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Guido Guerrieri 04 - In ihrer dunkelsten Stunde

Guido Guerrieri 04 - In ihrer dunkelsten Stunde

Titel: Guido Guerrieri 04 - In ihrer dunkelsten Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gianrico Carofiglio
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hätte aufgehört, weil sie die Geduld verloren hatte, blieb ich einen Moment lang still und ließ sie ihre Zigarette zu Ende rauchen.
    »Gut. Ich danke dir. Das Gespräch mit dir war sehr hilfreich für mich.«
    Sie sah mich an und entspannte sich sichtbar. Jetzt sah sie aus, als wollte sie mir eine Frage stellen.
    »Was werden Sie denn jetzt tun?«
    Ich schenkte ihr ein Lächeln, das dem ihren glich. Ich fragte mich, ob und wie ich ihre Frage beantworten sollte. Ich fragte mich, ob ich mit ihrer Hilfe vielleicht einen Blick in Manuelas Welt werfen konnte. Vorausgesetzt, die Gründe für ihr Verschwinden lagen in dieser Welt verborgen.
    »Gute Frage. Das würde ich auch gern wissen. Natürlich wäre es sehr interessant, mit Cantalupi zu sprechen, aber das scheint momentan nicht ganz einfach zu sein. Außerdem würde ich gern mit Nicoletta sprechen, auch in Rom, falls das nötig ist. Ich hoffe ja, dass sie sich bereit erklären könnte, mit mir zu sprechen.«
    »Ich kann mit Nicoletta reden, wenn Sie wollen.«
    Ich sah sie an, überrascht von dem Vorschlag.
    »Nun ja, damit würdest du mir tatsächlich weiterhelfen.«
    »Es tut mir leid, wenn ich vorhin unfreundlich war. Das passiert mir immer, wenn ich mich unsicher fühle. Entschuldigen Sie bitte.«
    »Aber ich bitte dich, das war doch vollkommen normal. Und außerdem habe ich mitunter zu sehr gedrängt. Es ist ganz natürlich, dass dich das nervös gemacht hat.«
    »Ich würde Ihnen gern helfen. Ich möchte bei der Aufklärung mithelfen.«
    »Wenn du Nicoletta überreden könntest, mit mir zu sprechen, wäre das schon eine große Hilfe. Wirklich.«
    »Gut, dann rufe ich sie an und sage Ihnen anschließend Bescheid. Geben Sie mir eine Handynummer, unter der ich Sie erreichen kann?«
    Ich wusste zwar, dass sie meine Handynummer aus einem rein, sagen wir, praktischen Grund wollte. Trotzdem verspürte ich einen Augenblick lang gefährliche Schwingungen.
    Ich schüttelte das Gefühl ärgerlich ab. Dann holte ich eine Visitenkarte heraus, schrieb meine Handynummer darauf und gab sie ihr. Genau wie bei Anita.
    Nur dass es nicht dasselbe war.

16
    C aterina ging, und die nächste halbe Stunde war ich Maria Teresa, Consuelo und Pasquale ausgeliefert, die mir abwechselnd verschiedene Papiere zum Unterschreiben oder Durchlesen brachten. Rechnungen, die der Anwaltskammer übermittelt werden mussten, gerichtliche Akten aus der gesamten Region, der Terminkalender vom nächsten Tag, detaillierte Revisionsklagen, die von Consuelo und Maria Teresa formuliert worden waren, die es als gewissenhafte Referendarinnen wiederum hervorragend schafften, mich mit ihrer Aufregung anzustecken.
    Am Schluss konnte ich nicht mehr. Ich berief mich auf mein gewerkschaftliches Gewissen und erklärte, wir hätten die Geschäftszeit bei weitem überschritten und ich bestünde darauf, dass sie nach Hause gingen, zu ihren Verlobten oder wem auch immer. Hauptsache, sie gingen. Sofort.
    Als ich allein war, versuchte ich über das nachzudenken, was am Nachmittag alles passiert war. Von der Begegnung mit Anita über den Anruf dieses Idioten von Schirani bis hin zu dem langen Gespräch mit Caterina.
    Eine Viertelstunde Nachdenken führte zu nichts, deshalb holte ich mir einen großen Block und begann, alles aufzuschreiben, was sich aus den Begegnungen ergeben hatte, so als müsste ich jemandem, der nicht dabei gewesen war, Bericht erstatten. Als ich fertig war, kreiste ich einige Worte rot ein und umkringelte zwei Mal den Namen Cantalupi, jedes Mal, wenn er in meinen Aufzeichnungen vorkam. Als könnten die roten Kreise Antworten geben oder wenigstens dazu beitragen, sinnvolle Fragen zu formulieren.
    In Wirklichkeit blieb die einzige Arbeitshypothese die, die mit Manuelas Ex-Freund verknüpft war und dem Konsum von beziehungsweise dem eventuellen Handel mit Drogen.
    Ich googelte Cantalupis Namen, aber ich fand nichts. Dann versuchte ich es mit Manuelas Namen. Es gab zwar ein paar Ergebnisse, aber sie betrafen nicht meine Manuela Ferraro.
    Ich schrieb auf meinen Notizblock: In der Drogenszene ermitteln , mit einem dicken Fragezeichen. Ich umkringelte den Satz mit Rot, kam mir vor wie ein Idiot, doch gleich darauf kam mir eine Idee.
    Ich habe sehr wenige Mandanten aus dem Bereich des organisierten Verbrechens, so dass ich nur selten Dealer verteidige. Die wenigen, die ich vertreten habe, sind mehr oder weniger Einzelgänger, wie der junge Mann, den ich vor ein paar Tagen relativ erfolglos am Obersten

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