Gute Geister - Stockett, K: Gute Geister - The Help
von anderen Leuten saubermach, hat mir keiner gesagt, was man macht, wenn die weiße Lady, bei der man arbeitet, halbtot auf einen drauf fällt.
»Wachen Sie auf, Miss Celia!«, schrei ich, aber sie ist ein weicher, weißer Klumpen neben mir, und ich kann nichts machen, wie dasitzen und zittern und warten.
Viele Minuten vergehen, eh’s endlich an der Hintertür klingelt. Ich lass Miss Celias Kopf auf ein Handtuch runter, zieh die Schuh aus, damit ich das Blut nicht im ganzen Haus verteil, und renn zur Tür.
»Sie ist ohnmächtig!«, ruf ich dem Doktor zu, und die Krankenschwester zwängt sich an mir vorbei und marschiert nach hinten, wie wenn sie sich hier auskennt. Sie zieht das Riechsalz raus und hält es Miss Celia unter die Nase, und Miss Celia ruckt mit dem Kopf, stößt einen kleinen Schrei aus und macht die Augen auf.
Die Schwester hilft mir, Miss Celia das blutige Nachthemd auszuziehen. Miss Celia hat die Augen offen, kann aber kaum aufstehen. Ich tu alte Handtücher auf das Bett, und wir legen sie hin. Ich geh in die Küche, wo Doktor Tate sich grad die Hände wäscht.
»Sie ist im Schlafzimmer«, sag ich. Nicht in der Küche, du Schlange. Er ist über fünfzig, der Doktor Tate, und einen halben Meter größer wie ich. Er hat ganz weiße Haut und ein langes, schmales Gesicht, das nicht das kleinste Gefühl zeigt. Schließlich geht er nach hinten zum Schlafzimmer.
Wie er grad die Tür aufmachen will, berühr ich ihn am Arm. »Ihr Mann soll es nicht wissen. Er kriegt es doch nicht mit, oder?«
Er guckt mich an, wie wenn ich nur ein Nigger wär, und sagt: »Meinen Sie nicht, dass es ihn etwas angeht?« Er tritt ins Schlafzimmer und macht mir die Tür vor der Nase zu.
Ich lauf in der Küche auf und ab. Eine halbe Stunde vergeht, eine Stunde, und mir pocht der Schädel, weil ich so Angst hab, Angst, dass Mister Johnny heimkommt und alles mitkriegt, Angst, dass Doktor Tate ihn anruft, Angst, dass sie das tote Baby in der Kloschüssel mir überlassen. Endlich macht Doktor Tate die Tür auf.
»Wie geht’s ihr?«
»Sie ist hysterisch. Ich habe ihr eine Beruhigungstablette gegeben.«
Die Schwester geht um uns rum und zur Hintertür raus. Sie trägt einen weißen Blechkasten. Ich stoß den Atem aus, hab das Gefühl, ich tu’s zum ersten Mal seit Stunden.
»Beobachten Sie sie morgen«, sagt er und gibt mir eine weiße Papiertüte. »Geben Sie ihr noch eine Tablette, wenn sie zu unruhig wird. Die Blutungen werden noch anhalten. Aber rufen Sie mich nur dann an, wenn sie stark sind.«
»Sie sagen doch Mister Johnny nicht wirklich was, oder, Doktor Tate?«
Er zischt so fies durch die Zähne. »Sorgen Sie dafür, dass sie am Freitag ihren Termin nicht versäumt. Ich fahre nicht den ganzen Weg hier heraus, nur weil sie zu faul ist, zu mir zu kommen.«
Er marschiert raus und knallt die Tür hinter sich zu.
Auf der Küchenuhr ist es schon fünf. In einer halben Stunde kommt Mister Johnny. Ich schnapp mir das Clorox und die Lappen und einen Eimer.
Miss Skeeter
KAPITEL 19
Wir haben 1963. Das Weltraumzeitalter, sagen die Leute. Ein Mensch hat in einem Raumschiff die Erde umkreist, es gibt seit neuestem eine Pille, damit verheiratete Frauen nicht schwanger werden müssen. Bierdosen öffnet man jetzt mit einem Finger statt mit einem Dosenöffner. Aber im Haus meiner Eltern ist es immer noch genauso heiß wie 1899, als Urgroßvater es erbaut hat.
»Bitte, Mama«, flehe ich, »wann kriegen wir eine Klimaanlage? «
»Wir haben bis jetzt ohne elektrische Kühlung überlebt, und ich gedenke nicht, mir so einen scheußlichen Kasten ins Fenster setzen zu lassen.«
Und so bin ich, als der Juni ins Land geht, gezwungen, aus meinem Dachzimmer auf ein Klappbett auf der vergitterten Veranda umzuziehen. Als Carlton und ich noch Kinder waren, hat Constantine im Sommer immer mit uns hier draußen geschlafen, wenn Mama und Daddy zu einer Hochzeit weggefahren waren. Constantine schlief in einem altmodischen weißen Nachthemd, verhüllt vom Hals bis zu den Zehen, auch wenn es so heiß war wie im Hades. Sie sang uns zum Einschlafen immer vor. Ihre Stimme war so schön – ich konnte kaum glauben, dass sie nie Gesangsunterricht bekommen hatte. Mutter hatte mir doch immer erklärt, ohne richtigen Unterricht könne der Mensch nichts lernen. Es kommt mir so
unwirklich vor, dass sie hier war, auf dieser Veranda, und jetzt nicht mehr hier ist. Und niemand will mir irgendetwas sagen. Ich frage mich, ob ich sie je
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