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Gute Leute: Roman (German Edition)

Gute Leute: Roman (German Edition)

Titel: Gute Leute: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nir Baram
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Angelegenheiten von schicksalhafter Tragweite …«
    »Sehr beschäftigt, wie auch nicht?«, unterbrach ihn Emma. »In diesen Tagen sind alle sehr beschäftigt.«
    »Man hat Radek und Pjatakow verhaftet, Rykow und Jeshow«, flüsterte Varlamow. »Und auch Tuchatschewski und Jakir haben sie verhaftet, ebenso den jungen Petrowski, und Bucharin und Sinowjew, und diesen jungen Burschen aus Kiew, wie hieß er noch gleich?«
    Vor einigen Jahren hatte sie einmal mit ihrem Vater im Garten von Varlamows Haus gesessen, und der Alte hatte gesagt: »Ich schlafe jetzt und mit mir schlafen all die Dinge, an die ich einmal geglaubt habe. Die Lyrik, die schönen Worte. Alles, was ich war, schläft jetzt, und wenn nicht etwas Unvorhergesehenes eintritt, werde ich bis zu meinem letzten Stündchen schlafen. Vielleicht weckt mich ja der Tod.«
    ***
    Ein Körper berührte den ihren. Etwas Spitzes – im ersten Aufflackern des Erwachens dachte sie an einen Pfeil und begriff gleich darauf, dass es eine Nasenspitze war – bohrte sich in ihren Hals. Haare kitzelten ihre Wange. Sie schlug die Augen auf und sah grünliche, von Spinnweben überzogene Wände, einen blau lackierten Tisch und einen Stuhl mit den Kleidungsstücken vom gestrigen Tag. Durch das Fenster schaute ein dunkler Himmel auf sie herab, dessen Wolken am Mond knabberten. Sie rückte von dem sich an sie schmiegenden Körper ab.
    »Kolja …«, flüsterte sie und kniff ihm in die Wange, »du weißt, dass du hier nicht schlafen darfst …«
    Nikolai wurde wach. Er stützte den Kopf auf die Hand und schaute ihr ins Gesicht. Manchmal schien ihr, dass sich, auch wenn er schlief, etwas in ihm für das Erwachen bereit hielt.
    »Ich kann nicht mehr mit Wlada in einem Zimmer schlafen«, flüsterte er. »Er faselt die ganze Zeit, dass sie Papa verhaften werden, weil er Dichterinnen vögelt, die für den Feind spionieren, und dass sie Mama verhaften werden, weil sie einem zu Diensten ist, der Dichterinnen vögelt, die spionieren, und dich auch, weil du eine spionierende Dichterin sein willst.«
    Sascha setzte sich auf und drückte ihre Füße gegen Koljas Rippen. Er stöhnte vor Wohlbehagen. Der Wecker gab unter dem Kopfkissen ein klägliches Klingeln von sich. Sie rollte herum und beeilte sich, ihn auszustellen.
    »Saitschik, wohin?« Nikolai richtete sich auf.
    »Ich habe dir gesagt, du sollst mich nicht Häschen nennen«, fuhr sie ihn an und stand nun zitternd da in der eisigen Luft.
    »Und warum darf Mama es dann?«
    Sie antwortete nicht, streifte schnell ein weißes Kleid über, zog dicke Socken an und knotete sich ein Tuch um den Kopf.
    Das Kopftuch würde sie in seiner Gegenwart nicht abnehmen, schwor sie sich. Keine Menschenseele durfte ihr Haar in diesem zerzausten Zustand sehen.
    Nikolai rollte sich auf ihrem Bett wieder zusammen. »Du denkst doch auch, dass Wlada klüger ist als wir alle, oder?«, ließ sich seine Stimme aus den Decken vernehmen. »Wenn du wieder herkommst, erzähle ich dir Sachen, die du noch nicht weißt. Er hat gestern das ganze Treffen mit angehört und danach hat er gesagt, dass Mama viel weniger dumm ist als Papa und auch als die anderen, aber dass wir trotzdem alle teuer bezahlen werden.«
    »Sei still, sie werden dich noch hören.«
    Von weitem war das gedämpfte Geräusch eines Motors zu vernehmen. Bald schon würde es anschwellen und an das erste Grollen eines Donners erinnern. Es gab keinen in der Stadt, der das Motorengeräusch dieser Wagen nicht genauestens kannte – die »schwarzen Raben«, die des Nachts die Stadt durchquerten.
    Im Schlafzimmer ihrer Eltern knarrte das Bett, dann ein Flüstern ihres Vaters, ihre Mutter tröstete ihn: »Andrjuscha, es wird schon werden.« Schritte von nackten Füßen, abermals ein Knarren, und schon war er geborgen in den Armen seiner Frau. Doch plötzlich kam von dort ein energisches Flüstern: »Am Morgen läufst du gleich zu Varlamow, ihn werden sie nicht verhaften. Mit Brodski und mit Lewajew sprichst du kein Wort!«
    Ihre Eltern glaubten bestimmt, die Rechnung für die Zusammenkunft würde postwendend präsentiert, der Verräter und seine Instrukteure hätten keine Zeit verloren, so dass der »schwarze Rabe« jetzt vorgefahren war. Sascha atmete tief ein, um das Zittern einer verbotenen Freude zu unterdrücken. Vielleicht würde der große Physiker Andrej Pawlowitsch Weißberg jetzt endlich von jenem Grauen vor dem jüngsten Gericht übermannt, fielen ihm keine Spitzfindigkeiten mehr ein. Und

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