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Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder

Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder

Titel: Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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sich in Olskroken vor einen Schnellzug.
    »Und diese Figur«, dachte Samuel Ulfsson laut, während er seinen überfüllten Aschenbecher in einem Papierkorb ausleerte und sich eine neue Weiße Bond anzündete, »diese Figur soll also das direkte Bindeglied zwischen von Otter und den Nazis sein. Die gesamte Beweiskette hängt an einem alkoholisierten homosexuellen Bootsmann, dem es nicht gelungen ist, Steuermann zu werden. Scheint mir ein fast sensationeller Umgang für den alten Otter zu sein.«
    »Die haben natürlich keinen Umgang gepflegt«, wandte Carl kurz angebunden ein. Er reagierte mehr gegen Samuel Ulfssons Verachtung von Homosexuellen als gegen die Schlußfolgerung.
    »Es ist undenkbar, daß sie Umgang hatten. Vor allem, wenn es eine illegale organisatorische Verbindung zwischen ihnen gab.«
    »Und was deutet eigentlich auf eine solche Verbindung hin?«
    entgegnete Samuel Ulfsson schnell und scharf.
    »Nicht viel«, gab Carl zu. »Es gibt ein paar Behauptungen in Vernehmungsprotokollen. Das ist jedoch nicht am wichtigsten. Am wichtigsten ist, daß sowohl af Klintén, der, wie wir wissen, ein Nazi-Schurke war, als auch von Otter in ein und demselben Jahr aus unerklärlichen Gründen ermordet worden sind. Das ist doch wohl eine Verbindung.«
    Samuel Ulfsson antwortete nicht.
    »Aber dieser Oxhufvud, was ist mit dem? Warum hat den dann niemand ermordet?« fragte der Chef der Sicherheitsabteilung beim Generalstab, Lennart Borgström.
    »Aus dem sehr einfachen Grund, daß er 1946 in der Nervenheilanstalt von Ulleråker Selbstmord begangen hat«, entgegnete Åke Stålhandske, der Oxhufvud auf seiner Liste gehabt hatte.
    »Weiß man warum?« fragte Lennart Borgström.
    Åke Stålhandske zufolge war das sehr unklar. Man hatte feststellen können, daß Oxhufvud 1940 zwar zum Oberst beim Generalstab befördert worden war und einzelne Feldkommandierungen erhalten hatte, unter anderem in Ed von 1942 bis 1943. Es war jedoch allgemein bekannt gewesen, daß er Nazi war und vermutlich deswegen 1944 in den einstweiligen Ruhestand versetzt worden war.
    Oxhufvud nahm sich den Fall Deutschlands sehr zu Herzen, so sehr, daß es ihn offenbar in eine Nervenheilanstalt brachte. Überdies war sein Sohn Nils Viking Oxhufvud 1943 bei der Explosion einer Handgranate ums Leben gekommen. Doch später freigegebenen oder zumindest erreichbaren medizinischen Akten zufolge hatte er die Disposition zu einer Geisteskrankheit wahrscheinlich geerbt. In seiner letzten Zeit schien er sich in eine Traumwelt geflüchtet zu haben. Er glaubte, Deutschland habe durch den Einsatz irgendwelcher Wunderwaffen den Krieg gewonnen, was vor der Welt allerdings geheimgehalten wurde. Außerdem glaubte er, sein Sohn sei durch Fürsorge der Deutschen noch immer am Leben, und er selbst sei ungeheuer reich.
    Der eigentliche Selbstmord schien zufriedenstellend geklärt zu sein. Er hatte offenbar über einen längeren Zeitraum hinweg Schlaftabletten gehortet, um sich dann den ganzen Vorrat auf einmal einzuverleiben. Bei der Obduktion hatte man irgendwie feststellen können, wie viele er eingenommen hatte und um was für eine Art Präparat es sich gehandelt hatte. Und die Zahl stimmte in etwa mit den Bestellungen des Mannes überein. Eine Zeitlang senkte sich Schweigen auf den Raum. Vermutlich kreisten Gedanken und Phantasie um deutsche Wunderwaffen und ungeheuren Reichtum; sowohl Joar Lundwall als auch Åke Stålhandske war immerhin der Gedanke gekommen, daß es irgendeinen wichtigen Grund geben konnte, irgendein militärisches, politisches oder ökonomisches Geheimnis, das es lohnenswert oder notwendig machte, noch siebenundvierzig Jahre später einen Mord zu begehen.
    »Was wäre«, sagte Lennart Borgström zögernd, »wenn dieser Oxhufvud gar nicht verrückt war, sondern statt dessen auf irgendeinem phantastischen Geheimnis saß.«
    »Dann muß er verrückt gewesen sein, in einem Irrenhaus davon zu reden, außerdem hatte er ja die erbliche Veranlagung«, schnitt ihm Carl das Wort ab. Er verabscheute Lennart Borgström von ganzem Herzen, seit dieser Carl als »verdächtigen sowjetischen Agenten« ausgiebig vernommen hatte. Carl zufolge war es sowohl eine intellektuelle Zumutung als auch ein Sicherheitsrisiko, Lennart Borgström in wichtige oder sensible Dinge einzuweihen.
    »Was tun wir, um zu erfahren, welche Norweger ausgewiesen wurden, was mit ihnen geschah und warum es so wichtig war, sie des Landes zu verweisen?« fragte Samuel Ulfsson mit etwas erhobener

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