Gute Geister - Stockett, K: Gute Geister - The Help
hält sich grad noch am Rand von der Kloschüssel fest. »Lassen Sie mich – ich will hierbleiben.«
»Na gut.« Ich geh rückwärts ins Schlafzimmer. »Doktor Tate wird gleich da sein. Die haben ihn daheim angerufen.«
»Kommen Sie her, Minny? Setzen Sie sich zu mir, bitte?«
Aber von dem Klo kommt warme, eklige Luft rüber. Ich überleg, setz mich dann so, dass ich mit dem halben Hintern im Bad sitz und mit der anderen Hälfte draußen. Aber so auf Klohöhe riech ich’s jetzt richtig. Es riecht wie Fleisch, wie Hackfleisch, das auf der Arbeitsplatte auftaut. Ich krieg so eine Art Panikanfall.
»Kommen Sie da raus, Miss Celia. Sie brauchen Luft.«
»Ich darf den Teppich nicht vollbluten … sonst merkt es Johnny.« Die Adern an Miss Celias Arm schimmern richtig schwarz durch die Haut. Ihr Gesicht wird immer weißer.
»Sie sehen langsam komisch aus. Trinken Sie bisschen von der Co-Cola.«
Sie nimmt einen Schluck, sagt: »Oh, Minny.«
»Wie lang bluten Sie schon?«
»Seit heute Morgen«, antwortet sie und fängt an, in ihre Armbeuge zu weinen.
»Ist ja gut, das wird wieder«, sag ich, und ich kling wirklich beruhigend und zuversichtlich, aber mein Herz hämmert wie wild. Klar, Doktor Tate kommt, um Miss Celia zu helfen, aber was ist mit dem Ding da im Klo? Was soll ich damit machen, runterspülen? Und wenn’s im Rohr steckenbleibt? Man muss es rausfischen. O Gott im Himmel, wie soll ich mich dazu bringen?
»Da ist so viel Blut«, jammert sie und lehnt sich an mich. »Warum ist da diesmal so viel Blut?«
Ich heb den Kopf und guck nur ganz bisschen in die Kloschüssel. Aber ich muss schnell wieder wegschauen.
»Johnny darf es nicht sehen. O Gott, wenn … wie spät ist es?«
»Fünf vor drei. Wir haben noch Zeit.«
»Was sollen wir damit machen?«, fragt Miss Celia.
Wir. Vergib mir, Gott, aber ich wollt, da wär jetzt grad kein »Wir«.
Ich mach die Augen zu, sag: »Eine von uns muss es wohl rausholen.«
Miss Celia guckt mich mit ihren rotgeränderten Augen an. »Und wohin tun?«
Ich kann sie nicht anschauen. »Ich denk … in den Mülleimer. «
»Bitte, tun Sie’s jetzt gleich.« Miss Celia legt den Kopf auf die Knie, wie wenn sie sich schämt.
Nun sind da nicht mal mehr wir. Jetzt heißt es, tun Sie’s. Fischen Sie mein totes Baby aus der Kloschüssel.
Und was bleibt mir andres übrig?
Ich hör ein Wimmern aus mir rauskommen. Der Fliesenboden quetscht meinen Hintern. Ich setz mich anders hin, stöhn, versuch drüber nachzudenken. Ich mein, ich hab schon
Schlimmeres gemacht, oder? Mir fällt nichts ein, aber irgendwas muss es doch gegeben haben.
»Bitte«, sagt Miss Celia, »ich … ertrage den Anblick nicht mehr.«
»Okay.« Ich nick, wie wenn ich wüsst, was ich tu. »Ich kümmer mich um das da.«
Ich steh auf, versuch, praktisch zu denken. Wo ich’s hintu, weiß ich – in den weißen Mülleimer neben dem Klo. Und dann das ganze Ding draußen in den Müll. Aber womit soll ich’s rausholen? Mit der Hand?
Ich beiß mir auf die Unterlippe, versuch ruhig zu bleiben. Vielleicht sollt ich einfach warten. Vielleicht … vielleicht will der Arzt es ja mitnehmen, wenn er da ist! Um’s zu untersuchen. Wenn ich Miss Celia fünf Minuten davon ablenken kann, brauch ich mich vielleicht gar nicht drum zu kümmern.
»Das machen wir gleich«, sag ich, wieder mit der beruhigenden Stimme. »Was meinen Sie, wie weit Sie schon waren?« Ich schieb mich langsam näher an die Kloschüssel ran, trau mich nicht, mit Reden aufzuhören.
»Im fünften Monat? Ich weiß nicht.« Miss Celia hält sich ein Handtuch vors Gesicht. »Ich habe geduscht und gespürt, wie es so nach unten gedrückt hat, richtig schmerzhaft. Also habe ich mich auf die Toilette gesetzt, und es ist einfach herausgerutscht. Als ob es aus mir herauswollte.« Sie fängt wieder an zu schluchzen, dass ihre Schultern zucken.
Ganz vorsichtig mach ich den Klodeckel zu, und setz mich wieder auf den Boden.
»Als ob es lieber tot sein wollte, als noch eine Sekunde in mir drin zu bleiben.«
»Jetzt hören Sie aber mal, das sind einfach nur Gottes Wege. Wenn bei Ihnen innendrin irgendwas falsch läuft, muss die Natur halt was machen. Beim zweiten Mal wird’s sicher klappen.«
»Das war … das zweite Mal.«
»O Heiliger.«
»Wir haben geheiratet, weil ich schwanger war«, sagt Miss Celia, »aber da … ist es auch einfach rausgerutscht.«
Ich kann keine Sekunde mehr an mich halten. »Aber warum zum Teufel trinken Sie dann? Sie wissen doch,
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