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Gut reicht voellig

Gut reicht voellig

Titel: Gut reicht voellig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Stackelberg
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Süddeutschen Zeitung, der sich mit dem Thema „Ständige Erreichbarkeit“ beschäftigte, hatte den Untertitel: „Wie wir verlernen, mit uns selbst alleine zu sein.“
    Lernen Sie doch wieder, mit sich allein zu sein!
Falle 5: Ich muss als Mutter/Vater perfekt sein
    Leistungsdruck beginnt schon früh … auch für Eltern
    „Ach, Ihr Sohn macht nicht bei der musikalischen Früherziehung mit? Also, für unseren Max ist das ja ganz wichtig!“ Oder: „Ach, Ihre Tochter absolviert kein Auslandssemester? Unsere Lisa ist jetzt schon das dritte Mal im außereuropäischen Ausland unterwegs, das erweitert ja ungemein den Horizont!“
    Kennen Sie solche oder ähnliche Sätze? Werden Sie dann schnell nervös oder bekommen ein schlechtes Gewissen? Weil Sie Ihr Kind vielleicht nicht derart umfassend fördern? Weil Ihr Sohn vielleicht zum Fußball, aber nicht auch noch zum Reiten, zu Englisch und zum Klavierunterricht geht? Weil Sie Ihre Tochter nicht mit dem Auto in die Schule fahren, sondern sie auch bei Regen mit dem Fahrrad fahren lassen? Weil Sie nicht jede Woche in Elternsprechstunden sitzen und sich beschweren, dass die Hochbegabung Ihres Kindes immer noch nicht erkannt und gefördert wird? Weil Sie vielleicht zwei oder drei Erziehungsratgeber gelesen haben, aber keine vollständige Bibliothek davon zu Hause haben? Weil Ihr Kind vielleicht auch mal einen Apfel von Aldi bekommt und nicht nur biologisch-dynamisch-rechtsdrehende? Weil Ihr Kind auch mal ganz gepflegte Langeweile haben darf, anstatt an fünf Nachmittagen die Woche pädagogisch wertvoll gefördert zu werden?
    Eine Mutter von zwei Kindern sagte mir einmal auf einem Elternabend, den ich als Referentin in einem Kindergarten abhielt: „Man muss heutzutage als Mutter oder Vater schon ganz schön selbstbewusst sein, um sich nicht ständig verunsichern und kirre machen zu lassen von den Millionen guter Tipps, Schwarzmalereien, perfekter Eltern und Erziehungsratgebern!“
    Seltsam, oder? Früher ging es doch auch ohne – Generationen von Kindern sind nicht nur groß, sondern auch richtig glücklich, erfüllt und erfolgreich geworden ohne 1001 Ratschläge, Förderung und Extrabehandlung. Entweder weil es noch nicht so viele Angebote gab, die Elternschlichtweg keine Zeit dafür hatten oder sie sich vielleicht ein Stückchen mehr auf ihren gesunden Menschenverstand verlassen hatten.
    Seit 16 Jahren arbeite ich immer wieder viel für Kindergärten und ich erlebe eine deutlich zunehmende Verunsicherung der Eltern. Sie können mir zwar druckreife Vorträge darüber halten, was sie schon alles gelesen, ausprobiert, neu entdeckt haben für den Umgang mit ihren Sprösslingen, gucken mich aber trotzdem sehr ratlos an, weil sie nicht wissen, wie sie ihrem kleinen, sehr aggressiven Sohn begegnen sollen. Und noch ratloser – und auch skeptischer – gucken sie, wenn ich ihnen dann empfehle: „Setzen Sie sich einmal ganz in Ruhe hin, beobachten Sie Ihren Sohn, wenn er wieder einmal derart tobt – und versuchen Sie, nachzuempfinden, wie es ihm dabei gehen mag und was er wohl brauchen könnte in diesem Augenblick.“
    Wie jetzt? Hinsetzen, gucken, einfühlen? Das soll alles sein? Mehr nicht? So etwas stand aber nicht in den vielen klugen Büchern von den vielen klugen Menschen, die sich so viele goldene Nasen verdienen mit ihren Büchern, die die Verunsicherung der Eltern nur noch mehr schüren. So einfach kann es doch nicht wirklich sein, das muss doch viel komplexer und anspruchsvoller sein, das mit der Kindererziehung?
    Kindererziehung ist anspruchsvoll, ja. Und manchmal doch so einfach, ja. Hinschauen, einfühlen. Sie brauchen kein Hochschulstudium dafür. Sondern gesunden Menschenverstand, Herz, Empathie, Offenheit, Zeit und Achtsamkeit.
    Eine Mutter, der ich den gerade genannten Tipp für den Umgang mit ihrem aggressiven Kind gab, rief mich Wochen später an und erzählte: „Als er mal wieder so richtig außer sich war und herumtobte, da hab ich mich wirklich einfach mal hingesetzt, ihn beobachtet und versucht, mich in ihn hineinzufühlen. Und plötzlich kamen mir die Tränen. Mir wurde schlagartig klar, dass diese Toberei unglaublich anstrengend für ihn sein muss. Er kann da nicht wirklich Spaß dran haben. Und dann habe ich ihn ganz, ganz fest in den Arm genommen.“
    Kinder brauchen Verlässlichkeit, Sicherheit, Klarheit und Liebe. Dazu müssen Eltern nicht Gott weiß was tun , das Da-Sein, das zuverlässige Einfach-da-Sein ist oft schon so viel wert. Kinder wollen

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