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Gurkensaat

Gurkensaat

Titel: Gurkensaat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Steinhauer
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hat mir gesagt, dass sie Maurice bitter gehasst hat. Aber sie behauptet, sie habe ihn nicht getötet.«
    »Sie hat mit dir gesprochen? Das ist ja prima!«
    »Nein, Albrecht. Wir haben dieses Gespräch etwas anders geführt.« Er erklärte seine Methode.
    »Vielleicht hat sie dich belogen und war es doch. Du hast im Augenblick keine Möglichkeit, diese ›Aussage‹ zu überprüfen«, gab Wiener zu bedenken.
    »Dieser Fall bietet eine so unglaubliche Fülle von Szenarien, die ich mir alle gar nicht vorstellen mag! Gerade gestern hat mir Emile dargelegt, warum der Vater prima als Täter infrage kommt, die leibliche Mutter ist aber ebenso verdächtig, der Stiefvater, der Großvater, selbst die Großmutter! Und alles wegen der Gurken!«, polterte Nachtigall und ließ seine flache Hand krachend auf den Tisch sausen. »So was will ich nicht glauben!«
     
    Traute räumte ihre Gartengeräte in einen winzigen, ziemlich baufälligen Schuppen. Den hatte ihr Mann selbst gezimmert, damals, kurz nach der Wende, als er noch glaubte, er habe seine Zukunft hier. Ihr Magen verkrampfte sich noch immer, wenn sie an ihn dachte. Dieser hormongesteuerte, unzuverlässige … Stopp!, rief sie sich zur Ordnung, über Tote sollte man nicht schlecht sprechen. Auch nicht im Geiste. Er hatte für seine Eskapaden mit diesen Flittchen bezahlt. Schlaganfall, monatelanges Siechtum, Tod. Traute klopfte sich die Erde von der Hose. Sie sollte nicht undankbar sein. Für sie war vorgesorgt gewesen.
    Seufzend schloss sie die störrische Tür. Jetzt würde sie sich bei einer ordentlichen Tasse Tee mit Schuss aufwärmen. Das Display ihres Telefons, das sie routinemäßig checkte, zeigte 25 verpasste Anrufe.
    »Da arbeite ich einmal den ganzen Nachmittag draußen und schon will Hinz und Kunz mir etwas Wichtiges mitteilen! An anderen Tagen langweile ich mich fast zu Tode! Da ruft hier keiner an, sind alle beschäftigt.«
    Neugierig rief sie die erste gespeicherte Nummer zurück, klemmte das Telefon zwischen Schulter und Kinn ein, während sie dem regelmäßigen Klingeln lauschte und gleichzeitig das Wasser für den Tee aufsetzte.
    »Na endlich! Wo warst du denn den ganzen Tag? Ich habe x-mal versucht, dich zu erreichen«, schimpfte die Stimme am anderen Ende der Leitung ungehalten. »Stell dir nur vor: Friederikes Sohn ist tot. Ermordet!«
    Es gab nicht viele Situationen in Trautes Leben, in denen es ihr je die Sprache verschlagen hatte, aber dies war eine. Sie spürte, wie ihre Knie nachgaben, klammerte sich an die Arbeitsfläche und keuchte.
    »Traute? Bist du noch dran?«
    »Ja«, wisperte sie nach einer langen Pause. »Ich glaube schon.«
    »Den Kopf hat man ihm eingeschlagen. Als er auf die blöden Schafe vom Nagel aufgepasst hat. Und ›Mörder‹ soll an den Bäumen gestanden haben, geschrieben mit seinem eigenen Blut.«
    »So ein Blödsinn, Caroline!« Traute hatte mühsam ihre Fassung wiedergewonnen. »Wen sollte der Wolfgang wohl umgebracht haben? Red nicht so dumm daher!«
    »Ich rede nicht dumm daher«, widersprach Caroline beleidigt. »Es stimmt. Korbinian Nagel hat die Leiche gefunden.«
    »Und danach musste er zur Stärkung seiner Nerven erst einmal mehrere Schnäpse kippen! Solche Geschichten zu erzählen, das passt zu ihm. Wenn er besoffen ist, geht eben die Fantasie mit ihm durch. Er ist nur ein Mann!«
    »Friederike ist im Krankenhaus. Sie hatte bestimmt einen Nervenzusammenbruch. Wenn ich mir das vorstelle, jemand nimmt ihr das Liebste, das sie je hatte, bekomme ich richtig Gänsehaut«, ächzte Caroline und Traute verzog angewidert das Gesicht.
    »Friederike wird sich ein neues Hobby suchen müssen«, gab sie kalt zurück. »Der Wolfgang wäre über kurz oder lang sowieso abgehauen. Kein junger Mann lässt sich so eine Kontrolle rund um die Uhr auf Dauer gefallen. Der muss eine Engelsgeduld gehabt haben.«
    »Traute!«, schrie Caroline empört auf. »Wie kannst du nur so herzlos sein?«
    »Ich bin nicht herzlos, nur realistisch. Du mit deiner romantischen Verklärerei! Aber wirklich beunruhigend bei der ganzen traurigen Angelegenheit ist doch, dass in unserer Gegend offensichtlich ein brutaler Mörder rumschleicht.« Sie hatte die Stimme gesenkt und einen unheimlichen Ton angeschlagen.
    »Vielleicht ist es ein Serientäter. Einer, der zu seinem eigenen Vergnügen tötet«, hauchte Caroline verängstigt zurück.
    »Oder jemand versucht ein Ablenkungsmanöver«, erklärte Traute unbeeindruckt, goss das heiße Wasser über den Grünen Tee

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