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Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder

Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder

Titel: Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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unschädlich gemacht, einen erschossen, einen verwundet und einen gefangengenommen. Es wurde ja auch veröffentlicht, daß Hamilton bei dieser Operation den Befehl führte. Warst du dabei?«
    »Darauf darf ich nicht antworten, Vater.«
    »Es würde deinen alten Vater sehr froh machen, wenn du tatsächlich dabeigewesen bist und mitgeholfen hast, ihnen zu geben, was sie verdienten.«
    »Wieso? Es war keine besonders komplizierte Operation.«
    »Weil es doch immerhin so etwas wie gottverfluchte Faschisten waren, die ihr erledigt habt. Bist du dabeigewesen?«
    »Ja, Vater. Ich bin dabeigewesen.«
    »Freut mich unerhört, wirklich unerhört.«
    »Aber Vater, so können wir nicht weitermachen, wir…«
    Er verlor den Faden, als er die weit aufgerissenen blauen Augen seines Vaters sah, die eine fast amüsierte Gewißheit auszustrahlen schienen: doch, genau so könnten sie weitermachen, und zwar mit absoluter Sicherheit, und dies war erst der Anfang. Åke Stålhandske wurde vorübergehend gerettet, als Hedvig humpelnd die Schiebetüren zum Eßzimmer aufmachte und murmelte, die Suppe sei serviert. Im Eßzimmer brannten Kerzen, und Åke Stålhandske sah ein weißes Tischtuch und gefaltete Leinenservietten.
    Die beiden Männer strebten feierlich je einem Ende des Tisches zu, verbeugten sich leicht voreinander und setzten sich. Der Alte rieb sich vergnügt die Hände, als er die Serviette auf den Schoß gelegt hatte, und hob dann demonstrativ seinen schweren Silberlöffel zum Zeichen, daß das Essen begonnen hatte. Sie aßen eine Zeitlang schweigend und machten zufriedene Gesichter, bevor das Gespräch wiederaufgenommen wurde. So war das Ritual.
    Åke Stålhandske beschloß, es mit einer anderen Taktik zu versuchen. Wenn es so weiterging wie bisher, würde er nämlich erst davonkommen, wenn er ausführlich von allem berichtet hatte, was er nicht einmal andeuten durfte.
    »Du mußt verstehen, Vater«, sagte er und betupfte sich mit der Serviette behutsam den Mundwinkel, »daß es kriminell von mir wäre, von unserer Arbeit zu erzählen, selbst dir. Laß uns lieber von deinen Geheimnissen sprechen.«
    »Wieso Geheimnissen?« sagte der Vater. Der Gedanke schien ihn zu überraschen.
    »Es gibt da das eine oder andere, was du mir nicht erzählt hast. Entweder ist es nicht mehr geheim oder ist es nie gewesen.«
    Sein Vater antwortete zunächst nicht, sondern löffelte nachdenklich den Rest seiner Mockturtle-Suppe aus. Dann legte er ruhig den Löffel beiseite und nickte Hedvig zu, die an der Tür bereitstand. Sie humpelte herbei, um das Theater fortzusetzen, wie es bei besseren Leuten früher beim Essen zuging.
    Dann begann der Vater zu erzählen. Er sprach in leichtem, ruhigem Ton, ohne daß Åke auch nur eine Frage stellen mußte.
    »Wie du weißt, sprach ich ein perfektes Deutsch. Ich bin ja mit einer Deutschen verheiratet gewesen.«
    Er machte eine Pause, um ein paar obligatorische Bestandteile des Rituals hinter sich zu bringen, nahm sich etwas von der Lachsterrine, prostete seinem Sohn mit dem Weißwein zu und blickte dann kurz an die Decke, als erwartete er Kraft von oben. Und dann begann er zu erzählen. Er machte keine Unterbrechung und wartete nicht auf Fragen, da ihm immer tief bewußt gewesen war, was sein Sohn nicht wußte.
    »Nach dem Winterkrieg wurde ich in den finnischen Generalstab versetzt. In die Nachrichtensektion. So fing es an.«

4
    Kriminalkommissar Ewert Gustafsson befand sich buchstäblich zu Hause in der Andra Långgatan in Göteborg, in der es niemandem einfiele, ihn wie bei der Kripo oben in Norrköping Kapitän Seebär zu nennen.
    Er hatte etwas in der Nähe zu erledigen, oben in der Majorsgatan, aber da er ohnehin etwas zu früh dran war und das lange Warten ihn ungeduldig machte, hatte er in den Vierteln seiner Kindheit einen Spaziergang gemacht. Er überlegte, ob er seine Mutter besuchen sollte, beschloß aber zu warten, bis die Arbeit erledigt war. Sie würde sich nur verletzt fühlen, wenn er dauernd auf die Uhr sah und es beim Kaffeetrinken mit ihrem selbstgebackenen Kuchen eilig hatte. Das mußte warten, bis er mit der Arbeit fertig war. Er sah nichts Eigenartiges darin, daß Louise Klintén eine Vernehmung oben im Sahlgrenska entschieden abgelehnt hatte, in dem Krankenhaus, in dem sie arbeitete. Kein Mensch sieht es gern, wenn er am Arbeitsplatz von der Polizei Besuch bekommt, und sie hatte aus begreiflichen Gründen noch mehr dagegen einzuwenden als die Leute im allgemeinen. Ewert Gustafsson

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