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Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder

Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder

Titel: Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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zögerte mit der Handfläche ein paar Zentimeter über ihrer Haut, als könnte er sich verbrennen. Dann legte er ihr die Hand vorsichtig auf die Schulter. Sie lagen vollkommen still. Er schloß die Augen und strich ihr liebkosend langsam über den Rücken, auf dem sie zwei Muttermale hatte, jetzt wie damals, alles in ein und demselben Augenblick, als wäre er soeben aus Ridgecrest nach San Diego hinuntergefahren, als wäre die Hitze der Wüste in die Kühle an der Küste übergegangen; als wäre all das eben passiert, solange er die Augen geschlossen hielt.
    Er sah Eva-Britt vor sich. Sie saß auf dem smaragdgrünen Sofa, hatte die Füße auf den Tisch gelegt und strickte rosafarbene Kleidchen. Eine Woge seiner plötzlich aufwallenden Panik fegte das Bild beiseite. Er redete sich ein, außerhalb der Zeit zu stehen, daß dies jetzt vor zehn Jahren in San Diego passierte.
    Er liebkoste sie weiter. Spürte ihre Narbe von einem Autounfall in der Jugend, spürte ihre Hüften, die Taille und den Bauch und berührte schließlich eine ihrer Brüste. Er hielt sie sehr vorsichtig, als wagte er nicht mehr sich zu bewegen, als wagte er es nicht, die Hand wegzunehmen und zu träumen, dies wäre wirklich in San Diego.
    Sie bewegte sich vorsichtig, fuhr ihm mit den Fingern in die Haare auf seiner Brust und zupfte zum Scherz daran. Es hörte sich an, als kicherte sie.
    Sie nahm die Hand von seiner Brust, legte ihm beide Handflächen an die Wangen und zog sein Gesicht zu sich herunter. Nachdem er sein erstes Zögern beim Kuß überwunden hatte, versank er tief in das Weiche, das sehr fremd und zugleich sehr bekannt war.
    Er dachte an den Wüstenwind, der auf dem Weg von Ridgecrest ins Wageninnere strömte. Er war endlich zu Hause. Und als er spürte, daß ihre Brust auf seine Hand zu reagieren begann, wurde auch die letzte Besorgnis hinweggespült, da er jetzt spürte, daß er unwiderruflich zu ihr unterwegs war.
    Sie liebten sich ruhig, fast methodisch, und legten dabei den altgewohnten Weg zurück, ohne jede Hysterie, die er befürchtet hatte. Er schlug schließlich die Augen auf, als er spürte, wie ihre Fingernägel sich ihm in die Schulterblätter gruben. Vorsichtig und reflexhaft parierte er künftige Beweise, indem er die Ellbogen zur Seite hielt, so daß ihre Hände ein wenig ausrutschten. Er sah ihr in die Augen, kurz bevor sie kam, wie er es früher getan hatte, und wußte, daß auch er selbst in dem Augenblick, in dem sie es ihm sagte, unterwegs war. Wie früher in San Diego.
    Sie blieben recht lange still nebeneinander liegen. Sie waren nicht sehr verschwitzt. Inzwischen war es im Zimmer fast dunkel geworden.
    Lange Zeit sagten sie nichts. Sie wälzte ihn vorsichtig auf die Seite und küßte seine Narben, von der Brust an nach unten, eine nach der anderen, fünfmal. Es war wie eine Frage, doch er antwortete nicht. Sie hatten lange nichts mehr gesagt, und sie würden den Zauber brechen, wenn sie über die Narben von Messerstichen sprachen. Es war, als hätte sie verstanden, da sie die Frage nicht aussprach.
    »Ich liebe dich, Carl«, flüsterte sie ihm schließlich ins Ohr.
    Er sah an die Decke. Dann drehte er sich heftig um, packte mit der linken Hand ihr Haar, rollte es zu einem sanften Griff um ihren Nacken und beugte sich ganz dicht über ihr Gesicht.
    »Wir sind verrückt, Tessie, weißt du das, aber ich liebe dich auch, das habe ich immer getan, und das weißt du.«
    Er sah ihr ein paar Sekunden lang in die Augen, ließ dann los und warf sich schwer auf den Rücken.
    Es war verrückt, es war vollkommen wahnsinnig. Es war aber auch so viel leichter, es auf englisch zu sagen, als hätten die Worte auf englisch nicht den gleichen Beiklang von Verrat und Betrug, den sie auf schwedisch gehabt hätten.
    I love you too, Tessie. I have always loved you and you know.
    Es bedeutete alles und zugleich nichts.
    Nein, das stimmte nicht. Er sprach den Satz in Gedanken Wort für Wort auf schwedisch nach. Er hatte es auch auf schwedisch gemeint.
    Als hätte ihn eine plötzliche Woge von Panik überspült, stand er abrupt auf, ging zu der Minibar hinüber und öffnete sie. Wie er vermutet hatte, hatte sie den Inhalt nicht angerührt. Dort stand eine halbe Flasche deutschen Sekts mit Schraubverschluß, wie er vermutete, Bier, Limonade, Plastikbecher und Champagnergläser. Er goß schnell zwei Gläser des Sekts ein und ging zum Bett zurück. Auf dem halben Weg zögerte er, machte die eine Leselampe über dem Bett an und drehte den

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