Gute Geister - Stockett, K: Gute Geister - The Help
zur Tür rüber. Die Stimme in meinem Kopf sagt: Geh, Minny. Verzieh dich bloß. Aber ich guck auf Miss Celia, die in ihr altes Nachthemd heult, und mein Gewissen drückt mich wie ein ganzer Berg.
»Ich kann das Johnny nicht länger antun. Ich habe mich schon entschieden, Minny. Ich gehe zurück«, schluchzt sie. »Zurück nach Sugar Ditch.«
»Sie wollen Ihren Mann verlassen, nur weil Ihnen auf einer Party schlecht geworden ist?« Halt, denk ich und schreck richtig zusammen. Miss Celia kann Mister Johnny nicht verlassen – wo zum Teufel bleib ich dann?
Miss Celia heult noch lauter, weil ich sie dran erinnert hab. Ich seufz und guck auf sie runter, frag mich, was ich tun soll.
Gott, ich schätz, es ist Zeit. Zeit, dass ich ihr das erzähl, was ich keinem Menschen auf der ganzen Welt hab erzählen wollen. Ich verlier meinen Job sowieso, also kann ich’s auch machen.
»Miss Celia …«, sag ich und setz mich in den gelben Sessel in der Zimmerecke. Ich hab in dem Haus hier noch nie irgendwo gesessen außer in der Küche und auf ihrem Badfußboden. Aber der Tag heut zwingt mich zu extremen Sachen.
»Ich weiß, warum Miss Hilly so wütend geworden ist«, sag ich. »Wegen dem Kuchen, mein ich.«
Miss Celia schnäuzt sich laut in ein Papiertaschentuch. Sie guckt mich an.
»Ich hab was mit ihr gemacht. Was fürchterlich Schlimmes.« Mein Herz bummert schon, wenn ich nur dran denk. Mir
wird klar, dass ich nicht in dem Sessel hier sitzen und ihr die Geschichte erzählen kann. Ich steh auf und geh ans Fußende vom Bett.
»Was?«, schnieft sie. »Was war, Minny?«
»Miss Hilly hat mich letztes Jahr daheim angerufen, wie ich noch bei Miss Walters gearbeitet hab. Hat mir gesagt, dass sie Miss Walters ins Altenheim schickt. Ich hab’s mit der Angst gekriegt, hab ja fünf Kinder zu ernähren. Und Leroy hat da schon Doppelschicht gearbeitet.«
Ich fühl so ein Brennen meine Brust hochsteigen. »Ich weiß ja, was ich gemacht hab, war nicht christlich. Aber wer schickt denn seine eigene Mama ins Heim, zu fremden Leuten? Das Problem ist, wenn man der Frau was Unrechtes tut, fühlt sich’s irgendwie recht an.«
Miss Celia setzt sich im Bett auf, wischt sich die Nase. Jetzt sieht sie aus, wie wenn sie mir zuhört.
»Drei Wochen hab ich Arbeit gesucht. Jeden Tag, wenn ich bei Miss Walters fertig war, bin ich rumgegangen. Ich geh rüber zu Miss Child. Sie schickt mich weg. Ich geh zu den Rawleys, die wollen mich auch nicht. Die Riches, die Patrick Smiths, die Walkers, sogar die katholischen Thibodeaux mit ihren sieben Kindern. Keiner will mich.«
»Oh, Minny …«, sagt Miss Celia. »Das ist ja schrecklich.«
Ich schieb den Unterkiefer vor. »Seitdem ich klein war, hat meine Mama mir gesagt, ich soll nicht frech sein. Aber ich hab nicht auf sie gehört, und drum bin ich in der ganzen Stadt für mein Mundwerk bekannt. Also denk ich, dass mich deswegen keiner will.
Wie ich noch zwei Tage bei Miss Walters gehabt hab und immer noch keinen neuen Job, da hab ich’s richtig mit der Angst gekriegt. Bennys Asthma und Sugar noch auf der Schule und Kindra und … wir waren eh schon knapp mit dem Geld. Und da taucht Miss Hilly bei Miss Walters auf und will mit mir reden.
Sie sagt: ›Arbeiten Sie bei mir, Minny. Ich zahle Ihnen am Tag fünfundzwanzig Cent mehr als Mama.‹ Als ›Karotte vor meiner Nase‹, so hat sie’s genannt, wie wenn ich ein Maulesel wär.« Ich fühl, wie ich Fäuste mach. »Wie wenn ich auch nur drüber nachdenken würd, meine Freundin Yule May um ihren Job zu bringen. Miss Hilly denkt, alle sind so falsche Schlangen wie sie.«
Ich wisch mir übers Gesicht. Ich schwitz. Miss Celia hört mit offenem Mund zu, sieht ganz verwirrt aus.
»Ich sag ihr: ›Nein, danke, Miss Hilly.‹ Und drauf sagt sie, sie zahlt mir fünfzig Cent mehr, und ich sag: ›Nein, Ma’am. Nein, danke.‹ Und dann verpasst mir Miss Celia den Schlag ins Genick. Sie sagt, sie weiß, dass mich die Childs und die Rawleys und alle anderen abgewiesen haben. Sagt, es wär, weil sie dafür gesorgt hat, dass jeder weiß, was ich für eine Diebin bin. Ich hab mein Lebtag nie was gestohlen, aber sie sagt, sie hat überall rumerzählt, ich hätt’s getan. Und niemand in der Stadt würd doch ein unverschämtes und diebisches Niggerdienstmädchen einstellen, also könnt ich auch gleich umsonst bei ihr arbeiten.
Und da hab ich’s gemacht.«
Miss Celia guckt mich an. »Was, Minny?«
»Ihr gesagt, sie soll meine Scheiße fressen.«
Miss Celia
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