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Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder

Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder

Titel: Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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etwas unauffälligeres Restaurant hätte wählen sollen. Aber es war, als hätte der in Anonymität und Abgeschiedenheit verbrachte Tag mit Tessie das Ganze provoziert.
    Sie hatten kurz darüber gesprochen, daß es nicht mehr wie in Kalifornien war, in einer anderen Zeit und einer anderen Welt. Das hier war fast wie in Schweden und dennoch nicht. Es war wie eine Vorbereitung, ein leichtes Training für eine andere Zeit, die aber in der Zukunft lag. Sie wagten es nicht, das Thema allzusehr zu vertiefen.
    Das Theatercafé war ein Gewimmel von Menschen, ein Restaurant, das nach neunzehntem Jahrhundert aussah mit den altmodischen Möbeln, den weißen Tischdecken und einem Podium, auf dem ein Streichquintett saß und inmitten des Stimmengewirrs Eine kleine Nachtmusik spielte, als sie das Lokal betraten.
    Carl trug keine Sonnenbrille mehr, fühlte sich aber hinter dem Englischen, seiner Freizeitkleidung und Tessie trotzdem sicher und geborgen. Er tat, als käme er mit der Speisekarte nicht zurecht, und ließ sich von einem Kellner bei der Bestellung helfen. Gedünstete Lachsforelle mit Salat und Estragonsauce, was sehr empfohlen wurde. Er zögerte bei der Wahl zwischen Chablis und kalifornischem Chardonnay und entschied sich dann für Chablis, obwohl er einen Amerikaner spielte und A- merikaner immer vorauszusetzen scheinen, daß kalifornische Weine den französischen absolut überlegen sind.
    Er entschuldigte sich damit, daß man sich als Tourist ja für den regionalen Wein entscheiden sollte, was ihm einen langen, ausdruckslosen Blick des Kellners eintrug.
    Tessie war strahlender Laune und liebte alles, was sie sah, das Orchester, die Norweger, die schwarzgekleideten Kellner, die altertümlichen Glaslaternen und das Stimmengewirr.
    »Fabelhaft, herrlich, wenn das hier die beliebteste Kneipe der Stadt ist«, sagte sie, als der Wein serviert wurde, »wenn die Leute ausgehen und sich so locker kleiden können, ohne Smoking oder so. Ich habe geglaubt, Europa wäre die Ostküste.«
    »Skål auf Europa und den regionalen Wein«, lachte er, denn er ließ sich so leicht von ihrem Lachen und ihrem breiten Lächeln mitreißen.
    »Dies ist der grüne Wein. Er macht sich gut zu deinen Augen und deinem Haar«, fuhr er dann in einem plötzlichen romantischen Anfall fort.
    Sie hätte gleich nach der Rückkehr in ihrem neuen Job anfangen können. Man war so freundlich gewesen, ihrer Genehmigung Vorrang zu erteilen, da sie alles vorbereitet hatte (»Du hast dich da doch hoffentlich nicht eingemischt, Carl?« - Er versicherte hoch und heilig, das habe er wahrhaftig nicht getan, denn damit hätte er ihr nur einen Bärendienst erwiesen und Mißtrauen erregt. Angesichts seines Berufs.).
    Ihr Lachen erstarrte ein wenig, doch das war schnell vorbei. Dann war sie wieder die alte.
    »Was tust du in Oslo? Ist es etwas, worüber du sprechen kannst?« fragte sie anscheinend unbeschwert.
    »Ich stelle Nachforschungen in einer Sache an, die vor, ja, wann war das?, die sich 1942 ereignet hat und noch heute von Bedeutung sein kann.«
    »Daher dieses Museum?«
    »Ja, daher dieses Museum. Aber wir sollten lieber das Thema wechseln. Wann willst du anfangen, Schwedisch zu lernen?«
    »Norwegisch kommt mir leichter vor. Es kommt mir wenigstens schöner vor, auch etwas melodischer.«
    »Möchtest du lieber nach Norwegen ziehen?«
    »Ja, wenn IBM hier einen Job für mich hat, und wenn…« Sie zögerte und fuhr flüsternd fort: »Wenn die Spionagedienste hier in Norwegen einen zusätzlichen Mann brauchen.«
    »Stell dir vor, wir kriegen Kinder, dann sprechen sie ja norwegisch.«
    »Ja. Und dann sprechen wir zu Hause spanisch, englisch, schwedisch und norwegisch. Das wird doch wunderschön.«
    Ihm ging zu spät auf, was er da gesagt hatte. Er rettete sich vor der unmittelbaren Fortsetzung, indem er sich nach dem Kellner umsah. Es dauerte eine Weile, bis dieser erschien und Carl ihm sagen konnte, »noch einmal das gleiche«.
    Damit waren sie über die Klippe hinweg. Kurz darauf lachte sie wieder und erzählte von der Kanaken-Kontrolle am Flughafen Arlanda - sie sah selbst fast wie eine »Kanaken«-Frau aus und hatte das Wort schon gelernt. Man hatte versucht, sie mit ein paar iranischen Frauen mit Kopftüchern zusammenzupferchen, die um politisches Asyl bitten wollten, vielleicht aber auch des Landes verwiesen werden sollten. Es war etwa so gewesen, wie man in Kalifornien mit Mexikanern verfuhr. Was die schwedischen Einwanderungsbestimmungen anging, hatte sie

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