Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Guido Guerrieri 04 - In ihrer dunkelsten Stunde

Guido Guerrieri 04 - In ihrer dunkelsten Stunde

Titel: Guido Guerrieri 04 - In ihrer dunkelsten Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gianrico Carofiglio
Vom Netzwerk:
Gegenstand aus Glas zerbricht – eine Glühbirne oder eine kleine Flasche. Ich hatte ihn vergessen, aber als ich den Ton heute hörte, fiel es mir wieder ein. Es war, als brächte er auch den Rest der Erinnerung zurück.«
    Die letzten Worte klangen wie eine Entschuldigung. Dafür, dass sie eine unwichtige Information lieferte oder, im Gegenteil, dass sie sie erst so spät lieferte, obwohl sie so wichtig war.
    »Könnten Sie die beiden Telefone beschreiben?«
    »Nein, ausgeschlossen. Ich saß ja am Steuer. Aber ich kann sicher sagen, dass sie mit dem einen hantierte, als das andere diesen Splitterton von sich gab, und dass sie dieses zweite dann herausholte. Aus dem Augenwinkel habe ich gesehen, dass sie zwei Telefone in der Hand hatte. Nur wie sie aussahen, das weiß ich nicht.«
    Mein Gedanken rasten, ohne dass ich sie in eine bestimmte Richtung lenken konnte. Ich merkte, dass ich schon eine ganze Weile so vor dem Mädchen saß, ohne etwas zu sagen, und vermutlich mit einem Gesichtsausdruck, der nicht ganz normal war.
    »Gibt es noch etwas, was Sie mir sagen wollen?«
    »Ich glaube nicht.«
    »Danke, Anita, ich bin Ihnen wirklich sehr dankbar.«
    »Meinen Sie, dass diese Information nützlich sein könnte?«
    »Davon bin ich überzeugt.«
    Ich brachte sie zum Ausgang. Ich hatte nie ausdrücklich nach einem zweiten Telefon gefragt, und deshalb war es logisch, dass niemand darüber gesprochen hatte. Das wahre Problem lag woanders: Warum hatten die Carabinieri nichts davon gewusst und deshalb auch keine Auflistung der Telefondaten von diesem zweiten Handy angefordert?
    Zweite, noch wichtigere und dringendere Frage: Was fing ich jetzt mit dieser Information an?
    Die naheliegendste und korrekte Lösung wäre es gewesen, Navarra anzurufen und ihm davon zu berichten. Allerdings hätte mich das gleich aus den Ermittlungen ausgeschlossen, überlegte ich. Also beschloss ich, dass ich die Information zwar an die Carabinieri weitergeben, aber zuerst selbst noch ein wenig recherchieren würde. Eine törichte Idee. Für die Carabinieri wäre es ein Leichtes, mit Hilfe einer Anfrage an die Telefongesellschaften herauszufinden, ob eine zweite Handynummer auf Manuelas Namen zugelassen war. Trotzdem hatte ich das Gefühl, dass diese Ermittlungen mir gehörten, und ich wollte sie ungern anderen überlassen – jetzt, wo endlich etwas in Gang zu kommen schien.
    Als Erstes rief ich Caterina an, um sie zu fragen, ob sie von einem zweiten Handy Manuelas wusste. Ich versuchte es mehrmals, aber sie war nicht erreichbar. Einen Augenblick lang war ich versucht, ihre Festnetznummer herauszufinden – die Adresse kannte ich ja –, aber dann schreckte mich der Gedanke ab, dass ihr Vater oder ihre Mutter ans Telefon gehen könnten.
    Schließlich fiel mir ein, dass ich Manuelas Mutter fragen konnte. Direkt, ohne Fornelli einzubeziehen, denn ich war jetzt vom Jagdfieber gepackt und wollte keine Zeit verlieren.
    Auf der Akte stand ihre Mobilnummer – die des Vaters natürlich nicht –, und ich wählte sie sofort, ohne lange nachzudenken. Sie meldete sich nach einer Weile, als ich schon auflegen wollte.
    »Guten Abend, hier spricht Anwalt Guerrieri.«
    Es gab einen kurzen Moment des Zögerns, bevor sie wusste, wer ich war.
    »Herr Guerrieri, guten Abend!«
    Ich hätte sie beinahe gefragt, wie es ihr ging.
    »Ich wollte Sie um eine Information bitten.«
    »Ja?« Ihre Stimme klang hoffnungsvoll und ängstlich zugleich. Ich fragte mich, ob es eine gute Idee gewesen war, sie aus einem Impuls heraus anzurufen.
    »Ich wollte fragen, ob Manuela mehr als ein Mobiltelefon hatte.«
    Es folgte eine längere Pause. So lang, dass ich fragte, ob sie noch in der Leitung war.
    »O ja, entschuldigen Sie. Ich war am Überlegen. Manuela hat Spaß an Handys, sie kauft sich immer wieder neue. Zum Spielen, Sie wissen schon, Fotografieren, Filmen, Musik herunterladen, Videospiele.«
    »Aber Sie wissen nicht, ob sie eine zweite Nummer hat.«
    »Deshalb musste ich überlegen. Sicherlich hat sie mehrere Telefone und in den vergangenen Jahren hatte sie auch verschiedene Nummern. Aber zum Zeitpunkt ihres Verschwindens hatte sie nur eine. Das ist eine Nummer, die sie schon längere Zeit hat. Jedenfalls, soweit ich weiß. Warum wollen Sie das wissen? Haben Sie etwas herausgefunden?«
    Nein. Und es war eine ausgesprochen schlechte Idee gewesen, sie anzurufen. Ich hätte besser gewartet, bis ich Caterina erreichte, sagte ich mir.
    »Nur eine Vermutung, leider. Und noch dazu

Weitere Kostenlose Bücher