Gute Geister - Stockett, K: Gute Geister - The Help
mein eigenes Buch auf und versuch zu erraten, bei welchem Kapitel sie grad ist. Eins, zwei oder zehn? Schließlich starr ich einfach nur auf den blauen Einband. Noch nie hab ich ein Buch in einer so hübschen Farbe gesehen. Ich wisch einen Schmierfleck vorn vom Deckel.
Dann steck ich das Buch wieder in die Tasche von dem Wintermantel, den ich nie trag, weil ich kein einziges Buch gelesen hab, seit ich mit Leroy verheiratet bin, und nicht will, dass ihn das hier misstrauisch macht. Am End geh ich wieder ins Bett und sag mir, dass ich unmöglich erraten kann, wie weit Miss Hilly mit Lesen ist. Aber eins weiß ich: Sie ist noch nicht bei ihrem Teil am Schluss. Ich weiß es, weil ich ihr Schreien noch nicht in meinem Kopf gehört hab.
Am Morgen bin ich tatsächlich froh, dass ich zur Arbeit
kann. Heut ist Bödenschrubbtag, und ich will das alles einfach aus meinem Kopf kriegen. Ich hiev mich ins Auto und fahr raus nach Madison County. Gestern war Miss Celia bei einem anderen Doktor, rausfinden, wie’s ist mit dem Kinderkriegen, und ich hätt ihr beinah gesagt: Sie können das hier haben, Lady. Heut wird sie’s mir garantiert haarklein erzählen. Wenigstens war das dumme Ding so vernünftig, nimmer zu diesem Doktor Tate zu gehen.
Ich bieg in die Einfahrt. Ich kann jetzt vorm Haus parken. Miss Celia hat nämlich endlich das Versteckspiel aufgegeben und Mister Johnny erzählt, was er eh schon gewusst hat. Das Erste, was ich seh, ist, dass Mister Johnnys Pick-up noch da steht. Ich wart in meinem Auto. Noch nie war er da, wenn ich gekommen bin.
Ich geh rein. Bleib mitten in der Küche stehen und schau mich um. Jemand hat schon Kaffee gemacht. Aus dem Esszimmer kommt eine Männerstimme. Irgendwas ist hier im Gang.
Ich beug mich an die Tür und hör Mister Johnny, hier im Haus, an einem Werktagmorgen um halb neun, und eine Stimme in meinem Kopf heißt mich schnell wieder rausrennen. Miss Hilly hat ihn angerufen und ihm gesagt, ich wär eine Diebin. Er hat das mit dem Kuchen rausgefunden. Er weiß von dem Buch.
»Minny?«, hör ich Miss Celia rufen.
Ganz vorsichtig drück ich die Schwingtür auf und lins raus. Da ist Miss Celia am Kopfende vom Tisch, und Mister Johnny sitzt neben ihr. Beide gucken her.
Mister Johnny ist noch weißer wie der alte Albino, der hinter Miss Walters wohnt.
»Minny, würden Sie mir bitte ein Glas Wasser bringen?«, fragt er, und jetzt hab ich wirklich ein schlechtes Gefühl.
Ich hol das Wasser und bring’s ihm. Wie ich das Glas auf die Papierserviette stell, steht Mister Johnny auf. Er mustert mich lang und ernst. Gott, jetzt kommt’s.
»Ich habe ihm von dem Baby erzählt«, sagt Miss Celia. »Von all den Babys.«
»Minny, ich hätte sie verloren, wenn Sie nicht gewesen wären«, sagt er und fasst meine beiden Hände. »Gott sei Dank waren Sie hier.«
Ich schau zu Miss Celia rüber, und sie hat ganz tote Augen. Da weiß ich schon, was ihr der Doktor gesagt hat. Ich seh’s ihr an. Dass sie nie ein Baby lebendig zur Welt bringen wird. Mister Johnny drückt meine Hände und geht dann zu ihr. Er kniet sich vor sie hin und legt den Kopf in ihren Schoß. Sie streicht ihm immer wieder übers Haar.
»Verlass mich nicht. Verlass mich nie, niemals, Celia«, schluchzt er unter Tränen.
»Sag’s ihr, Johnny. Sag Minny, was du mir gesagt hast.«
Mister Johnny hebt den Kopf. Sein Haar ist ganz verstrubbelt, und er guckt mich an. »Sie haben immer einen Job hier bei uns, Minny. Bis an Ihr Lebensende, wenn Sie möchten.«
»Danke, Sir«, antworte ich und mein’s von ganzem Herzen. Was Besseres hätt mir heut keiner sagen können.
Ich fass an die Tür, aber Miss Celia sagt ganz sanft: »Bleiben Sie noch ein bisschen, Minny, ja?«
Also stütz ich mich auf das Sideboard, weil das Baby langsam schwer wird. Und ich frag mich, wie’s sein kann, dass ich so viel davon hab und sie gar keins. Er heult. Sie heult. Wir sind drei Verrückte im Esszimmer, die alle zusammen heulen.
»Wenn ich’s doch sag«, erklär ich Leroy zwei Tage drauf in der Küche. »Man drückt auf den Knopf und kriegt einen anderen Sender, ohne dass man vom Stuhl aufstehen muss.«
Leroy guckt nicht von seiner Zeitung auf. »Das ist doch Blödsinn, Minny.«
»Miss Celia hat eine, Space-Command-Fernbedienung nennt sich’s. Ein Kasten, ungefähr halb so groß wie ein Laib Brot.«
Leroy schüttelt den Kopf. »Die faulen Weißen. Können nicht mal aufstehen und einen Knopf drehen.«
»Ich schätz, demnächst fliegen
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