Gute Geister - Stockett, K: Gute Geister - The Help
schließlich das Hotel betraten, an einem Tisch Platz nahmen und uns die Servietten über den Schoß breiteten, erklärte der Ober, sie würden gleich schließen. Es gebe nur noch Dessert.
Dann wurde Stuart still.
»Was . . . willst du, Skeeter?«, fragte er, was mich in eine gewisse Anspannung versetzte. Ich hoffte, dass er nicht wieder vorhatte, sich zu betrinken.
»Ich hätte gern eine Co-Cola. Mit viel Eis.«
»Nein.« Er lächelte. »Ich meine . . . im Leben. Was willst du?«
Ich holte tief Luft, wohl wissend, was ich nach Mutters Meinung jetzt zu sagen hatte: hübsche, gesunde Kinder, einen Ehemann, den ich umsorgen kann, funkelnagelneue Küchengeräte, um schmackhafte und dennoch gesunde Mahlzeiten zu kochen. »Ich möchte schreiben«, sagte ich. »Vielleicht als Journalistin. Vielleicht als Schriftstellerin. Vielleicht auch beides.«
Er hob den Kopf und blickte mir direkt in die Augen.
»Das finde ich gut«, sagte er und sah mich immer weiter an. »Ich habe über dich nachgedacht. Du bist gescheit, du bist hübsch, du bist« – er lächelte – »groß.«
Hübsch?
Wir aßen Erdbeersoufflee und tranken je ein Glas Chablis. Er erklärte mir, wie man feststellen kann, ob unter einem Baumwollfeld Öl ist, und ich erzählte ihm, dass die Vorzimmerdame und ich die einzigen Frauen bei der Zeitung sind.
»Ich hoffe, du schreibst mal was richtig Gutes. Etwas, wovon du wirklich überzeugt bist.«
»Danke. Das . . . hoffe ich auch.« Ich sagte nichts von Aibileen und Missus Stein.
Ich habe noch nicht allzu viele Männergesichter aus nächster Nähe gesehen, und mir fiel auf, dass seine Haut dicker war als meine und von einer appetitlichen Farbe, wie Toast. Die steifen blonden Härchen auf seinem Kinn und seinen Wangen schienen vor meinen Augen zu sprießen. Er roch nach Wäschestärke. Und Kiefernnadeln. Seine Nase war doch nicht so spitz.
Der Ober stand gähnend in der Ecke des Raums, aber wir beachteten ihn nicht, sondern blieben einfach sitzen und redeten weiter. Und als ich mir allmählich wünschte, ich hätte mir am Morgen die Haare gewaschen, statt nur zu baden, und zutiefst froh war, dass ich mir wenigstens die Zähne geputzt hatte, beugte er sich aus heiterem Himmel zu mir und küsste mich. Mitten im Restaurant des Robert E. Lee Hotels küsste er mich ganz langsam mit geöffnetem Mund, und alles an mir – meine Haut, meine Schlüsselbeine, meine Kniekehlen, mein gesamtes Inneres – fing an zu leuchten.
An einem Montagnachmittag, ein paar Wochen nach meinem Date mit Stuart, gehe ich auf dem Weg zum League-Treffen noch in die Bibliothek. Dort riecht es wie in der Grundschule — nach Langeweile, Klebstoff, mit Lysol aufgewischtem Erbrochenem. Ich will noch ein paar Bücher für Aibileen ausleihen und nachsehen, ob je jemand etwas über Hausmädchen geschrieben hat.
»Hey, hallo, Skeeter!«
Guter Gott. Susie Pernell. Im Highschool-Jahrbuch hätte sie zu derjenigen gekürt werden müssen, die am ehesten ihr Leben lang zu viel reden wird. »Hey … Susie. Was machst du denn hier?«
»Ich helfe doch ehrenamtlich, für die League. Du solltest auch mitmachen, Skeeter, es ist wirklich toll! Man kann immer die neuesten Zeitschriften lesen und Sachen ablegen und sogar die Bibliotheksausweise einschweißen.« Susie posiert neben
der riesigen braunen Maschine, als wäre sie bei The Price is Right.
»Wie aufregend.«
»Und? Womit kann ich dienen, Ma’am? Wir haben Kriminalromane, Liebesromane, Schminkratgeber, Frisuren ratgeber. « Sie hält inne, grinst. »Bücher über Rosenzucht, Inneneinrichtung und Heimdekoration …«
»Ich möchte nur ein bisschen stöbern, danke.« Ich eile davon. Ich werde mich selbst zurechtfinden. Ich kann ihr unmöglich sagen, was ich suche. Ich höre sie schon bei den League-Treffen wispern: Ich habe ja gleich gewusst, dass mit dieser Skeeter Phelan etwas nicht stimmt – all diese Bücher über Neger, die sie haben wollte . . .
Ich suche Karteikästen durch und Regalfächer ab, finde aber nichts über Hauspersonal. In der Sachbuchabteilung entdecke ich ein einziges Exemplar von Frederick Douglass’ Mein Leben als Sklave in Amerika. Ich nehme es mir, freue mich schon darauf, es Aibileen zu bringen, doch als ich es aufschlage, sehe ich, dass jemand den ganzen Mittelteil herausgerissen hat. Auf dem Vorsatzblatt steht in blutroter Buntstiftschrift NIG-GERBUCH. Mehr als das Wort beunruhigt mich die Tatsache, dass die Schrift wie die eines Drittklässlers aussieht. Ich
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