Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder

Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder

Titel: Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
Vom Netzwerk:
sein Glas ab und wiederholte das Manöver, bevor sie ihn zu sich herunterzog.
    »Im Augenblick gibt es nur eine Hauptsache, und diesen Augenblick gibt es nur jetzt«, flüsterte sie. »Ich will dich nochmal lieben, und zwar jetzt, und das ist alles, was zählt.«
    Er brauchte nicht zu antworten. Das hatte sein Körper schon getan, und sie hatte es gesehen.
    Es war, als hätten sie jetzt so etwas wie ein sanftes, einleitendes Zögern und all die überwältigende Zärtlichkeit überwunden. Jetzt konnte es ganz anders geschehen, lange und intensiv, und gelegentlich auch laut, vor allem durch ihr Lachen.
    Und hinterher lachten sie gemeinsam, als hätten sie sich gegenseitig überrascht. Sie waren zerzaust und verschwitzt und lagen sehr eng zusammen, bis ihnen kalt zu werden begann und sie sich wieder der anderen Welt bewußt wurden.
    Carl sah auf die Uhr. Es war eineinhalb Stunden später, als er vermutet hatte. Nach kurzem Überlegen kam er zu dem Schluß, daß Erklärungen, Entschuldigungen und ähnliches völlig falsch sein würden. Er stand ohne einen Laut auf, deckte sie vorsichtig zu, küßte sie auf die Stirn und sammelte seine Kleidungsstücke auf, als er ins Badezimmer ging.
    Er mußte ihre Düfte und Säfte abduschen, wie unsensibel es auch sein mochte. Er hatte wieder recht kurze Haare, und im Bad gab es einen Fön. Und ein Spaziergang an der kühlen Luft, selbst ein so kurzer Weg wie der vom Grand Hotel zur Gamla Stan, würde alle Spuren auslöschen.
    Als er sich angezogen hatte, schlich er wieder zu ihr hinein.
    Sie sah aus, als schliefe sie, aber ihr Lächeln war zu deutlich; sie träumte wach.
    Er beugte sich über sie und küßte sie auf die Wange. Er sagte aber nichts. Und dann ging er, ging unbewußt auf Zehenspitzen über den Teppichboden, als ob ihn jemand entdecken könnte.
    Auf der Strömbron wehte ein eiskalter Wind. Er zog sich den Mantel im Gehen an und schlug den Mantelkragen hoch. Er klappte ihn aber sofort wieder herunter, der kalte Wind würde ihn noch sauberer werden lassen.
    Er war überzeugt, daß Eva-Britt mit den Füßen auf dem Granittisch dasitzen und stricken würde. Auf dem Weg in die Altstadt konzentrierte er sich fest darauf, keine selbstquälerische Diskussion mit sich selbst zu beginnen. Er wollte sich keine einzige Frage stellen, was zum Teufel er sich da erlaubt hatte, nur so schnell wie möglich nach Hause gehen.
    Sie saß tatsächlich mit den Füßen auf dem Granittisch da und strickte, allerdings etwas anderes als am Abend zuvor, etwas in Hellblau.
    »Was ist das denn«, begrüßte er sie mit aufrichtigem Erstaunen. »Wirst du allmählich unruhig, du könntest die Wette verlieren?«
    »Nichts da«, erwiderte sie mit einem schnellen Lächeln, bevor sie sich wieder konzentriert ihrer Handarbeit zuwandte. In einem Mundwinkel erschien ihre Zungenspitze, wie immer wenn Eva-Britt sich konzentrierte. »Wenn aber kleine Jungs Rosa tragen können, können kleine Mädchen auch Hellblau tragen, nicht wahr? War es anstrengend?«
    »Ja, das kann man sagen. Wieso?«
    »Na ja, spät abends noch Dienst. Sind es die Russen oder etwas, worüber du sprechen kannst?«
    Er dachte einige Augenblicke nach, bevor er zu einem Entschluß kam.
    »Einmal sind es die Russen. Eigentlich nichts Besonderes, aber das können wir überspringen. Zum anderen ist es tatsächlich etwas, worüber ich sprechen kann. Willst du eine Tasse Tee?«
    Sie nickte, während sie Maschen zählte, als könnte sie den Faden verlieren, wenn sie antwortete. Er ging in die Küche, setzte Wasser auf, holte mechanisch Tassen, Milch und Zucker aus dem Küchenschrank, schnitt eine Zitronenscheibe ab und bereitete die Teekanne vor. Dann deckte er den Tisch.
    Er betrachtete ihren Bauch, kniete nieder und streichelte ihn, beugte sich vor und küßte sie vorsichtig auf die Wange, um sie beim Zählen nicht zu stören.
    »Hast du bei der Arbeit Wein getrunken?« fragte sie erstaunt.
    »Nein«, erwiderte er ruhig und streichelte weiter ihren Bauch.
    »Ich habe auf dem Nachhauseweg einen Amerikaner getroffen, und wir haben im Grand ein Gläschen getrunken.«
    »CIA?«
    »Ja, mit was für Amerikanern sollte ich sonst Umgang haben? Ja, es war diese Geschichte, die jetzt über uns gekommen ist. Man hat mich und ein paar Kollegen plötzlich zu Bullen degradiert.«
    »Was heißt degradiert!« sagte sie mit übertriebener Entrüstung. »Ist es in dieser Familie plötzlich falsch, Bulle zu sein?«
    »Na ja, nicht direkt. Warte, ich glaube, das

Weitere Kostenlose Bücher