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Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder

Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder

Titel: Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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tun haben. Gute Theorie.«
    Sie hörte sich nicht im mindesten aufgeregt oder auch nur sonderlich wütend an. Sie sprach immer noch, als träfe sie eine einfache berufliche Feststellung, als ginge es etwa um eine Krankheitsdiagnose.
    Ewert Gustafsson rutschte unruhig hin und her. Er glaubte ihr und glaubte auch den Zusammenhang zu verstehen. Die Kollegen von Säk waren unterwegs und führten ihre Talente als Fahnder vor. Kein Wunder, daß sie nie einen Spion schnappten.
    »Ich kann nicht ausschließen, daß es sich so verhält, wie du sagst«, begann er vorsichtig. Er war unschlüssig, wie weit er gehen sollte. »Ich bin aber nur ein gewöhnlicher Kriminalbeamter. Wir beschäftigen uns nicht mit so was. Wir wollen dich nur hören, um vielleicht etwas Neues zu erfahren. Du weißt vielleicht etwas, was für unsere Ermittlung von Bedeutung ist. Das ist alles. Können wir jetzt anfangen?«
    Er machte eine fragende Handbewegung und beugte sich zu dem Tonbandgerät vor. Als sie nickte, schaltete er es erneut ein.
    »Also, dann nehmen wir die Vernehmung wieder auf…«, begann er und wurde erneut unterbrochen.
    »Am Sonnabend war ich mit meinem Mann von 19.00 Uhr an, ach, nein, übrigens, wir kamen etwas zu spät, sagen wir von 19.10 Uhr an zu Hause bei kurdischen Freunden. Sie gaben ein kleines Fest draußen in Majorna. Es dürften rund zehn Personen anwesend gewesen sein. Wir blieben den ganzen Abend dort. Wir können uns also gegenseitig Alibis geben. Das Problem besteht möglicherweise darin, daß sämtliche Anwesenden verdächtige Gestalten sind.«
    »Wieso verdächtige Gestalten?« fragte Ewert Gustafsson, ohne eine Miene zu verziehen.
    »Sei nicht albern. Entweder Sozialisten oder Kurden und in einigen Fällen beides. Folglich verdächtig in den Augen der schwedischen Polizei.«
    »Jaja, schon gut. Wir können die Namen später festhalten, aber ich hatte eigentlich vor, an einem anderen Ende anzufangen, wenn du entschuldigst.«
    Er räusperte sich und fuhr fort: »Wie war das Verhältnis zwischen dir und deinem Vater?«
    »Schlecht, aber nicht so schlecht, daß… ja.«
    »Wie kam das?«
    »Das läßt sich leicht erklären. Wie du weißt, war mein Vater General und zwar mit den Wertvorstellungen eines alten Generals. Er sah es als Schande für die Familie an, daß ich mich mit Hilfsarbeit in Kurdistan befaßte. Er sagte, er werde mich enterben. Lauter Albernheiten dieser Art.«
    »Politische Meinungsverschiedenheiten also?«
    »Ja, das kann man ruhig sagen. Du weißt sehr wohl, wo ich politisch stehe.«
    »Nein, ich bin Kriminalbeamter und befasse mich nicht mit so was. Wo stehst du denn politisch?«
    »Ehemals Mitglied der KPML-r, Mitglied des Unterstützungskomitees für Kurdistan und der Vereinigung Ärztliche Hilfe für Kurdistan. Mein Mann hat ähnliche Neigungen.«
    »Aha. Und dein Vater?«
    »Wo er politisch stand?«
    »Ja.«
    Sie sah ihren Vernehmer kurz verblüfft an und ließ dann ein kurzes und schnell unterdrücktes Lachen hören.
    »Er stand sozusagen rechts.«
    »Wie weit rechts?«
    »Du möchtest wissen, ob er Nazi war oder etwas in der Richtung?«
    »War er das?«
    »Nein, das kann ich ehrlicherweise nicht behaupten. Vater war tief reaktionär, aber wie du weißt, bin ich 1949 geboren, und das, was möglicherweise Deutschland-Sympathien und so etwas gewesen waren, waren jedenfalls abgewaschen, als ich aufwuchs.«
    »Warum hat man ihm wohl ein Hakenkreuz in die Brust geritzt? Was glaubst du?«
    »Darüber habe ich natürlich nachgedacht, aber keine Antwort gefunden. Ich glaube nicht, daß irgendwelche Nazis dagewesen sind, um ihre Unterschrift dazulassen. Er lebte ja noch, als es ihm in die Brust geschnitten wurde.«
    »Woher weißt du das?«
    »Weil ich das Gutachten des Gerichtsmediziners angefordert habe.«
    »Wie hast du das geschafft?«
    »Weil ich Ärztin bin und weiß, wo man anrufen muß, und weil ich als nahe Angehörige ein Recht dazu habe.«
    »Nun, wie ist deine Meinung zu dem, was du gelesen hast?«
    »Jemand muß meinen Vater grenzenlos gehaßt haben, bedeutend mehr als ich selbst, das kann ich versichern.«
    »Und wer kann einen so grenzenlosen Haß empfunden haben?«
    »Wenn ich auch nur die leiseste Ahnung hätte, würde ich es dir sagen. Aber das habe ich nicht. Du wirst schon meine Mutter fragen müssen, aber ich bin nicht so sicher, daß sie in diesem Punkt sehr kooperationswillig ist.«
    »Warum nicht?«
    »Weil sie sich irgendwie schämt. Sie hat eine fast panische Angst davor,

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