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Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder

Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder

Titel: Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Schließlich ging es schnell, und Leute wie wir verspüren dabei nicht das geringste Bedürfnis, etwas zu sagen. Alles läuft automatisch und selbstverständlich ab. Die beiden haben ganz einfach kaum gesprochen, und aus diesem Grund wissen die Typen nicht, ob sie es mit Yuppies oder Bullen zu tun hatten. Aber die Beschreibung Stålhandskes ist gut, dachte Carl. Es kann nicht viele blonde Riesen mit einem schwarzen Gürtel in Karate geben.
    Nur eine der Anzeigen war wirklich besorgniserregend. Einer der Mißhandelten war nach eigenen Angaben Experte in Nahkampf und Selbstverteidigung. Er behauptete in seiner Schilderung, etwas Vergleichbares noch nie gesehen zu haben. Polizisten oder Karateexperten hätten so nicht zuschlagen können. Der Mann hatte noch einige gute Beobachtungen machen können, bevor es ihn selbst traf:
    »Die folgten sozusagen keinerlei Regeln. Ich hatte das Gefühl, als hätten sie gleich losgeschlagen, ohne irgendwelche der üblichen Ausgangspositionen. Und so etwas wie Finten hatten bei denen keinerlei Wirkung. Sie beherrschten alles, was auch ich beherrsche, aber trotzdem hatte ich das verdammte Gefühl, mich mit Marsmenschen oder so etwas zu schlagen. Es war wie ein übler Alptraum. Man hat das Gefühl, sich wie in Zeitlupe zu bewegen, doch der andere durchschaut alles vorher. Man sieht es zwar, kann aber trotzdem absolut nichts dagegen tun. Es war beschissen.«
    Das Wort »beschissen« war von einem offenbar etwas pedantischen Berichtschreiber in Anführungszeichen gesetzt worden. Gut formuliert, dachte Carl. Gute Beobachtungsgabe. So ein Karatefritze hat es natürlich nicht anders auffassen können.
    Wie viele Leute außer mir wissen jetzt, daß dies eine Beschreibung von höchstens drei lebenden Schweden ist.
    »Ich bin fertig und habe Hunger!« rief Eva-Britt aus der Schlafzimmerregion. Er legte nachdenklich die Papiere auf den Tisch, entschied sich dann anders und steckte sie in den braunen Umschlag, den er auf den Granittisch warf. Dann legte er eine aufgeschlagene Zeitung daneben, als hätte er gerade darin gelesen.
    »Ich komme!« rief er zurück, stand schnell auf und ging ihr im Flur entgegen.
    Sie trafen sich direkt vor dem Eßzimmer. Um ein Haar hätte er ihr den Arm gereicht, doch dann sah er ein, daß das übertrieben wirken würde. Vielleicht würde sie die Geste auch gar nicht begreifen.
    »Bitte sehr, es ist angerichtet«, sagte er und öffnete erneut die Tür. Er ging mit ihr zu dem Platz, den er erst jetzt als ihren bestimmte, nämlich auf der rechten Seite des langen dunklen Eichentischs. Er zog ihr den Stuhl hervor und schenkte ihr Weißwein in einem der geerbten Gläser ein, die sie noch nie benutzt hatten. Sie hatten eingravierte Monogramme und eine Grafenkrone. Als er den Tisch umrundet und sich gesetzt hatte, goß er sich selbst ein.
    »Okay«, sagte er, »in Jesu Namen zu Tisch wir gehen und all das, jetzt essen wir.«
    »Damit ist nicht zu scherzen«, sagte sie vorwurfsvoll.
    »Es sollte kein Scherz sein. Als ich Kind war, hieß es immer so, zumindest bei Großmutter in Skåne.«
    »War das die, die mich nie akzeptiert hätte?«
    »Genau die. Aber das ist lange her, und sie ist jetzt tot, und der Lachs kommt aus Norwegen.«
    Sie aßen eine Zeitlang schweigend. Dann hob er sein Glas, und sie hob ihres. Sie trank sehr vorsichtig.
    Carl nahm einen großen Schluck, ließ den Wein eine Weile im Mund herumrollen und kam zu dem Schluß, daß die Zeit in Moskau nicht mehr existierte und daß Wein kein widerwärtiges Rauschmittel war und kein Lieblingsinstrument von Spionen für Betrug und Falschheit, daß Wein nichts war, was leicht nach Metall schmeckte und halb durchsichtige Plastikkorken hatte; Wein war vielmehr ein Genuß aus Westeuropa. Die Zeit in Moskau war ausgelöscht.
    Sie aßen schweigend weiter, vielleicht weil das Essen gut war, vielleicht aus anderen Gründen.
    »Ich wurde schon wieder fotografiert, als ich ins Haus ging«, sagte sie, als sie den Lachs zur Hälfte aufgegessen hatten.
    »Mhm«, sagte er nach kurzem Zögern. Er hatte den Wein früher geschluckt als beabsichtigt. »Aber das waren sicher nur Pressefotografen von der Klatschpresse?«
    »Ja, aber was kann man dagegen tun?«
    »Nicht viel. Mach es wie ich, nimm den Weg durch den Keller und geh auf der anderen Seite des Hauses rein.«
    »Keine gute Idee. Ich stelle es mir nicht sehr lustig vor, immer durch einen Keller aus dem sechzehnten Jahrhundert zu gehen, wenn ich nach Hause will.«
    »Du bist

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