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Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder

Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder

Titel: Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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zugesteuert zu sein, der kalte Schweiß aus.
    Natürlich konnte man ihn für einen Ladendieb halten mit seiner halboffenen wattierten Jacke, seinem langen, ungepflegten Haar und dem mehrtägigen Bart. Doch genau das war ja seine Absicht gewesen.
    Bis jetzt hatte er nur wenige Dinge in den Einkaufskorb gelegt, einen Dillzweig, eine Zitrone, ein paar Brötchen für das Frühstück am nächsten Morgen und zwei Liter Milch. Er blieb an einer der Tiefkühltruhen stehen, nahm sich ein Paket Sauce Béarnaise, die er seiner Überwacherin demonstrativ hinhielt, bevor er sie mit einer überdeutlichen Geste in den roten Einkaufskorb legte. Damit hielt er das Problem für gelöst.
    Er kaufte frischen Broccoli, zwei sehr dicke Rinderfilets und ein paar Scheiben Räucherlachs; das war ganz und gar nicht ihr Essen und neuerdings auch nur selten seins, da er vor Alkohol lange Zeit fast so etwas wie Ekel empfunden hatte. Bestimmte Speisen verlangen nicht nach Alkohol, protestierte er beinahe laut bei dem Gedanken. Fischbuletten mit Korinthensauce kann man schließlich als Fertiggericht kaufen, und zu Heringsfilets mit selbstgemachtem Kartoffelmus braucht man auch keinen Alkohol. Aber jetzt hatte er etwas eingekauft, was nach Wein verlangte, beispielsweise nach kalifornischem Chardonnay - der Erinnerungen wegen. Ach nein, gerade wegen der Erinnerungen auf keinen Fall kalifornischen Chardonnay, sondern eher weißen Burgunder zum Lachs und roten Bordeaux zum Fleisch. Sie würde wegen des Kindes natürlich sehr vorsichtig trinken. Es war aber Sonnabend, so daß sie lange aufbleiben konnten, und da es Sonnabend war, gab es im Fernsehen ohnehin nur Programme für Hirnamputierte.
    Links und rechts an den Kassen gab es Wochenzeitschriften und Süßigkeiten. Er versuchte, nicht hinzusehen, doch sein Blick schien sich selbständig zu machen, als er schnell die Hochglanztitelseiten der Klatschpresse überflog. Er sah sie auf einem der Umschläge auf einem kleinen Foto. Im Text hieß es, sie erwarte ein Kind.
    Das Bild von ihm war mit ihrem zusammengeschnitten, so daß es aussah, als stünden sie nebeneinander. Es war ein altes Foto von ihm in Uniform, eins von unzähligen Bildern von den Vernehmungen vor dem Verfassungsausschuß.
    An den Kassen wurden Pralinenschachteln mit seinem Bild ausverkauft. Er starrte sich einen Moment selbst in die Augen; er hatte diese Schokoladenfirma mit ihrem HERO-KONFEKT zwar verklagt, aber jemand ging offensichtlich das Risiko ein, aus der Konkursmasse noch die letzten Kronen herauszuquetschen.
    Er bezahlte mit American Express, seiner grauen Platinkarte, in der verzweifelten Hoffnung, daß die Warenhausdetektivin, die ihm jetzt schon fast über die Schulter blickte, ihren Irrtum einsehen würde; immerhin hatte Eva-Britt ihm erzählt, daß es nicht besonders ungewöhnlich war, daß Millionäre als Ladendiebe erwischt wurden. Allerdings war es aus einer Reihe von Gründen weniger üblich, daß sie deswegen vor Gericht verurteilt wurden.
    Seine Planung ging gründlich daneben. Denn als die Kassiererin den Namen auf dem hellblauen Kartenbeleg las und routinemäßig die Hand ausstreckte, um ihn um seinen Ausweis zu bitten, erstarrte sie plötzlich. Dann sah sie hoch, errötete und sagte, er brauche sich nicht auszuweisen. Sie hatte also etwas gesehen, wenn auch mit demonstrativer Hilfe seinerseits, wovon die Detektivin nichts mitbekommen hatte. Mit einem Seufzer steckte Carl seinen Militärausweis wieder in die Brieftasche. Und als er die Kasse gerade hinter sich hatte, geschah das, wovor er sich gefürchtet hatte.
    »He, Sie da, bitten seien Sie so freundlich und bleiben Sie stehen«, sagte die Warenhausdetektivin laut, jedenfalls so laut, daß ein großer Teil der Umgebung aufhorchte.
    Carl seufzte demonstrativ, drehte sich um und wartete, bis sie ihn eingeholt hatte. Er sagte nichts. Die Situation war zu dumm oder zu absurd, so daß ihm nicht einfiel, was er hätte sagen können.
    »Was haben Sie da in der Jacke?« fragte die Detektivin geschäftsmäßig.
    Carl überlegte, ob er die Wahrheit sagen sollte, entschied sich aber dagegen.
    »Damit hast du nicht das geringste zu tun«, erwiderte er gedehnt und ohne besondere Betonung.
    »Dann muß ich Sie bitten, ins Büro mitzukommen«, fuhr die Detektivin fort, ohne auch nur die leiseste Unsicherheit zu zeigen.
    »Nein, das werde ich auf gar keinen Fall«, erwiderte Carl so tonlos wie zuvor. »Es hat sowieso keinen Zweck. Sie haben nicht das Recht, bei mir eine

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