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Gurkensaat

Gurkensaat

Titel: Gurkensaat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Steinhauer
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Als er schon wieder gehen wollte, entdeckte er an einem der Bartische vor dem Fenster zum Altmarkt eine einsame Gestalt, zu der sich offensichtlich niemand setzen wollte. Die Miene des Gastes war abweisend, seine glänzende Glatze möglicherweise abschreckend. Dr. Pankratz!
    »Hallo! Ist bei Ihnen noch frei?«, fragte Nachtigall schmunzelnd.
    »Ach, ich weiß nicht. Sie sind doch von der Polizei, nicht wahr? Vielleicht möchte ich lieber nicht in Ihrer Gesellschaft gesehen werden. Ihnen haftet der Geruch des Verbrechens an!«, gab der Rechtsmediziner zurück und machte gleichzeitig eine einladende Geste.
    »Ja, mir ist nicht zu trauen!«, bestätigte der Hauptkommissar fröhlich und schob sich auf den Hocker.
    »Schon neue Erkenntnisse? Und bevor Sie mich fragen: Mein neuester Patient ist erst morgen an der Reihe! Es ist ja nicht so, dass nur bei Ihnen gemordet wird.«
    »Guten Abend! Würde es Ihnen etwas ausmachen, ein Stückchen zu rutschen? Dann hätte ich auf der Bank auch noch Platz.«
    Zornig drehte Dr. Pankratz sich zu dem unverfrorenen Frager um – und lachte gleich darauf kehlig. »Na, das verspricht ja ein interessanter Abend zu werden!«
    Emile Couvier schob sich neben ihn und begrüßte beide Männer mit Handschlag. »Kommt ihr voran?«, wollte auch er wissen, nachdem sie die Getränke bestellt hatten.
    »Nicht wirklich. Inzwischen ist klar, dass die Familie erpresst wurde. Jemand hatte Leichenteile in Gurkengläsern deponiert, Gieselke zahlte und angeblich herrschte danach Ruhe.«
    »Demnach wurde eine mehr als große Summe bezahlt«, stellte Dr. Pankratz trocken fest.
    »Olaf Gieselke schweigt dazu. Er sagt, die Sache wurde erledigt und basta«, schimpfte Nachtigall. »Aber ehrlich gesagt kann ich mir nur schwer vorstellen, dass jemand, der die Familie wegen des Rezeptes oder des Namens für die Gurken erpresst, den Enkel der Gieselkes erschießt. Passt doch nicht!«
    »Was, wenn gar nicht bezahlt wurde? Wenn die Leichenteile – übrigens, um welche Teile handelte es sich dabei?«
    »Ich weiß von Fingern und Augen.«
    »Also«, nahm der Rechtsmediziner den Faden wieder auf, »wenn also diese Leichenteile nicht den gewünschten Erfolg hatten, musste er den Ton deutlich verschärfen.«
    »Ich verstehe, was Peter meint. Es ist eine völlig andere Art von Verbrechen«, mischte sich Emile nun ein. »Eine Entführung käme möglicherweise noch in Betracht, aber Mord an einem Enkel? Das ist etwas ganz anderes.«
    Die Bedienung brachte die Getränke und sie prosteten sich zu.
    »Kidnapping ist eine Option, die wir berücksichtigen müssen. Der Täter schleicht durchs Haus, stößt auf den unverschlossenen Waffenschrank, nimmt eines der Gewehre an sich und trifft wenig später auf das Opfer. Doch entgegen seiner Erwartungen leistet der Junge beim Versuch der Entführung heftige Gegenwehr. Er schreit, tritt, beißt vielleicht. Kopflos schießt der Täter und versucht, unerkannt zu entkommen«, zeichnete Nachtigall ein mögliches Szenario.
    »Es wäre doch sehr wenig intelligent, den zu erschießen, den ich gerade entführen möchte!«, warf Dr. Pankratz ein.
    »Passiert öfter, als man vermuten möchte.« Emile seufzte. »Der Täter hält sich für gut vorbereitet, doch plötzlich läuft nichts mehr nach Plan. Er gerät in Panik. Wir erleben immer wieder, dass gerade in den ersten Minuten nach der Entführung, wenn die Täter hochgradig nervös und angespannt sind, solche Fehlleistungen das Leben der Geisel ernsthaft gefährden.«
    Sie bestellten Salat, Geschnetzeltes und eine große Portion Fleisch.
    »Was ich so gar nicht verstehe, ist, warum die Familie die Erpressung nicht zugibt. Hätte Michael nicht zufällig diese Akte aufgestöbert, wüssten wir noch immer nichts davon!«, beschwerte sich Nachtigall.
    »Angst, neue Begehrlichkeiten zu wecken. Den Erpresser wieder zu aktivieren.« Dr. Pankratz lächelte der jungen Frau freundlich zu, die einen großen Salatteller vor ihm abstellte, mit Geflügelfleisch und gebratenen Pilzen, die nach würzigen Kräutern dufteten.
    »Ich werde den Gedanken nicht los, dass Gieselke sehr genau weiß, wer ihn damals erpresst hat. Und nur weil er glaubt, der Kerl habe nichts mit den Morden zu tun, verrät er uns dessen Identität nicht. Oder weil er denkt, der Kerl würde Rache nehmen.«
    »Nun, ist es nicht Aufgabe der Kriminalpolizei, solche Rätsel zu lösen?«, fragte der Gerichtsmediziner zuckersüß und schob sich einen Pilz in den Mund. »Und vielleicht sollten Sie

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