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Guido Guerrieri 04 - In ihrer dunkelsten Stunde

Guido Guerrieri 04 - In ihrer dunkelsten Stunde

Titel: Guido Guerrieri 04 - In ihrer dunkelsten Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gianrico Carofiglio
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zu notieren, was Caterina erzählte. Wenn sie ging, konnte ich ja immer noch etwas aufschreiben.
    »Erinnerst du dich, wann du Manuela das letzte Mal gesehen hast?«
    »Mittwoch oder Donnerstag. Ich kann mich nicht genau erinnern. Ich habe sie angerufen, wir haben uns in der Stadt getroffen und einen Aperitif getrunken.«
    »Worüber habt ihr gesprochen?«
    »Ich weiß es nicht mehr. Nichts Wichtiges.«
    »Kam die Rede auch auf Michele?«
    »Nein.«
    »Hast du irgendetwas bemerkt, was nicht normal war an ihrem Verhalten? Was weiß ich, Nervosität, Aufregung, Euphorie?«
    »Nein. Manuela war vollkommen normal. Vielleicht sagte sie etwas darüber, dass sie die Woche darauf nach Rom fahren würde. Aber nicht einmal daran erinnere ich mich genau. Es war ein ganz banales, normales Treffen wie immer.«
    »Ging Manuela zu der Zeit mit jemandem aus?«
    »Meinen Sie, ob sie einen Freund hatte?«
    »Ja.«
    »Nein. In den Monaten davor gab es einen Typen in Rom, den sie öfter getroffen hat. Aber das war keine ernste Sache. Ganz bestimmt gab es niemanden im September.«
    »Wissen Sie noch, mit wem sie zuletzt ausgegangen war in Rom?«
    »Nein. Ich erinnere mich zwar, dass sie vor ein paar Monaten erzählt hatte, dass es da einen gab, der sich um sie bemühte und sie ausführte, aber er gefiel ihr nicht besonders. Sie ging nur mit ihm aus, weil sie sich langweilte.«
    »Kennst du ihn?«
    »Nein, nie gesehen. Ich weiß nicht einmal, wie er heißt.«
    »Vielleicht kennt ihn ja Nicoletta Abbrescia?«
    »Das ist gut möglich. Immerhin wohnten sie in derselben Wohnung.«
    »Ist Nicoletta Abbrescia zurzeit in Rom?«
    »Ich glaube schon. Wir haben schon länger nichts mehr voneinander gehört.«
    »Warum?«
    »Seit ich aus Rom weggegangen bin, haben wir einfach weniger Kontakt. Sie kommt viel seltener nach Bari als Manuela. Ich schätze, dass wir uns vielleicht drei, vier Mal gesehen haben, seit ich wieder hier bin.«
    »Wie oft hast du sie gesehen, seit Manuela vermisst wird?«
    »Wir haben uns gar nicht mehr gesehen. Wir haben telefoniert, aber gesehen haben wir uns nicht.«
    »Warum?«
    »Wie ich bereits sagte, unsere Beziehung ist einfach eingeschlafen. Vermutlich sind wir in der letzten Zeit überhaupt nur über Manuela in Kontakt geblieben. Es war logisch, dass wir uns ohne sie nicht mehr trafen.«
    »Aber ihr habt telefoniert.«
    »Ja, sicher, ein paar Mal. Sie rief mich an, gleich nachdem sie erfahren hatte, dass Manuela vermisst wurde.«
    »Das war wann?«
    »Ein paar Tage danach, glaube ich. Manuelas Eltern hatten sie angerufen, um zu fragen, ob sie sie gesehen hatte.«
    »Aber sie wusste nichts.«
    »Sie wusste nichts.«
    »Hattet ihr denn irgendeinen Verdacht?«
    Sie machte noch einmal eine Pause, aber nur eine kurze. Es war jetzt klar, worum es ging.
    »Wir hatten beide an Michele gedacht, aber dann stellte sich ja heraus, dass er zu der Zeit im Ausland war.«
    »Was habt ihr beide denn genau gesagt?«
    »Nichts Besonderes. Dinge wie: Ob nicht Michele etwas damit zu tun haben könnte? Und was könnte das sein? Er wird sie doch nicht etwa entführt haben?«
    »Habt ihr über die Möglichkeit gesprochen, dass er sie entführt haben könnte?«
    »Über die Möglichkeit nicht. Wir wussten nicht, was wir denken sollten, und sagten so etwas wie ›Er wird sie doch nicht entführt haben?‹, aber das war einfach so dahingesagt.«
    »Wer hat diese Vermutung aufgestellt? Du oder Nicoletta?«
    Ich merkte, wie mein Ton drängender wurde.
    »Aber das war doch keine Vermutung! Es war eine Art Scherz, so was, was man ohne nachzudenken dahinsagt: ›Er wird sie doch nicht etwa entführt haben?‹ Was man eben sagt, wenn man nicht weiß, was man sagen soll, weil man keine andere Erklärung hat. Ich habe nicht gedacht, dass er sie tatsächlich entführt haben könnte.«
    »Aber vorhin hast du gesagt, als du erfahren hast, dass Manuela vermisst wird, hättest du gleich gedacht, dass Michele etwas damit zu tun haben könnte.«
    Sie steckte sich eine zweite Zigarette an, diesmal, ohne um Erlaubnis zu fragen.
    »Das stimmt. Und es stimmt, dass wir das mit der Entführung gesagt haben. Aber das war nur so dahingesagt. Ich könnte mir auch überhaupt nicht vorstellen, wie das abgelaufen sein sollte. Und noch dazu sind diese Überlegungen sinnlos, weil er gar nicht in Italien war.«
    Jetzt klang sie schon etwas genervt, und ich beschloss, es dabei bewenden zu lassen. Um nicht zu brüsk zu klingen und ihr nicht den Eindruck zu vermitteln, ich

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