Gut geküsst ist halb gewonnen: Roman (German Edition)
oben, mit zwei Verbindungslinien zum zweiten und dritten Mordopfer.
Er schnappte sich eine Tasse Kaffee und nahm Platz. Er schlug sein Notizbuch auf und blätterte zu den Aufzeichnungen, die er sich über Lucy gemacht hatte. Alles, was er vorzuweisen hatte, waren Indizienbeweise, aber wenn er sie zusammensetzte, ergab sich daraus ein ziemlich belastendes Bild. Er ließ seinen goldblau gestreiften Schlips durch die Hand gleiten und fragte sich, wie lange es wohl dauern würde, bis ihn jemand auf den Kuss ansprach, den er Lucy am Freitagabend gegeben hatte.
»Mit Maureen hast du jedenfalls nicht so rumgeknutscht wie mit Lucy«, frotzelte Kurt breit grinsend, als er den Raum betrat und sich neben Quinn setzte.
»Neidisch?«, fragte Quinn lächelnd, während er die Manschette seines Oberhemds zurückschob, um auf die Uhr zu sehen. Eine Minute nach acht. Kurt hatte eine ganze Minute
gewartet. Wenn überhaupt, dann war Quinn überrascht, dass Kurt ihn nicht schon am Samstagabend damit aufgezogen hatte, als sie sich vor seiner Verabredung mit Maureen trafen.
»Nicht neidisch. Beeindruckt, wie effektiv du arbeitest.«
»Ich musste Lucy davon überzeugen, dass sie mich wiedersehen wollte. Maureen brauchte keine Überzeugungsarbeit.« Er blätterte eine Seite weiter. Wäre sein Date mit Lucy eine echte Verabredung gewesen, wäre er mit mehr Finesse vorgegangen. Er hätte sich Zeit gelassen und sie um ihre Telefonnummer gebeten. Hätte er Zeit gehabt, hätte er sie durch Charme dazu gebracht, ihm zu geben, was er wollte, statt sie einfach zu packen und mit einem Kuss zu unterwerfen. Wenn er die Wahl hatte, ließ Quinn es lieber langsam angehen, obwohl er zugeben musste, dass es auch nicht schlecht gewesen war, sie einfach zu packen und loszulegen. Überhaupt nicht. Vielleicht war es sogar ein wenig zu gut gewesen.
»So wie Lucy gestöhnt hat, war das ganz schön überzeugend.«
»Es ist ein schmutziges Geschäft, Weber.« Er hatte auch nicht damit gerechnet, dass es so leicht ginge. Eher damit, dass Lucy ihn wegstoßen und ihm eine scheuern würde.
»Aber irgendwer muss es ja erledigen. Stimmt’s?«
»Stimmt.« Statt ihm eine zu scheuern, hatte sie etwas völlig Unerwartetes getan und sich an seine Brust geschmiegt. Ihre überraschende Reaktion hatte ihn fast umgehauen, und einen Augenblick lang, während er ihren Mund schmeckte und den heißen Sog des Verlangens spürte, hatte er vergessen, wer sie war und warum er eigentlich dort stand und sie
mitten auf der Straße küsste. Für wenige Momente war sie nur eine schöne Frau und er nur ein Mann. Er hatte zugelassen, dass ihre leidenschaftliche Reaktion sich auf sein Hirn auswirkte und auf andere Körperteile weiter unten. Für wenige Momente hatte er vergessen, dass er nur seine Arbeit machte.
»Ich kann’s dir nicht verdenken, dass du keine Lust hattest, mit Bignsassy Mandelhockey zu spielen«, frotzelte Kurt und lenkte Quinns Gedanken von dem Kuss mit Lucy ab. »Nachdem ich mir das neueste Band angehört habe, bin ich überzeugt, dass du Recht hast. Sie ist strohdoof. Mir ist schleierhaft, wie die Frau zu einem festen Job kam.«
»Maureen arbeitet für die Regierung«, erklärte Quinn. Zwischen der raschen Umarmung und dem Küsschen auf die Wange, mit dem er sich von Maureen verabschiedet hatte, und dem DNA-Austausch mit Lucy lag ein himmelweiter Unterschied. Er hatte schon immer an der Art, wie eine Frau küsste, voraussagen können, ob sie gut im Bett war. Und Lucys Kuss hatte ihn schier umgehauen.
Anita Landers betrat den Einsatzbesprechungsraum, gefolgt von Sergeant Mitchell. Gemeinsam gingen sie die neuesten Laborberichte durch. Quinn überraschte es nicht, dass weder Lucys noch Maureens Fingerabdrücke mit denen übereinstimmten, die an den drei Tatorten gefunden worden waren. Nichts von dort stimmte miteinander überein. Außer ein paar langer, blonder Haare, die an allen drei Opfern gefunden worden waren, die aber synthetisch waren. Also hatten sie immer noch nichts Stichhaltiges vorzuweisen.
Das Gespräch kam von den Fingerabdrücken auf die neuesten
Bänder. »Informier mich über alles Neue, das du gestern Abend erfahren hast«, bat der Sergeant.
Quinn blätterte ein paar Seiten weiter zu den Notizen, die er sich beim Anhören des letzten Bandes gemacht hatte. »Lucy Rothschild behauptet immer noch, Krankenschwester zu sein. Sie räumt ein, in den letzten Monaten die Stadt nicht verlassen zu haben, und gibt an, nicht mehr mit Männern auszugehen,
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