(Gummi-) Baerenstarke Kerle

mich unauffällig wieder zu Mandy zu setzten.
    „Sag nich , du hast sie so falsch verstanden!“, juxte Karsten, der unserem Gespräch anscheinend gefolgt war. Ich hielt mir die Hand vors Gesicht und wäre am liebsten unter den Bänken langgerobbt.
    „Was war denn?“ , quäkte Mandy, als ich mich zu ihr setzte.
    „ Ach nix“, tat ich meinen Fauxpas ab.
    Ma nn, war ich ein Trottel!
    „Sarah, Hase, ich brauch mal deine Meinung!“ , verkündete Karsten mit wichtiger Miene. „Ich hab Jenni gestern einen neuen Song vorgelesen, sie meint, da fehlt noch was! Ich hab noch keinen Sound dazu, soll ´ne düstere Ballade werden. Lies ma bitte!“
    „Du meinst wirklich, dass sie die Richtige ist um das zu beurteilen?“ , kicherte Smokey. „Nicht dass sie wieder was missdeutet!“
    „Gib her den Wisch!“ , sagte ich barsch und langte nach dem Zettel.
    „Du darfst die neuen Songs lesen!“ , begeisterte sich Mandy. „Is dat uffregend! Darf ich mitgucken?“
    „Ja, aber lies leise. Ich muss erst mal abchecken wie pervers das wieder ist!“, nuschelte ich und versuchte konzentriert den Zeilen zu folgen.
    Immer wieder wanderten meine Augen auf und ab. Was wollte mir Karsten damit sagen? Ich war heute nicht in der Lage logische Schlüsse zu ziehen. Der Text verwirrte mich. Sollt e man zwischen den Zeilen lesen?
    Auf dem Zettel stand Folgendes:
    Das Gefühl im Diesseits ist sekundär.
    In uns keimt der Geist des Erwachens und der Vollendung.
    Keine äußere Macht noch der eigene Wille kann ihn bezwingen.
    Barm herziges Sein kann ihn mildern,
    doch blutige Gier schäumt ihn auf!
    Teile dein Herz und ertränke die schwarze Seite.
    Bemitleide nicht ihren Schrei,
    sondern sehne dich nach Erlösung!
    Wenn der raue Wind sich nordwärts dreht
    Und die goldene Sonnenuhr sich verdunkelt,
    trage deine Seele nach Westen,
    auf den Spuren der Zeit!
    Biete dein Leben,
    so erlangst du die Liebe!
    Denn im Kampf um Recht und Vergeltung
    Wird sie dein Schwert und Schild sein!
     
    Nachdem ich mich intensiv damit beschäftigt hatte und Mandy immer wieder aufschrie und seufzte „Nee, wie schön!“ oder „Pure Poesie!“ gab ich ihm den Zettel wieder.
    „Und?“ , fragte Karsten, enttäuscht nicht sofort einen positiven Kommentar zu hören.
    „Schön, wirklich nett“ , meinte ich so glaubwürdig wie möglich.
    „Aber wa s stimmt daran noch nicht! Jenni meint ich sollte die Sonnenuhr weglassen. Was meinst du?“, hakte er nach.
    „Tja, wenn sie das so sieht!? Vielleicht solltest du es ins Englische übersetzen, hört sich dann gleich noch viel wichtiger an!“, ergänzte ich.
    „Ich meine , du hast dir bestimmt was dabei gedacht!?“ Ich wollte Karsten nicht zu nahe treten, aber einen Sinn hatte dieses Gekritzel nicht im Geringsten. Bei englischen Texten fragt eh niemand nach einem Sinn, Hauptsache es hört sich gut an, und das tat es. Dramatisch und hochtrabend und Freud würde mit Sicherheit eine tiefere Bedeutung finden. Vielleicht war sein Pimmel doch zu klein?
    „Aber es sollte doch ma was D eutsches bleiben!“, quengelte Karsten und rutschte gnatschig auf seinem Stuhl herum.
    Ich konnte nicht mehr anders – wenn er sein Werk so toll fand, musste er es mir erklären!
    „Um des besseren Beurteilens w illen, kannst du mir den Sinn erklären? Ich bin heute nicht aufnahmefähig!“, fügte ich zu meiner Verteidigung hinzu.
    „Sinn? Wieso Sinn? Woher soll ich das wissen! Das ist Heavy-Metal! Fragt die nach ´nem Sinn! Wenn es sich düster anhört is doch allet in Butter! Glaubst du wirklich das Haare schüttelnde Teenager nach ´ner tiefern Bedeutung suchen? Es kommen die Worte Blut, Kampf, Schwert und Liebe darin vor, sollte doch für ´nen Hit reichen!“, brummte er mich an.
    „Ich denke , wir sollten ihm keine weitere Beachtung schenken!“, raunte Smokey mir zu. „Er war nach der nächtlichen Ekstase so voller Tatendrang, da kommt schon mal so was bei raus!“
    „Ich denke ihr habt getanzt?“ , fragte ich irritiert.
    „Ja, aber als ich endlich schlafen wollte hat er die ganze Zeit rumgekritzelt. Dann hat er mich wachgerüttelt und mir seinen Erguss vorgelesen. Um wieder Ruhe zu haben sagte ich, da fehlt noch was und er soll die Sonnenuhr ersetzen. Er hatte was zu knobeln und ich konnte weiter schlafen. Außerdem ist der Text wirklich nicht schlecht! Mit etwas psychologischem Einfühlungsvermögen finden wir schon einen tiefern Sinn“, meinte sie und sah mich voller Überzeugung an.
    „Das ist mir eindeutig zu