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Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder

Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder

Titel: Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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der SED« stand auf dem Vorsatzblatt der deutschen Dokumentensammlung, die jetzt in Joar Lundwalls und Åke Stålhandskes provisorischem Arbeitszimmer oben im Generalstab in verschiedenen Haufen ausgebreitet lag. Carls Zimmer war nicht weit entfernt.
    Jemand hatte etwas Unleserliches über den angeblichen Absender geschmiert, der möglicherweise nicht mehr existierte. Es war jedenfalls ein langes, »im Namen des Deutschen Volkes« ergangenes Urteil des Volksgerichtshofs. Unter den Richtern zwei SA-Offiziere und ein Wehrmachtsoffizier. Das Ganze endete damit, daß Barly Pettersen und August Jon Skauen wegen ihrer Verbrechen zum Tode verurteilt wurden und dazu, »auf ewig ehrlos« zu sein.
    Joar und Åke hatten sich gerade wieder in ihrem Zimmer eingefunden, nachdem sie das Fernsehdebüt ihres höchsten Chefs mitangesehen hatten. Die Befragungen vor dem Verfassungsausschuß wurden unter Hinweis auf die große Publizität gesendet, die in den letzten Tagen entstanden sei. Joar und Åke hatte das, was sie zu sehen bekommen hatten, recht munter gemacht, am meisten vielleicht die offensichtlichen Qualen Samuel Ulfssons. Die Großaufnahmen im Fernsehen waren entlarvend, als er sich beispielsweise zwang, seine Verachtung für Gedankengänge etwa der Art zurückzuhalten, die Säpo habe kurz davor gestanden, gegen die kurdisch-arabischmuslimischen Terroristen zuzuschlagen. Samuel Ulfssons Mienenspiel war beredter als seine Worte. Es konnte jedenfalls kein Zweifel darüber herrschen, was »das Militär« von der vermeintlichen Arbeitshypothese des Affenhauses hielt. Oder wie man diese Ideen sonst nennen sollte. Es fiel den beiden schwer, für das Justizmaterial erneutes Interesse aufzubringen, und sie arbeiteten sich nur langsam weiter vor, da sie bislang keine vollständigen Übersetzungen erhalten hatten, sondern sich mit flüchtiger Lektüre begnügten und mit Hilfe eines nur mäßig amüsierten Majors arbeiteten, der ihnen bei den ersten Akten auf die Sprünge geholfen hatte. Jetzt arbeitete der Major auf Sams ausdrücklichen Befehl, und das Ganze erschien ihm lange Zeit unbegreiflich und fast sinnlos. Bis ihm aufging, daß die beiden jungen Kollegen sich vor allem für alle Passagen interessierten, in denen bestimmte schwedische Namen wie Andersson, Jubelius und von Otter erwähnt wurden.
    Irgendwo am Ende der Urteilsbegründung fand sich eine komplizierte Passage gerade über diesen von Otter, die der Major nicht ohne weiteres übersetzten konnte. Er mußte erst ein juristisches Spezialwörterbuch holen. Doch jetzt hatten sie das Stück in einer vermutlich recht exakten Übersetzung. Aber sehr viel klarer war der Text trotzdem nicht: »… was den Einwand der Verteidigung angeht, sowohl Spionage wie Hochverrat seien im Hinblick auf das Ergebnis der Ermittlungen untaugliche Versuche, soweit es um einen Kapitän von Otter gehe, ist es die feste Überzeugung des Volksgerichtshofs, daß dieser Einwand unberücksichtigt bleiben kann, da sich konspirative Arbeit einer Art, wie sie im Widerspruch zu den genannten Gesetzen steht, gegen die besagten Andersson und Jubelius gerichtet hat, und daß dieses an sich schon geeignet gewesen ist, eine Gefahr für das Deutsche Reich darzustellen.
    Hinzu kommt der nachgewiesene Vorsatz, da sowohl Pettersen ah auch Skauen sich in England haben ausbilden lassen. Von dort haben sie sich nach Norwegen bringen lassen, um anschließend in verbrecherischer Absicht die Grenze nach Schweden zu überschreiten, wo sie sich, was sowohl bewiesen wie eingestanden ist, Verbrechen schuldig gemacht haben, für die allein die Todesstrafe in Betracht kommen kann…«
    Es schien immerhin klar zu sein, daß die beiden Norweger gegen die drei genannten Schweden spioniert hatten, gegen Bootsmann Andersson und Oberwachtmeister Jubelius offenbar mit größerem Erfolg als gegen Kapitän von Otter (untauglicher Versuch?). Jedenfalls betraf die Anklage wegen Spionage alle drei.
    Aus dem Dokument ging mit einer gewissen düsteren Konsequenz hervor, daß die beiden Nachrichtendienstleute im großen und ganzen alles gestanden hatten, was man ihnen zur Last legte. Es fiel schwer sich vorzustellen, daß die Geständnisse anders als unter der Folter zustande gekommen waren.
    Jedenfalls gab es über die beiden Männer jetzt eine begreifliche Geschichte. Sie waren ursprünglich Seeleute gewesen und auf eigene Faust nach Schweden und Göteborg gekommen. Irgendwie war es ihnen gelungen, ein paar Landsleute zu überreden, sie an

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