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Gute Geister - Stockett, K: Gute Geister - The Help

Gute Geister - Stockett, K: Gute Geister - The Help

Titel: Gute Geister - Stockett, K: Gute Geister - The Help Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Stockett
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mit dem, was war.«
    Ich verkneife mir, was ich eigentlich sagen will – dass es ihm vermutlich recht geschehen ist –, weil er so jämmerlich wirkt. Jetzt, wo sein ganzes markiges Bourbon-und-noch-mehr-Bourbon-Gehabe verflogen ist, frage ich mich, ob er immer so jämmerlich ist.
    »Wir sind miteinander gegangen, seit wir fünfzehn waren. Sie wissen doch, wie das ist, wenn man so lange mit jemandem zusammen war.«
    Und ich weiß nicht, warum ich das eingestehe, außer vielleicht, weil ich nichts zu verlieren habe. »Nein, das weiß ich nicht«, sage ich. »Ich bin noch nie mit jemandem gegangen.«

    Er schaut mich an, gibt so etwas wie ein Lachen von sich. »Tja, das muss wohl daran liegen.«
    »Woran?« Ich wappne mich, denke an Bemerkungen über Düngergeruch und Traktoren.
    »Sie sind . . . anders. Mir ist noch nie jemand begegnet, der genau das sagt, was er denkt. Jedenfalls keine Frau.«
    »Glauben Sie mir, ich hätte noch wesentlich mehr zu sagen gehabt.«
    Er seufzt. »Als ich Ihr Gesicht gesehen habe, draußen bei dem Pick-up . . . Ich bin nicht so. Ich bin wirklich nicht so ein Arschloch.«
    Ich schaue verlegen weg. Allmählich dringt zu mir durch, was er gesagt hat, dass ich zwar anders bin, aber vielleicht ja doch nicht im Sinn von seltsam oder abnorm groß. Vielleicht ja in einem positiven Sinn.
    »Ich bin hierher gekommen, um Sie zu fragen, ob Sie vielleicht Lust hätten, mit mir in der Stadt essen zu gehen. Wir könnten reden«, sagt er und steht auf. »Wir könnten . . . ich weiß nicht, diesmal versuchen, uns gegenseitig zuzuhören.«
    Ich stehe da wie vom Donner gerührt. Seine Augen sind blau und klar und sehen mich an, als ob meine Antwort ihm wirklich etwas bedeute. Ich hole tief Luft, um ja zu sagen – wie käme ausgerechnet ich dazu, nein zu sagen –, und er kaut auf seiner Unterlippe, wartet.
    Und dann denke ich wieder daran, wie er mich behandelt hat, als wäre ich Luft. Wie er sich sternhagelvoll gesoffen hat, weil es so grässlich für ihn war, mit mir zusammengespannt zu sein. Ich denke daran, wie er gesagt hat, ich röche nach Dünger. Drei Monate habe ich gebraucht, um diese Bemerkung aus meinen Gedanken zu vertreiben.
    »Nein«, bricht es aus mir heraus. »Danke. Aber ich kann mir wirklich nichts Schlimmeres vorstellen.«
    Er nickt, blickt auf seine Füße. Dann geht er die Verandastufen hinunter.

    »Es tut mir leid«, sagt er in der offenen Wagentür. »Das wollte ich Sie wissen lassen, und, na ja, das hab ich nun wohl.«
    Ich stehe auf der Veranda, lausche den überdeutlichen Abendgeräuschen – Kies, der unter Stuarts Füßen knirscht, Hunde irgendwo im Dämmerdunkel. Einen Moment denke ich an Charles Gray, den einzigen Kuss meines Lebens. Daran, wie ich mich der Umarmung entzogen habe, irgendwie sicher, dass der Kuss nicht mir galt.
    Stuart steigt in seinen Wagen, und die Fahrertür schließt sich. Er hängt den Ellbogen aus dem Fenster. Aber sein Blick bleibt gesenkt.
    »Moment«, rufe ich ihm zu. »Ich muss eben noch meinen Pullover holen.«
     
    Niemand sagt Date-unerfahrenen Mädchen wie mir, dass die Erinnerung fast so schön sein kann wie die Sache selbst. Mutter ist eigens ins Dachgeschoss hinaufgestiegen und steht neben meinem Bett, aber ich stelle mich schlafend. Weil ich noch ein bisschen in der Erinnerung schwelgen will.
    Wir sind gestern Abend zum Essen ins Robert E. Lee gefahren. Ich hatte mir schnell einen hellblauen Pulli und einen engen weißen Rock angezogen. Ich hatte mir sogar von Mutter die Haare bürsten lassen und dabei ihre komplizierten, nervösen Ratschläge zu überhören versucht.
    »Und vergiss nicht zu lächeln. Männer wollen keine Mädchen, die den ganzen Abend trübsinnig dreinschauen, und sitz nicht da wie eine Indianersquaw, schlag die …«
    »Was noch mal, die Beine oder die Fußgelenke?«
    »Die Fußgelenke. Hast du denn Missus Rheimers gesamten Benimmkurs vergessen? Und lüg einfach, sag, du gehst jeden Sonntag in die Kirche, und zerkau auf gar keinen Fall bei Tisch deine Eiswürfel, das ist abscheulich. Ach ja, und wenn euch die Gesprächsthemen ausgehen, erzähl ihm von unserem Vetter, der im Stadtrat von Kosciusko sitzt …«

    Während sie mein Haar in stetem Wechsel bürstete und glatt strich, wollte Mutter immer wieder wissen, wie ich ihn kennengelernt hatte und was bei unserem letzten Date passiert war, aber ich schaffte es, ihr zu entwischen und die Treppe hinunterzuflitzen, selbst ganz zittrig vor Nervosität. Als Stuart und ich

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