuldigen, denn es gab überhaupt keinen Grund, dir das zu erzählen und dich mit meinen Problemen zu überfallen.«
    Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Sie betrachtete noch eine Weile ihr leeres Glas. Dann entschied sie, dass sie noch etwas trinken wollte und bereitete sich noch einen Absinth zu. Sie verdünnte ihn mit drei Teilen Wasser oder auch weniger. Sie trank ihn langsam und sorgfältig. Als sie fertig war, wandte sie sich mir zu.
    »Bist du einverstanden, wenn wir jetzt gehen? Ich würde gern eine Zigarette rauchen. Wir können ja noch eine Runde drehen, bevor wir nach Hause gehen. Hans und Matilde schließen dann zu.«
    Fünf Minuten später standen wir im Regen.
    Nadias Auto war ein kompakter Kleinwagen, in den ich kroch, ohne auch nur die Marke zu erkennen. Als Nadia einstieg, hatte ich den Eindruck, dass sich hinten im Auto etwas bewegte. Ich drehte mich um und sah in der Dunkelheit etwas Weißes mitten in einer dunklen Masse funkeln. Ich sah genauer hin und erkannte, dass das weiße Funkeln Augen waren, die zu einem schwarzen Hund von der Größe eines Kalbs gehörten.
    »Süß. Wie heißt der denn? Nosferatu?«
    Sie lachte.
    »Pino heißt er.«
    »Pino? Du meinst, Mörder-Pino? Findest du, dass das ein passender Name für so ein Viech ist?«
    Wieder Gelächter.
    »Ich hätte niemals, aber wirklich niemals gedacht, dass du auch lustig sein kannst. Ernsthaft, zuverlässig, auch nett, das schon. Aber ich wäre nie auf die Idee gekommen, dass du einen zum Lachen bringst.«
    »Warte nur, bis du mich tanzen siehst!«
    Drittes Mal Gelächter. Sie startete den Wagen und fuhr los.
    Ich sah nach vorn, aber ich wusste, dass Mörder-Pino mich im Blick hatte und überlegte, ob er mich verspeisen sollte.
    »Welche Rasse ist dieses possierliche Tierchen denn?«
    »Die einzige Hunderasse, die aus Apulien stammt.«
    »Und was soll diese Rasse sein? Der Murgen-Teufel?«
    »Es ist ein Cane Corso.«
    »Und das heißt …«
    »… aber er heißt nicht so, weil er aus Korsika stammt. Corso kommt aus dem Lateinischen, von cohors , was so viel wie Hof, Einzäunung bedeutet. Der Cane Corso stammt von den apulischen Molossen ab. Pinos Vorfahren bewachten die Gutshöfe in Apulien, der Basilicata, in Molise. Oder sie kämpften mit Bären und Wildschweinen.«
    »Ich bin sicher, dass weder die Bären noch die Wildschweine besonders glücklich über diese Begegnungen waren. Hast du ihn dir ausgesucht, weil du ein Schoßhündchen brauchtest?«
    »Blödmann. Eine Freundin, die Hunde abrichtet

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