Gurkensaat
Versammelten.
»Ich kann für Ihr Team nicht bei jedem Fall die Hilfe von Emile Couvier anfordern, damit Sie ihn erfolgreich abschließen können!«, knirschte er grußlos zwischen den Zähnen. »Drei Morde in unmittelbarer Folge und Sie haben noch nicht einen davon geklärt! Dabei sollten Sie nach so vielen Jahren Diensterfahrung wissen, dass heiße Spuren dazu neigen, rasant abzukühlen. In Ihren Berichten kann ich beim besten Willen keinen Ansatz für Ermittlungen erkennen. Was zum Kuckuck tun Sie den ganzen Tag?«
»Wir versuchen, den Täter zu fassen. Wir können zum jetzigen Zeitpunkt nicht ausschließen, dass zwischen den Taten kein Zusammenhang besteht.«
Dr. März runzelte verärgert die Stirn, während er sich dieses Statement durch den Kopf gehen ließ. »Drei Tote. Drei Mörder? Im selben Umfeld?« Der Staatsanwalt schüttelte unwillig den Kopf. »Das glauben Sie doch nicht im Ernst!«, blaffte er. »Nie und nimmer!« Dr. März machte eine wirkungsvolle Pause, bis der Nachhall seiner Worte verklungen war. »Und wie war es möglich, dass Ihnen der Täter aus diesem Haus in Madlow entkommen konnte? Sie hätten nur zuzugreifen brauchen! Hier reiht sich eine Panne an die andere!«
»Ich hatte gerade drei Kinder in diesem Haus entdeckt. Deren Sicherheit ging vor. Stellen Sie sich nur die Schlagzeilen vor, wenn etwa, während ich dem einen Täter nachsetze, ein anderer die Kinder tötet, oder es dem Eindringling gelungen wäre, uns alle niederzuschießen. Als wir hörten, wie er die Treppe hinunterpolterte, bin ich sofort hinterher. Aber er war schon wie vom Erdboden verschluckt.« Nachtigall merkte selbst, wie unglaubwürdig das klang, und ärgerte sich darüber, dass er überhaupt versuchte, sein Verhalten zu rechtfertigen. Die Sicherheit der Kinder war in diesem Fall vorrangig gewesen! Das stand für ihn völlig außer Zweifel.
»Vom Erdboden verschluckt!«, schnaubte der Staatsanwalt. »Sie haben ihn einfach entkommen lassen!«
Peter Nachtigall zählte lautlos bis zehn und – als das nicht ausreichte – bis zwanzig. Hinter seiner Stirn jagten sich Beschimpfungen, von denen er nicht einmal ahnte, dass sie zu seinem Wortschatz gehörten.
»Setzen Sie sich doch bitte zu uns. Wir tragen gerade die heutigen Ermittlungsergebnisse zusammen«, bot er dem Besucher angestrengt freundlich an.
62
Johannes Gieselke saß auf der Couch und fixierte ziellos einen Punkt in einem abstrakten Bild an der gegenüberliegenden Wand. Bettina legte ihre Hand auf seinen Oberschenkel und schmiegte sich tröstend an seine Schulter.
»Wer kann nur etwas gegen meine Mutter haben? Sie hat sich in all den Jahren immer um Ausgleich bemüht. Hat meinen gefühllosen, grantigen Vater ertragen. Trotz seiner endlosen Weibergeschichten.«
»Denkst du, jemand könnte sie aus ganz privatem Hass getötet haben?«
»Aus privatem Hass?«
»Na ja. Jemand fühlte sich durch sie beleidigt. Auch Neid wäre doch als Motiv vorstellbar. Weißt du denn mit Sicherheit, dass dein Vater keine Affären mehr hat? Möglicherweise gibt es irgendwo eine Frau, der deine Mutter im Weg war!«
»Tja, ehrlich gesagt: Freiwillig hätte meine Mutter den Platz an Vaters Seite nicht geräumt. Um es mal so auszudrücken: Dazu waren ihre Investitionen zu hoch.«
Seine unstet umherirrenden Augen trafen Bettinas verständnislosen Blick. »Verstehst du, sie hat relativ früh geheiratet. Er wollte ein Kind, möglichst einen Sohn. Den bekam er. Und danach war ihm diese Frau, die er aus konventionellen Gründen geheiratet hatte, ziemlich gleichgültig. Sie durfte das Kind nach ihrer Vorstellung erziehen, aber die Gurke, das Erbe und das Imperium Gieselke durften nicht zu kurz kommen. In der Zwischenzeit ging er fremd. Er bemühte sich nicht einmal sonderlich darum, es geheim zu halten. Unsere Nachbarn, Bekannten und Freunde wussten alle Bescheid. Eine schreckliche Demütigung für meine Mutter. Aber statt ihn zu verlassen, blieb sie bei ihm, ordnete sich unter, lernte allerhand über Jagd und Wild. Das tat sie für mich! Sie war die Frau, die den Erben geboren hatte und dieses Kind sollte auch nach dem Tod von Olaf Gieselke die Stelle des Hausherrn übernehmen. Diesen Platz wollte sie nicht zur Disposition stellen. Aber der Lohn war, als reiche Frau alt zu werden, nachdem sie ihre Jugend an diesen Mann verschenkt hatte. So hat sie es mir jedenfalls erklärt, damals, bei der Grippe, als sie so krank war, dass sie glaubte, sie müsse sterben.«
»Johannes, mir
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