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Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder

Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder

Titel: Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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daß diese Geschichte mit dem Hakenkreuz herauskommen könnte. Ich meine… Es ist klar, daß das sowohl für ihn wie für uns Hinterbliebene erniedrigend ist. Aber…«
    »Ja, was für ein Aber?«
    »Aber ihre Besorgnis steht sozusagen nicht im richtigen Verhältnis zum Ganzen. Das Entsetzliche ist ja der Mord und nicht das Verhalten der Mörder.«
    »Der Mörder?«
    »Ja?«
    »Du hast gesagt der Mörder, als meintest du mehrere Personen. Woher weißt du, daß es kein Einzeltäter gewesen ist?«
    »Das kann ich nicht wissen. Es war nur eine Vermutung.«
    »Und worauf gründet sich diese Vermutung?«
    »Auf den Bericht des Gerichtsarztes. Es hat in der Bibliothek ja, wie soll ich sagen, eine recht umfangreiche Aktivität gegeben. Ich habe mir einfach nur vorgestellt, daß es mehrere Personen gewesen sein müssen.«
    »Hm. Weißt du, was mit dem Wort ›ed‹ gemeint sein kann?
    Ja, du weißt ja selbst, weshalb ich frage.«
    »Nein, ich habe darüber nachgedacht, kann es mir aber nicht erklären.«
    »Hat dein Vater irgendeinem Geheimbund angehört, etwa den Freimaurern?«
    »Von einem Geheimbund weiß ich nichts, aber er war natürlich Mitglied verschiedener militärischer Zusammenschlüsse. Ich weiß nicht viel darüber, aber es fällt mir schwer zu glauben, daß es ein Vereinsleben mit heiligen Eiden oder derlei gewesen ist oder daß die Mitglieder sich in Särge legen mußten.«
    »Särge?«
    »Ja, du hast ja eben die Freimaurer als Beispiel genannt. Die müssen sich in Särge legen und heilige Eide schwören. Meine Mutter weiß mehr über derlei. Sie muß überhaupt viel mehr wissen als ich. Sie ist ja während des Krieges dabeigewesen.«
    »Und dein Bruder: Glaubst du, er könnte mehr wissen als du?«
    »Wir sind ja nach dem Krieg aufgewachsen, und da waren alle Gespräche über Politik verpönt. Von Politik wurde nicht gesprochen, weder über Außennoch über Innenpolitik. Möglicherweise wurde gelegentlich über die Sozis gejammert, die Schwedens Verteidigung untergraben, und so weiter, aber derlei wurde zu Hause, wie ich glaube, nicht mal als Politik gewertet.«
    »Hast du das Gefühl, daß… wie soll ich sagen, daß die Art, wie der Zweite Weltkrieg zu Ende ging, das Thema Politik verpönt werden ließ?«
    »Das ist eine verdeckte Art, noch einmal zu fragen, ob mein Vater Nazi war.«
    »Ja, das ist es.«
    »Der Gedanke ist mir auch schon gekommen, aber ich bin bei der Beurteilung dieser Frage nicht besonders objektiv.«
    »Wieso? Es geht doch um deinen Vater, den du dein ganzes Leben lang gekannt hast.«
    »Ja, den ich aber während meines Erwachsenenlebens auch verabscheut habe, so wie er mich verabscheut hat, wie ich glaube, und das aus Gründen, die ich schon angedeutet habe. Natürlich habe ich mir schon vorgestellt, daß er wohl einer von denen war, die auf einen Sieg Deutschlands hofften. Es gab ja solche schwedischen Offiziere, vermutlich sogar recht viele. Ich kann solche Überlegungen aber nur darauf gründen, daß ich ihn für einen zutiefst unsympathischen Menschen hielt.«
    »Wie ist dein Verhältnis zu deiner Mutter?«
    »Erstaunlich gut. Wir haben uns manchmal sogar heimlich getroffen.«
    »Heimlich?«
    »Ja. Nachdem der alte General seine Tochter verstoßen oder seine schützende Hand von ihr zurückgezogen hatte oder wie er das nannte, war ich zu Hause nicht mehr willkommen. Mama hat dann manchmal so getan, als hätte sie in Göteborg etwas zu erledigen. Er dürfte schon begriffen haben, weshalb, und da haben wir uns sozusagen heimlich getroffen. Mama ist eine warmherzige und vernünftige Frau, in vielen Dingen das genaue Gegenteil von ihm.«
    »Glaubst du, sie könnte uns Angaben vorenthalten, die für uns von Bedeutung wären, um… um die Familienehre zu schützen oder wie wir das nennen sollen?«
    Zum ersten Mal während des Verhörs erhielt Ewert Gustafsson keine prompte Antwort. Sie verstummte und rieb sich mit dem Zeigefinger die linke Schläfe, während sie nachdachte. Dann kam sie zu einem schnellen Entschluß.
    »Von diesem Verhör werden Abschriften ausgefertigt?«
    »Ja, Wort für Wort.«
    »Und wenn es zu einem Prozeß gegen irgendwelche Mörder kommt, wird das Verhör damit öffentlich?«
    »Ja, das stimmt.«
    »Und selbst wenn es nicht öffentlich wird, ist es beispielsweise einem Senatspräsidenten ohne weiteres möglich, die Akten anzufordern, etwa so, wie ich medizinische Journale anfordern kann?«
    »Ja, das kann man nicht ausschließen.«
    Sie zeigte demonstrativ auf das

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