Gute Geister - Stockett, K: Gute Geister - The Help
mir spielen?«
»Weil die meisten schon groß sind. Viele haben selbst schon Babys.«
Herr im Himmel, guckt sie jetzt verwirrt. Sie denkt scharf nach, wie wenn sie das alles nachrechnen würd. Schließlich sag ich: »Du bist auch eins davon. Alle Babys, für die ich gesorgt hab, die sind für mich meine Babys.«
Sie nickt und verschränkt die Arme.
Ich fang an abzuwaschen. Die Geburtstagsparty heut Abend
ist nur mit der Familie, und ich muss die Kuchen backen. Zuerst mach ich den mit Erdbeercreme. Wenn’s nach Mae Mobley ging, wär jedes Essen mit Erdbeeren. Dann mach ich den anderen.
»Backen wir doch einen Schokoladenkuchen«, hat Miss Leefolt gestern gesagt. Sie ist jetzt im achten Monat und isst am liebsten Schokolade.
Aber ich hab das schon letzte Woche genau geplant. Hab schon alles besorgt, was ich brauch. Das ist zu wichtig, um sich’s erst am Tag vorher auszudenken. »Mm-hmm. Wie wär’s mit Erdbeer? Das würd Mae Mobley am liebsten mögen.«
»Oh, nein, sie wünscht sich Schokolade. Ich fahre heute einkaufen und bringe alles Nötige mit.«
Schokolade, dass ich nicht lach! Also hab ich mir gedacht, ich mach einfach beides. Dann kann sie wenigstens zweimal Kerzen ausblasen.
Ich nehm ihr den Teller weg. Geb ihr Traubensaft zu trinken. Sie hat ihre alte Babypuppe in der Küche, die, die sie Claudia getauft hat, mit dem aufgemalten Haar und den Schlafaugen. Die quietscht ganz jämmerlich, wenn man sie runterfallen lässt.
»Das da ist dein Baby«, sag ich, und sie patscht ihr auf den Rücken, wie wenn sie sie Bäuerchen machen lässt, und nickt.
Dann sagt sie: »Aibee, du bist meine richtige Mama.« Sie guckt mich nicht mal an, sagt’s einfach nur so, wie wenn sie übers Wetter reden würd.
Ich knie mich zu ihr auf den Boden. »Deine Mama ist beim Friseur, ihr Haar machen lassen. Du weißt doch, wo deine Mama ist, Baby Girl.«
Aber sie schüttelt den Kopf, drückt die Puppe an sich. »Ich bin dein Baby«, sagt sie.
»Hör mal, Mae Mobley, ich hab dich da nur verkohlt, mit den siebzehn Babys, die alle meine sind. Sie sind nicht wirklich meine. Ich hab in meinem Leben nur ein Kind gekriegt.«
»Weiß ich«, sagt sie. »Ich bin in echt dein Kind. Die andern sind nur erfunden.«
Es ist ja nicht das erste Mal, dass ich erleb, wie ein Kind da durcheinander kommt. John Green Dudley, das erste Wort von dem Jungen war Mama, und dabei hat er mich angeguckt. Aber dann hat er ziemlich bald alle Mama genannt, auch sich selber und seinen Daddy. Hat sich keiner groß was dabei gedacht. Aber wie er dann angefangen hat, mit den Rüschenröcken von seiner Schwester Verkleiden zu spielen und sich Chanel Nummer 5 aufzutupfen, da waren wir doch alle bisschen besorgt.
Bei den Dudleys war ich zu lang, über sechs Jahre. Sein Daddy hat ihn immer mit in die Garage genommen und versucht, mit dem Gartenschlauch das Mädel aus dem Jungen rauszudreschen, bis ich’s nimmer ertragen hab. Ich hab Treelore fast erstickt, wenn ich heimgekommen bin, so fest hab ich ihn umarmt. Wie wir mit den Geschichten angefangen haben, hat mich Miss Skeeter gefragt, was der schlimmste Tag in meiner Arbeit als Dienstmädchen war. Ich hab ihr gesagt, es wär ein totgeborenes Baby gewesen. Aber das stimmt nicht. Es war jeder einzelne Tag von 1941 bis 1947, wenn ich an der Fliegentür gewartet hab, dass das Dreschen aufhört. Ich wollt bei Gott, ich hätt John Green Dudley gesagt, dass er nicht in die Hölle kommt. Dass er keine Missgeburt ist, weil er Jungen mag. Ich wollt bei Gott, ich hätt ihm lauter gute Sachen gesagt, so wie ich’s bei Mae Mobley versuch. Aber ich hab nur in der Küche gesessen und gewartet, dass ich ihm Salbe auf die Striemen schmieren kann.
In dem Moment fährt draußen Miss Leefolt in den Carport. Ich krieg bisschen Angst, was Miss Leefolt machen wird, wenn sie das Mamazeug hört. Mae Mobley auch. Ihre Hände flattern wie die Flügel von einem Huhn. »Sch-scht! Nicht sagen!«, ruft sie. »Sie haut mich.«
Also hat sie die Diskussion schon mit ihrer Mama gehabt. Und Miss Leefolt hat’s gar nicht gefallen.
Wie Miss Leefolt mit ihrer neuen Frisur reinkommt, sagt ihr Mae Mobley nicht mal hallo, rennt nur in ihr Zimmer. Wie wenn sie Angst hätt, ihre Mama könnt hören, was in ihrem Kopf ist.
Mae Mobleys Geburtstagsparty ist ein voller Erfolg, jedenfalls sagt mir das Miss Leefolt am nächsten Tag. Wie ich am Freitagmorgen komm, stehen noch drei Viertel von dem Schokoladenkuchen auf der Arbeitsplatte. Der
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