Gut geküsst ist halb gewonnen: Roman (German Edition)
rauben. »Seine Frau ist letztes Jahr gestorben, und er ist einsam.«
»Oh-oh.« Adele stellte den Pfeffer ab und lehnte sich zurück.
»Was denn?«, fragte Lucy, obwohl sie die Antwort wusste.
»Du wirst ihn wieder retten wollen, genau wie all die anderen.«
»Nein, werd ich nicht.«
»Das sagst du immer«, erinnerte Clare sie. »Und du lässt dir immer das Herz brechen.« Kopfschüttelnd schnitt sie ihre Enchilada an. »Wenn du dich mit ihm einlässt, sorg dafür, dass er dich gut behandelt. Wie Lonny. Er ist die Liebe meines Lebens.«
Während Clare auf ihren Lunch herabsah, warfen sich die anderen drei bedeutungsvolle Blicke zu. Clares Freund, Lonny, war ein netter Kerl, und er behandelte sie wirklich gut. Er vergaß nie ihren Geburtstag oder Jahrestage und war weder eifersüchtig noch besitzergreifend. Er wäre der perfekte Freund, wenn er nicht schwul wäre. Alle wussten das. Alle, so schien es, außer Clare. Entweder war sie doch nicht so schlau, wie ihre vielen akademischen Grade nahelegten, oder sie wollte es einfach nicht wahrhaben. Lucy und die anderen glaubten eher Letzteres. Clare war eine tolle Frau und eine wunderbare Freundin, aber es war, als wäre sie von einem Kraftfeld umgeben, von dem alles Unangenehme abprallte. Insgeheim hatten sie alle Angst davor, was passieren würde, wenn sie herausfand, dass »die Liebe ihres Lebens« hinter ihrem Rücken in der Balcony Bar Männer liebte.
»Ihr irrt euch. Ich fühle mich nicht zu Quinn hingezogen, weil er mir leid tut. Oder weil er gerettet werden muss. Ich fühle mich zu ihm hingezogen, weil …« Sie dachte an seine ernsten braunen Augen und langen Wimpern. Sein kantiges, mit Bartstoppeln überzogenes Kinn und den sinnlich geschwungenen Mund. »Denn wenn er mich ansieht, sieht er mich richtig an. Wenn er mir Fragen über mein Leben stellt,
habe ich das Gefühl, dass er es wirklich wissen will. Dass er nicht nur fragt, damit er die restliche Zeit über sich sprechen kann. Wenn ich mit ihm zusammen bin, gibt er mir das Gefühl, dass er mich wirklich mag.« Sie aß einen Bissen und sah in die verblüfften Gesichter ihrer Freundinnen. »Was ist?«
»Du klingst, als wärst du in ihn verknallt«, verkündete Maddie.
»Ja«, stimmte Adele zu.
Clare nickte. »Genauso klingt es.«
»Nein, klingt es nicht. Ich muss ein Buch schreiben. Ich kann keine Zeit mit einem Mann vergeuden.« Lucy griff nach ihrem Drink. »Und außerdem kenne ich ihn nicht gut genug, um mich in ihn zu verknallen. Die meiste Zeit über weiß ich nicht mal, ob seine Aufmerksamkeit mir schmeichelt oder mir Angst macht.«
Eine Falte erschien zwischen Maddies dunklen Augenbrauen. »Warum hast du Angst? Ist er verrückt? Was hat er gemacht?«
»Nichts. Vielleicht ist Angst ein zu starker Ausdruck.« Lucy hielt inne und legte den Kopf schief. »Verwirrt ist vielleicht besser.«
»Warum bist du verwirrt?«
»Weil er mich öfter sehen will. Er will mich anrufen, mit mir ausgehen und –«
»Er macht dir den Hof«, erklärte Clare.
»Wahrscheinlich.« Lucy schwieg kurz, um ihre Gedanken zu ordnen. »Ich habe bloß noch nie einen Mann getroffen, der mich gleich so oft sehen wollte. Ihr wisst ja, wie Männer sind, sie führen einen aus und rufen vielleicht nach einer
Woche oder auch zweien oder gar nicht wieder an. Quinn scheint nicht zu wissen, dass er mich eigentlich am Telefon warten lassen müsste, damit ich mir Gedanken mache, warum er mich nicht um eine zweite Verabredung bittet.«
»Warte.« Adele hielt ihre Gabel hoch. »Du willst nicht mit ihm ausgehen, weil er sich anscheinend wirklich für dich interessiert? Na, das ist verrückt.«
Lucy zuckte mit den Achseln. Vielleicht, aber er hatte irgendetwas, was sie nicht genau benennen konnte. Etwas, das ihr sagte, dass er zu gut war, um wahr zu sein, und die Erfahrung sagte ihr, wenn etwas zu gut aussah, um wahr zu sein, war es auch so. »Vielleicht traue ich der Geschichte mit der verstorbenen Frau nicht. Ich habe zwar nicht den Eindruck, dass er lügt – nicht unbedingt. Ich kann nicht sagen, woran es liegt, aber ich traue ihm nicht ganz.« Sie schüttelte den Kopf und schnitt in ihre Chimichanga. »Vielleicht bin ich einfach zu misstrauisch.«
Adele blickte von ihrem Salat auf. »Bring ihn dazu, dich zu sich nach Hause einzuladen. Wenn er dich nicht mitnehmen will, ist seine Frau wahrscheinlich gar nicht tot.«
»Bist du besoffen? So hat Richard Franko fünf seiner Opfer in die Falle gelockt«, warnte Maddie, die sich
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