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Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder

Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder

Titel: Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Frauen hat«, sagte sie lachend. Sie lachte fast immer, wenn er ihr so am Haar schnupperte, vielleicht weil es kitzelte.
    »Unsere Ganoven können doch keine schwangeren Frauen respektieren, wenn die in der berüchtigten Wache Nummer 1 Dienst tun, in der die Kundschaft mißhandelt wird«, gluckste er und wandte sich dem anderen Ohr zu. »Hast du übrigens die Papiere mitgebracht?«
    »Ja, das, was da war«, erwiderte sie und gab ihm mit einem Umschlag, der ziemlich schwer zu sein schien, einen Klaps aufs Hinterteil. »Aber hast du daran gedacht, daß du mit dem Einkaufen an der Reihe warst?«
    »Teufel auch, nein!« sagte er mit gespielter Überraschung und angemessener Verlegenheit. »Im Büro war heute ungewöhnlich viel zu tun, aber wir haben bestimmt noch tiefgekühlte Buletten, und mit der neuen Mikrowelle…«
    Sie schob ihn sanft, aber polizeilich bestimmt von sich, und er fühlte sich fast verletzt, daß sie auf den Bluff hereinfiel. Dabei wußte er, daß er praktisch jedem Menschen vorlügen konnte, was er wollte. Selbst die Frau, die er liebte, konnte er mühelos anlügen.
    »Du kannst deine Buletten nehmen und sie dir, wie heißt es noch…?«
    » Stick’em , das ist die kürzeste Möglichkeit, es auszudrücken. Aber kommen Sie mit, Sie stehen unter Arrest«, sagte er und zog sie sanft durch den Flur an der Bibliothek vorbei zur Eßzimmertür.
    »Arrest heißt es in Schweden nicht mehr, den gibt es in unserem Land nicht«, protestierte sie in einem Tonfall, den er nicht deuten konnte.
    »Nee, und ihr klärt eure Kundschaft auch nicht über ihre Rechte auf«, erwiderte er, als sie die Eßzimmertür erreicht hatten.
    »Was denn für Rechte?«
    »Sie sind hiermit vorläufig festgenommen. Alles, was Sie sagen, kann vor Gericht gegen Sie verwendet werden. Sie haben das Recht, die Aussage zu verweigern. Sie haben das Recht, sich einen Anwalt zu nehmen, und so weiter. Nur ein paar demokratische Rechte.«
    »Und wenn sie das heruntergeleiert haben, erschießen sie die Neger trotzdem.«
    »Hast du Hunger?«
    »Ja, aber ich will auf keinen Fall ausgehen. Hast du verstanden, kein Restaurant, vor allem keine Lokale, in denen man zögert, ob man Lumpen reinlassen soll, und noch weniger Lokale, in denen man am Sonnabend Lumpen reinläßt. Dann hätte ich das Gefühl, noch im Dienst zu sein.«
    »Aber möchtest du in zehn Sekunden essen, und zwar etwas Gutes?«
    »Aber gern, dagegen habe ich nichts.«
    »Na dann«, sagte er und nahm ihr behutsam den Umschlag mit den Akten ab, die er nicht einsehen durfte, den Akten, die sie ihm nicht ausliefern durfte. »Das Essen ist serviert.« Und dann öffnete er die Eßzimmertür. Eine der Stearinkerzen tropfte schon aufs Tischtuch, und die Flammen flackerten, als er die Tür aufmachte. Es war sehr effektvoll.
    »Ich will mich umziehen. Nein, erst duschen und dann umziehen«, sagte sie, ohne daß er aus ihr schlau wurde.
    »Es genügt, daß du die Handschellen abnimmst«, versuchte er.
    »Handfesseln heißt das heutzutage«, entgegnete sie, als sie durch den Korridor dem Schlafzimmer und dem Bad zustrebte.
    Er blieb kurz stehen, unsicher, ob er enttäuscht sein sollte oder nicht. Er beschloß, nicht enttäuscht zu sein, und kontrollierte, ob alles vorbereitet war. Das Fleisch war gewürzt und bratfertig, das gesalzene Wasser köchelte vor sich hin, so daß er das Gemüse jederzeit hineinlegen konnte. Die gelbe Sauce war halb aufgetaut und konnte über dem kochenden Gemüse aufgewärmt werden. Er las erneut die Garzeit auf dem Päckchen, legte etwas Butter in die Bratpfanne und ging dann in die Bibliothek. Er vertiefte sich in die fotokopierten Polizeiberichte.
    Die Personenbeschreibungen von Lundwall und Stålhandske waren sehr gut. Falls die Papiere auf Abwege gerieten und dem Generalstab zur Kenntnis kamen, würde es keinen Zweifel geben.
    Die jungen Männer, die Anzeige erstattet hatten, betonten mehrmals, daß es zwar in Ordnung sei, mal Prügel zu beziehen, aber nicht von Bullen. Und die Verdächtigen hätten kaum etwas anderes sein können.
    Die letzte Überlegung gründete sich nicht auf sachliche Beobachtungen, sondern ganz einfach auf die Theorie, daß nur Bullen Skinheads so wie geschehen verprügeln könnten.
    Carl blätterte in den Anzeigen. Es waren insgesamt sieben mehr oder weniger summarische Anschuldigungen. Keiner der Betroffenen hatte die Beobachtung gemacht, daß der »Riese« finnlandschwedisch gesprochen hatte.
    Nein, natürlich nicht, dachte Carl.

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