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Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder

Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder

Titel: Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Beobachtungen gemacht, die für die nach eigener Einschätzung fortschrittlichste Demokratie der Welt ebenso zutreffend wie verletzend waren.
    Sie wurden von einem Norweger mit einem Fotografen im Schlepptau unterbrochen, der zu Carl an den Tisch trat und ihn wie selbstverständlich auf norwegisch ansprach.
    »Guten Tag, wir kommen von Verdens Gang und würden gern wissen, was Fregattenkapitän Hamilton nach Oslo führt. Dürfen wir ein Foto machen?« sagte der Norweger.
    »Ich bedauere sehr, ich verstehe kein Norwegisch«, entgegnete Carl auf englisch, und das mit einem so blitzschnellen gespielten Erstaunen, daß Tessie vor Verblüffung den Mund aufriß.
    »Wo waren wir stehengeblieben?« fuhr er auf englisch fort und wandte sich wieder an Tessie. »Was hast du da eben über die Mexikaner gesagt?«
    Tessie erkannte, daß die Lage kritisch war und sah den Pressefotografen an. Dieser machte sich bereit, ein Bild zu schießen, worauf sie Anstalten machte, sich die Hand vors Gesicht zu halten.
    Carl packte sie blitzschnell am Handgelenk.
    »Tu das nicht«, fauchte er mit einem breiten Lächeln zwischen zusammengebissenen Zähnen. »Wie war das nun«, fuhr er fort, als wäre nichts passiert, obwohl der erste Fotoblitz sie schon traf, »wie war das nun mit diesen Mexikanern?«
    Dann gab er dem Fotografen mit einer halb entschuldigenden, halb beleidigenden Geste zu verstehen, es müsse sich hier um ein unbegreifliches Mißverständnis handeln.
    Tessie nahm sich zusammen und begann, etwas von Mexikanern zu erzählen. Sie sprudelte ein paar Worte heraus, die ihr gerade einfielen, während sie von allen Seiten und aus jedem Winkel fotografiert wurden. Nach einiger Zeit gingen die Journalisten.
    »Wenn du dir die Hand vors Gesicht gehalten hättest oder so, hätten sie ununterbrochen weiterfotografiert, selbst auf der Straße noch und auf dem Weg zum Hotel, wenn es nötig gewesen wäre. Das hätte alles nur schlimmer gemacht. Jetzt wissen sie nicht mit Sicherheit, wen sie vor sich hatten, und haben keine einzige Äußerung von mir, nicht mal ein wohlverdientes ›Schert euch zum Teufel‹«, erklärte Carl in einem einzigen A- temzug, sobald der Feind außer Hörweite war.
    »Was machen wir jetzt?« fragte Tessie zögernd.
    »Wir bleiben sitzen, als wäre nichts geschehen. Wir sind zwei Amerikaner, die einem Mißverständnis zum Opfer gefallen sind. Erinnerst du dich noch?«
    »Was für eine Geistesgegenwart du hast«, flüsterte sie.
    »Das ist immerhin mein Job«, erwiderte er und sah fast ein wenig beleidigt aus. »Wie auch immer: Fotos von einem flüchtenden Pärchen wären schlimmer gewesen.«
    Politiadjutant Iver Mathiesen rieb sich vor entzückter Erwartung die Hände. Er erinnerte sich sehr gut an seine erste Begegnung mit Hamilton vor fünf Jahren, als dieser noch nicht Hamilton war, sondern ein mittlerer Beamter bei der schwedischen Sicherheitspolizei, der komischerweise den Eindruck machte, kein »richtiger Polizist« zu sein, da er angeblich nicht schießen konnte.
    Hestenes vom vierten Dezernat hatte ziemlich lustig und selbstironisch davon erzählt, als Hamiltons Name und Bild im letzten Jahr um die Welt gingen. Hestenes erinnerte sich, daß er Hamilton zu einer Jagd im Vestlandet eingeladen, es aber gleich wieder bereut hatte, »da ich den Eindruck hatte, dieser Schreibtischtyp kann ja nicht mal schießen«.
    Derselbe Hestenes also, wie sich Mathiesen nicht ohne berufsmäßige Schadenfreude erinnerte, der sogar Knut Halvorsen von der Terrorpolizei dazu gebracht hatte, mit erhobener Waffe in Hamiltons Hotelzimmer zu schleichen. In der Dunkelheit. Es war für Halvorsen kein Zuckerschlecken geworden. Aber ein großer Spaß für den Rest der Polizei in Oslo, als das Gerücht die Runde machte. Ein Glück für Halvorsen, daß Verdens Gang oder Dagbladet nie etwas davon erfuhren und es somit nicht drucken konnten. Das wäre ein Riesenspaß geworden.
    Iver Mathiesen war der operative Chef der norwegischen Sicherheitspolizei und Nummer 2 in der Hierarchie. Das war hoch genug, um Entscheidungen zu treffen, und andererseits niedrig genug, um dem höchsten Chef Verantwortung zu ersparen, wenn etwas danebenging. Ein praktisches Arrangement, das beiden gut paßte. Iver Mathiesen hatte so größere Entscheidungsfreiheit, und sein Chef erfuhr nichts von Dingen, für die er die Verantwortung würde übernehmen müssen.
    Diese Angelegenheit war sofort an Mathiesen delegiert worden. Wenn Hamilton persönlich bei overvåkingen

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