Gute Geister - Stockett, K: Gute Geister - The Help
seufze, drehe mich um und stelle mich Hilly. Sie trägt ein marineblaues Matrosenkleid, wie man es einer Fünfjährigen anziehen würde. Die Falten über ihren Hüften sind auseinandergezogen wie ein Akkordeonbalg. Jetzt sind nur noch wir beide im Raum.
»Können wir bitte über das hier reden?« Sie hält den letzten Newsletter hoch, und ich weiß, was kommt.
»Ich muss gehen. Mutter ist krank …«
»Ich habe dir vor fünf Monaten gesagt, du sollst meine Initiative bringen, und jetzt ist wieder eine Woche vergangen, ohne dass du dich an meine Anweisung gehalten hast.«
Ich starre sie an, und plötzlich packt mich die Wut. Alles, was ich monatelang heruntergeschluckt habe, kommt hoch und birst aus meiner Kehle.
»Ich werde diese Initiative nicht bringen.«
Sie schaut mich an, ihr Gesicht ist vollkommen unbewegt. »Ich will diese Initiative vor den Wahlen im Newsletter haben«, sagt sie und zeigt an die Decke, »sonst geht die Sache nach oben, Missy.«
»Wenn du mich aus der League zu werfen versuchst, rufe ich persönlich Genevieve von Hapsburg in New York an«, zische ich, weil ich zufällig weiß, dass Genevieve Hillys Idol ist. Sie ist die jüngste nationale League-Präsidentin aller Zeiten und vielleicht die einzige Person auf dieser Welt, vor der Hilly Angst hat. Aber Hilly zuckt mit keiner Wimper.
»Um ihr was zu sagen, Skeeter? Dass du deinen Job nicht machst? Dass du Negeraktivistenmaterial mit dir herumträgst?«
Ich bin zu wütend, um mich dadurch einschüchtern zu lassen. »Ich will es wiederhaben, Hilly. Du hast es an dich genommen, obwohl es dir nicht gehört.«
»Natürlich habe ich es an mich genommen. Du hast so etwas nicht mit dir herumzutragen. Stell dir vor, jemand hätte es gesehen.«
»Wie kommst du dazu, mir zu sagen, was ich mit mir herumtragen darf und was …«
»Es ist mein Job, Skeeter! Du weißt so gut wie ich, dass niemand auch nur eine Scheibe Pfundkuchen von einer Organisation kaufen würde, die Integrationisten in ihren Reihen hat!«
»Hilly.« Ich muss es einfach aus ihrem Mund hören. »An wen soll dieses ganze Pfundkuchengeld denn gehen?«
Sie verdreht die Augen. »An die armen hungernden Kinder Afrikas?«
Ich warte, dass ihr die Ironie aufgeht: farbigen Menschen auf einem anderen Erdteil helfen zu wollen, aber nicht denen am anderen Ende der Stadt. Doch dann fällt mir etwas Besseres ein: »Ich werde Genevieve jetzt gleich anrufen. Und ihr sagen, was für eine scheinheilige Heuchlerin du bist.«
Hilly richtet sich ruckartig auf. Ich glaube bereits, eine Schwachstelle in ihrem Panzer getroffen zu haben. Aber dann fährt sie sich mit der Zunge über die Lippen und schnaubt laut und verächtlich.
»Es ist wirklich kein Wunder, dass dich Stuart Whitworth abserviert hat.«
Ich beiße die Zähne fest aufeinander, damit sie nicht sieht, was diese Worte mit mir machen. Innerlich bin ich eine langsam sinkende Messsäule, alles in mir verschwindet im Fußboden. »Ich will diese Gesetze wiederhaben«, sage ich mit zittriger Stimme.
»Dann bring die Initiative.«
Ich drehe mich um und gehe zur Tür hinaus. Ich hieve meine Büchertasche in den Cadillac und zünde mir eine Zigarette an.
Als ich nach Hause komme, bin ich froh, dass bei Mutter kein Licht mehr brennt. Ich schleiche durch den Flur auf die hintere Veranda und mache vorsichtig die quietschende Fliegentür zu. Ich setze mich an meine Schreibmaschine.
Aber ich kann nicht tippen. Ich starre auf die winzigen grauen Quadrate der Fliegengitter. Ich starre so intensiv darauf, dass ich hindurchschlüpfe. Ich fühle, wie etwas in mir aufbricht. Ich bin flüchtig wie Dampf. Ich bin verrückt. Ich bin taub für dieses blöde, schweigende Telefon. Taub für Mutters Würgen im Haus. Für ihre Stimme, die durchs Fenster dringt: »Alles in Ordnung, Carlton, es ist wieder vorbei.« Ich höre das alles, und trotzdem höre ich nichts. Nur ein hohes Sirren in meinen Ohren.
Ich greife in die Büchertasche und ziehe das Blatt mit Hillys Toiletteninitiative heraus. Das Papier ist schlaff von der Luftfeuchtigkeit. Eine Motte landet auf einer Ecke, flattert dann wieder davon und hinterlässt braunen Flügelstaub.
Langsam, mit einzelnen Anschlägen, beginne ich den Newsletter zu tippen: Sarah Shelbys bevorstehende Eheschließung mit Robert Pryor; Babymodenschau bei Mary Katherine Simpson, der Tee zu Ehren unserer hiesigen Förderinnen. Dann tippe ich Hillys Initiative. Ich platziere sie auf der zweiten Seite, direkt gegenüber von den
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