Gut geküsst ist halb gewonnen: Roman (German Edition)
Vielleicht hätte sie Gott lieber bitten sollen, ihr Herz zu heilen, statt ihren Kopf. Der einzige Trost, wenn auch nur ein kleiner, war, dass sie Quinn nie mehr wiedersehen musste.
Lucy zog sich die Klamotten aus und schlüpfte in ihren Bademantel. Dann tapste sie in die Küche und kochte Kaffee. Während er durchlief, fütterte sie Schnuckel und holte die Leserbriefe aus ihrer Handtasche. Drei davon wiesen dieselbe mit Schreibmaschine getippte Anschrift und einen Poststempel aus Boise auf. Die anderen kamen aus Kalifornien und Michigan. Die Leserin aus Kalifornien pries Lucys Talent und schrieb, dass sie sich auf ihr nächstes Buch freute. Diesen Brief legte Lucy beiseite, um ihn mit den anderen Briefen von Lesern abzuheften, denen sie zum Dank ein paar Zeilen schreiben und ein Lesezeichen schicken wollte. Der Verfasser des Briefes aus Michigan war nicht so voll des Lobes. Er wies sie darauf hin, dass die Flugbahn einer Kugel in ihrem zweiten Roman physikalisch unmöglich war. Er hatte sogar ein Diagramm gezeichnet und wollte wissen, ob sie überhaupt recherchierte. Diesen Brief entsorgte Lucy im Mülleimer.
Die übrigen drei Briefe nahm sie mit zur Theke und schenkte sich eine Tasse Kaffee ein. Nach einem Blick auf die Poststempel öffnete sie den ältesten Brief, der Mitte Februar abgeschickt worden war.
Ich bin Ihr größter Fan. Ich habe alles gelesen, was Sie geschrieben haben, und halte mich für eine Rothschild-Liebhaberin.
Liebhaberin? Das war leicht übertrieben, fand Lucy, und lehnte sich mit dem Po an die Theke.
Ich habe Ihre Karriere aufmerksam verfolgt und alle Ihre Bücher gelesen. Ich habe großen Respekt vor Ihrem Talent. Sie haben mir geholfen, gesund zu bleiben, als ich fürchtete, in dieser verrückten Welt den Verstand zu verlieren.
Sie haben mir Stunden atemloser Spannung geschenkt, und ich würde mich gern dafür revanchieren. Deshalb möchte ich meinen eigenen kleinen Krimi mit Ihnen teilen.
Lucy trank einen Schluck Kaffee. Aus rechtlichen Gründen las sie keine unveröffentlichten Manuskripte. Sie würde dieser Person schreiben und ihr sagen müssen, dass sie sich das Portogeld sparen sollte. Sie inspizierte den Briefumschlag, der auf der Theke lag, und merkte, dass kein Absender darauf stand. Merkwürdig.
Bestimmt werden Sie meinen kleinen Krimi genauso schätzen, wie ich Ihre stets geschätzt habe. Quid pro quo, sage ich immer.
Meine Geschichte beginnt so. Eine Frau, die es leid ist, ständig mit Versagern auszugehen, die nur auf Sex aus sind, beschließt, gegen sie vorzugehen. Wie eine Selbstschutzorganisation sozusagen. Um die Welt von Perversen und Degenerierten zu säubern. Männer, die sich nicht binden können oder schlicht Jammerlappen sind. Männer, die ihre Frauen oder Freundinnen schlagen, sie betrügen und um ihr Geld prellen, ganz zu schweigen von den vielen gebrochenen Herzen, die sie hinterlassen. Haben Sie sich je gefragt, warum ihnen nie etwas Schlimmes zustößt? Warum sie sich unbekümmert das nächste Opfer suchen können? Nun, gegen diese Männer sollte etwas unternommen werden. Sie verdienen es, den Schmerz, den sie verursachen, am eigenen Leib zu spüren, wenn sie den letzten Atemzug tun.
Zuerst habe ich mit dem Gedanken gespielt, ein Buch über diese miesen Schweine zu schreiben, doch mir fehlt es an Disziplin. Außerdem sind die Chancen, veröffentlicht zu werden, verschwindend gering. Daher habe ich beschlossen, es auszuleben.
Lucy richtete sich ruckartig auf und spürte, wie sich ihre Stirn anspannte.
Lesen Sie die Titelseite des Statesman vom 25. Februar. Was die Zeitung nicht erwähnt hat (weil sie nicht wissen
konnte, was nicht einmal die Polizei weiß) ist, dass Charles Wilson so heftig um sich getreten hat, dass ich fürchtete, er würde sein Bett auseinanderkicken, und ich seine Beine herunterdrücken musste. Er war verängstigt und armselig. Poetische Gerechtigkeit, finde ich.
Gefällt Ihnen meine Arbeit? Ich würde mich sehr gern mit Ihnen hinsetzen und Ihre Kritik hören. Hören, wie Sie darüber denken, doch das ist natürlich unmöglich.
Tja, ich muss jetzt Schluss machen.
So viele Männer. So wenig Zeit. So viel zu tun.
Lucy griff nach dem nächsten Brief und öffnete ihn. Diesmal zog sie neben einem Brief auch den Zeitungsausschnitt einer Titelgeschichte heraus. Das Foto eines Hauses, das mit gelbem Polizeiabsperrband abgeriegelt war, dominierte die halbe Seite. Die Schlagzeile lautete: DAVE ANDERSON, ZWEITES OPFER IM EIGENEN BETT
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