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Gurkensaat

Gurkensaat

Titel: Gurkensaat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Steinhauer
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Nachtigall, aber das ging ihn nichts an.
    Als könne der Großvater Gedanken lesen, wandte er sich um, hob sein Glas wie zum Gruß und prostete den beiden Ermittlern zu. »Single Malt. Ihnen brauche ich wohl nichts anzubieten, Sie sind ja im Dienst«, murmelte er dabei und betrachtete nachdenklich die braune Flüssigkeit, die beim Schwenken bedrohlich nah an den Rand des Glases schwappte. Dann nahm er entschlossen einen kräftigen Schluck.
    »Zum Betrinken zu wenig, schade«, erklärte er, nachdem er die Karaffe prüfend zur Seite gekippt hatte, um den Pegel zu kontrollieren. »Was hat sie gemacht? Einen Strick wird sie wohl kaum genommen haben. Zu unsicher. Möglicherweise qualvoll. Und die entstehende Leiche ist nicht gerade hübsch anzusehen.« Ein Ausdruck von Schrecken, unterlegt mit Grauen, huschte über sein Gesicht und verzerrte es flüchtig. »Sie wird doch nicht eine von meinen Waffen …? Ist ja irgendwie Mode im Moment.«
    »Wir wissen noch nicht genau, was in diesem Haus passiert ist. Das klärt die Obduktion.«
    Gieselkes Augen wurden wachsam. »Was soll das heißen?«
    »Nun, wir können zum jetzigen Zeitpunkt einen Mord nicht ausschließen«, stellte Nachtigall ruhig klar.
    »Einen Mord? Wer zum Kuckuck soll meine Frau ermorden wollen? Ich kenne niemanden, der belangloser gewesen wäre als sie!« Gieselke stellte sein inzwischen leeres Glas hart auf dem Tisch ab. Tonlos fügte er hinzu: »Sieht so aus, als versuche jemand, die ganze Familie auszurotten.«

56
    Sie ließen den Hausherrn in der Obhut seines Single Malt zurück und klopften im oberen Stockwerk an die Tür, durch die sie Johannes Gieselke bei ihrem letzten Besuch hatten verschwinden sehen.
    Der junge Mann öffnete mit ziemlicher Verzögerung.
    »Sie?« Er starrte die beiden Kriminalbeamten entgeistert an und riss die Tür dann weit auf. »Ist was mit Annabelle?«
    Plötzlich tauchte zwischen seinen Beinen der mächtige Kopf eines riesigen Katers auf, der die Besucher desinteressiert ansah, als wolle er ihnen verdeutlichen, dass es hier nur eine Persönlichkeit von Bedeutung gäbe.
    »Chester«, stellte Gieselke kurz vor.
    »Annabelle geht es gut«, beruhigte Nachtigall den besorgten Vater. »Wie kommen Sie darauf, es könne etwas mit ihr nicht in Ordnung sein?«
    »Wenn sie den Mörder gesehen und ihn beschreiben, womöglich gar identifizieren kann, schwebt sie in großer Gefahr, nicht wahr?«
    »Darum sitzt ja auch, wie Sie wissen, ein Beamter vor ihrer Tür. Niemand wird ihr etwas tun.«
    Gieselke entspannte sich ein wenig.
    »Warum sind Sie dann hier?«, fragte er mit neu erwachtem Argwohn, trat zur Seite und führte die beiden Beamten durch einen kurzen Flur in ein modern eingerichtetes Gästezimmer.
    »Nehmen Sie Platz. Also, was ist passiert?«
    Nachtigall wartete, bis auch der junge Mann sich in den Sessel gesetzt hatte.
    »Wir haben Ihre Mutter gefunden. Und es tut mir furchtbar leid, Ihnen sagen zu müssen, dass sie tot ist.«
    »Tot«, wiederholte Johannes, als sei ihm die Bedeutung dieses Wortes gänzlich unbekannt.
    »Sie hatten uns doch diese Adresse in Madlow genannt. Und dort auf dem Parkplatz stand der Porsche. Im Haus von Miriam Hanser entdeckten wir Ihre Mutter.«
    Johannes Gieselke nickte mehrfach. Er schien signalisieren zu wollen, dass er verstanden habe. »Dort?«
    »Ja.«
    »Wie ist meine Mutter gestorben?«
    »Die Umstände ihres Todes sind noch nicht abschließend geklärt. Wir warten auf die Ergebnisse der Obduktion.«
    Sekundenlang fixierte der Sohn wortlos einen Punkt auf der gegenüberliegenden Wand. »Wieso eine Obduktion?«
    »Weil wir ein Fremdverschulden nicht ausschließen können«, erklärte Nachtigall vorsichtig. Der Mann tat ihm leid. Erst brachte man seinen Sohn um, dann verlor er auch noch seine Mutter und mit Wolfgang Maul hatte ihn zumindest in seiner Kindheit eine lockere Freundschaft verbunden.
    »Fremdverschulden? Soll das heißen, Sie glauben, jemand habe meine Mutter umgebracht ?«, fragte Gieselke ungläubig.
    »Die Situation, in der wir Ihre Mutter aufgefunden haben, ist nicht eindeutig«, versuchte Skorubski zu erläutern, was für den Sohn unerklärlich blieb.
    »Weiß er es schon?«
    »Ja.«
    »Oh, das war der Grund, warum Beethoven so unvermittelt abgewürgt wurde.«
    Eine unbehagliche Pause entstand.
    »Und? Was hat er dazu gesagt?«
    »Er versucht, sich zu betrinken. Vielleicht, weil er fürchtet, das nächste Opfer zu sein.«
    »Das nächste …? Wie kommt er denn auf die Idee?«

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