Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder
Stimme, da er zwischen Carl und dem Chef der Sicherheitsabteilung einen Krach heraufziehen sah.
»Ich habe einen Vorschlag«, sagte Åke Stålhandske eifrig und wartete eine auffordernde Geste Samuel Ulfssons ab, bevor er fortfuhr. »Wir könnten uns vielleicht an die Sicherheits und Nachrichtendienste in der DDR wenden. Die hocken auf phantastischen Archiven, wie jeder weiß, und so wie die Dinge sich in Osteuropa entwickelt haben, bringen sie alten Feinden jetzt vielleicht etwas Goodwill entgegen?«
»Die Ostdeutschen fragen? Das ist das Dümmste, was ich je gehört habe!« sagte Lennart Borgström.
»Ein außerordentlich gescheiter Vorschlag«, sagte Carl.
»Hm«, sagte Samuel Ulfsson mit einem feinen Lächeln. »Unabhängig davon, ob gut oder schlecht, ist es einen Versuch wert. Ich kümmere mich darum. Aber was ist mit norwegischen Quellen?«
»Das Problem«, begann Joar Lundwall, wurde aber durch einen Hustenanfall unterbrochen. Der Rauch im Zimmer irritierte ihn zunehmend. »Das Problem besteht im Grunde nicht darin, an die norwegischen Archive heranzukommen. Es gibt lange Verzeichnisse all der Norweger, die von der Gestapo gefoltert und hingerichtet worden sind. Wenn diese beiden Figuren aber so geheim waren, können sie ja einfach in dem Augenblick verschwunden sein, in dem die Gestapo sie auf der anderen Seite der Grenze in Empfang nahm. Ja, soviel ich weiß, war es Oxhufvud, der sie zur Gestapo hinüberfuhr.«
»Woher weißt du das?« fragte Samuel Ulfsson erstaunt.
»Das geht aus den Kriegstagebüchern aus Ed um diese Zeit hervor. Von den beiden, um die es geht, heißt es, sie seien Schwarzmarkthändler, die aufgrund falscher Papiere nicht hätten identifiziert werden können. Aus diesem Grund wurden sie der norwegischen Polizei übergeben.«
Die anderen sahen ihn fragend an und erwarteten offensichtlich eine Fortsetzung.
»Nein«, sagte er, als ihm aufging, was die anderen wissen wollten, »auf der norwegischen Seite gibt es gerade für diesen Tag keine entsprechenden Aufzeichnungen über die beiden Norweger. Ich glaube, wir können davon ausgehen, daß sie als sehr wichtig angesehen wurden und gleich bei der Gestapo verschwanden. Also tot.«
»Dann müssen wir zu den Ostdeutschen gehen und sehen, was die alten Berliner Archive vielleicht hergeben. Die Kontakte übernehme ich. Was kommt als nächste Maßnahme in Frage?«
Samuel Ulfsson sah sich im Raum um. Es dauerte etwas, bis er Antwort bekam, da alle zwischen mehreren Alternativen zu zögern schienen.
»Was machen wir mit der Polizei in Norrköping?« wollte Lennart Borgström wissen.
»Wieso?« fragte Samuel Ulfsson, der fast aufrichtig erstaunt aussah.
»Nun, die haben uns ja gefragt, ob wir ihnen mit Material aus Ed helfen können, und da sie in der Mordsache af Klintén ermitteln, habe ich… ja. Es ist unsere Schuldigkeit, der Polizei zu helfen.«
Keiner antwortete, aber alle Anwesenden sahen Lennart Borgström plötzlich mißbilligend an.
»Wenn ich nicht irre, ist es Sache der Polizei, Morde aufzuklären, nicht unsere«, beharrte Lennart Borgström. »Wenn wir relevantes Material finden, sollten wir dafür sorgen, daß die Polizei es verwenden kann.«
»Die Frage ist nur, ob die das können«, murmelte Samuel Ulfsson irritiert.
»Es sind nicht Borgströms Kollegen von Säk, in Norrköping handelt es sich um richtige Polizeibeamte«, wandte Carl ein und bereute seine Worte sofort. Er beschloß, sich künftig nicht mehr mit der Hauptabsicht zu äußern, Borgström eins auszuwischen.
Es entstand eine peinliche Pause im Raum.
»Verzeihung, aber dann muß ich etwas fragen«, sagte Åke Stålhandske, der den Eindruck machte, als wäre er plötzlich erbleicht.
»Ja, bitte sehr«, erwiderte Samuel Ulfsson.
»Wenn wir das entsprechende Material der Polizei übergeben sollen… ich habe nämlich den Namen des Mörders oder eines der Verschwörer, Name, Adresse und Telefonnummer.«
Es wurde vollkommen still im Raum. Åke Stålhandske sah ganz und gar nicht aus, als hätte er einen Scherz gemacht.
»Kannst du das wiederholen?« sagte Samuel Ulfsson und tastete nach einer Zigarette. Er warf Joar Lundwall einen kurzen Seitenblick zu, als zögerte er etwas, entschied sich aber dann doch, eine Zigarette zu rauchen.
»Ha. Hrm. Ich habe also den Namen entweder des Mörders oder seines Mittäters. Hier!« erwiderte Åke Stålhandske und schob einen gelben Zettel zu Samuel Ulfsson hinüber. Der Zettel auf der braunen Tischplatte war kaum
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