Gute Geister - Stockett, K: Gute Geister - The Help
Studiengebühren bringen würde. Etwas, was sie nie getragen hat, und was sie mir in meinen Augen schuldig war, für alles, was
ich in dem Job bei ihr ertragen habe. Jetzt wird natürlich keiner von meinen Söhnen aufs College gehen. Die Geldstrafe ist fast so viel wie das, was wir gespart haben.
Mit besten Grüßen
Yule May Crookle
Frauenblock 9
Staatsgefängnis Mississippi
Im Staatsgefängnis. Mich schaudert. Ich schaue mich nach Pascagoula um, aber die ist ja hinausgegangen. Ich will sie fragen, wann das passiert ist, wieso es so schnell ging. Was man tun kann. Aber Pascagoula ist auf der Veranda, um Mutter zu helfen. Dort draußen können wir nicht reden. Mir ist schlecht. Ich schalte den Fernseher aus.
Ich denke an Yule May, sehe sie in einer Gefängniszelle sitzen und diesen Brief schreiben. Ich glaube, ich weiß sogar, welchen Ring sie meint – Hilly hat ihn von ihrer Mutter zum achtzehnten Geburtstag bekommen. Sie hat ihn vor ein paar Jahren schätzen lassen und festgestellt, dass es gar kein Rubin ist, nur Granat, so gut wie nichts wert. Hilly hat ihn nie getragen. Meine Hände ballen sich zu Fäusten. Das Geräusch der Eismaschine draußen klingt, als würden Knochen zermalmt. Ich gehe in die Küche, um auf Pascagoula zu warten, mehr zu erfahren. Ich werde es Daddy erzählen. Fragen, ob er etwas tun kann. Ob er einen Anwalt kennt, der bereit wäre, ihr zu helfen.
Um acht Uhr an diesem Abend gehe ich Aibileens Eingangsstufen hinauf. Heute hätte unser erstes Interview mit Yule May sein sollen, und obwohl ich weiß, dass daraus nichts wird, habe ich beschlossen, trotzdem herzukommen. Es regnet und windet stark, und ich raffe meinen Regenmantel um mich und die Büchertasche. Ich hatte die ganze Zeit vor, Aibileen anzurufen und mit ihr über die Situation zu reden, habe es aber nicht über mich gebracht. Stattdessen habe ich Pascagoula
regelrecht nach oben geschleift, damit Mutter uns nicht sehen konnte, und sie ausgefragt. »Yule May hat ja einen guten Anwalt gehabt«, erklärte Pascagoula, »aber alle sagen, die Frau vom Richter ist eine gute Freundin von Miss Holbrook, und für so geringfügigen Diebstahl würd man normal sechs Monate kriegen, aber Miss Holbrook hat’s auf vier Jahre hochgeboxt. Die Gerichtsverhandlung war schon vorbei, eh sie richtig losgegangen war.«
»Ich könnte Daddy fragen. Er könnte ihr vielleicht einen … weißen Anwalt besorgen.«
Pascagoula schüttelte den Kopf. »Es war ein weißer Anwalt.«
Ich klopfe an Aibileens Haustür, und Scham überkommt mich. Ich dürfte nicht an meine eigenen Probleme denken, wenn Yule May im Gefängnis sitzt, aber ich weiß, was das für das Buch bedeutet. Wenn die Dienstmädchen gestern noch Angst hatten, uns zu helfen, dann versetzt sie der Gedanke heute in helle Panik.
Die Tür geht auf, und da steht ein Farbiger und mustert mich von oben bis unten. Sein weißer Pfarrerskragen schimmert im Dunkeln. Ich höre Aibileen sagen: »Ist okay, Reverend. « Er zögert, tritt dann aber beiseite, um mich einzulassen.
Drinnen drängen sich mindestens zwanzig Leute in dem winzigen Wohnzimmer und im Flur. Der Fußboden ist nicht mehr zu sehen. Aibileen hat die Küchenstühle geholt, aber die meisten Leute stehen. In der Ecke entdecke ich Minny, noch in ihrer Dienstmädchenuniform. Neben ihr erkenne ich Lou Anne Templetons Mädchen, Louvenia, aber sonst sind mir alle fremd.
»Hey, Miss Skeeter«, flüstert Aibileen. Auch sie trägt noch ihre weiße Uniform und weiße Gesundheitsschuhe.
»Soll ich …?« Ich zeige hinter mich. »Ich komme später wieder«, flüstere ich.
Aibileen schüttelt den Kopf. »Yule May ist was Schreckliches passiert.«
»Ich weiß«, sage ich. Im Zimmer ist es ganz still, bis auf ein
paar Huster. Ein Stuhl knarrt. Auf dem kleinen Holztisch stapeln sich Gesangbücher.
»Ich hab’s heut erst rausgefunden«, sagt Aibileen. »Sie ist am Montag festgenommen worden, Dienstag schon ins Gefängnis gekommen. Sie sagen, die ganze Gerichtsverhandlung hat grad mal eine Viertelstunde gedauert.«
»Sie hat mir einen Brief geschrieben«, erwidere ich. »Mir von ihren Söhnen erzählt. Pascagoula hat mir den Brief gegeben.«
»Hat sie Ihnen gesagt, dass ihr nur noch fünfundsiebzig Dollar für die Studiengebühren gefehlt haben? Sie hat Miss Hilly gefragt, ob sie ihr das Geld leiht. Sie würd ihr jede Woche was zurückzahlen. Aber Miss Hilly hat nein gesagt. Eine wahre Christin würd keinem Almosen geben, der gesund und
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