Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gute Leute: Roman (German Edition)

Gute Leute: Roman (German Edition)

Titel: Gute Leute: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nir Baram
Vom Netzwerk:
bei Lockheed erfahren, dass ihre beschissenen Flugzeuge jetzt in Japan landen, wo Techniker von Lockheed den Schlitzaugen beim Warten der Maschinen helfen. Solange auch nur ein Angestellter von Lockheed in Japan hocke, werde er so viele Geschäfte mit Deutschland machen, wie es ihm beliebe.«
    Thomas fragte nicht nach dem Geschäft, das Bauer erwähnt hatte. Carlson wusste, dass Thomas davon gehört hatte, und es war nun an ihm, zu entscheiden, ob er Thomas einweihen sollte oder nicht. Erneut stellte er sich die Frage, die ihm in letzter Zeit zu schaffen machte: Welche Art Geschäfte verfolgte Milton mit dem SD und mit Görings Luftfahrtministerium?
    Im Grunde genommen wäre es überhaupt besser für ihn, wenn man ihn bei diesem neuen Geschäft außen vor ließe. Er verspürte keinen Drang, mit diesem Offizier zusammenzuarbeiten, und das aufgedunsene Gesicht Mailers – noch nie hatte er ihn so betrunken gesehen – hatte ihm zu verstehen gegeben, dass dessen Sympathie für dieses Geschäft noch geringer war als die, die er für Bauer hegte.
    Er ließ Carlson im Patio zurück und wandte sich der Saalmitte zu. Dort fiel ihm auf, dass das Licht der Kronleuchter nicht gleichmäßig verteilt war: Neben der kleinen Bühne funkelten die vergoldeten Schulterstücke an den schwarzen Uniformen, wohingegen zwischen der Bar und der Treppe tiefe Schattenstreifen lagen. Vielleicht sollte einer die Aufmerksamkeit des Architekten, dieses Tierbändigers, auf diese absonderliche Beleuchtung lenken.
    Zu beiden Seiten der Treppe hingen Girlanden mit Fähnchen der beiden Staaten, und hoch darüber, wie in einer anderen Welt, prangte im Schein der Kronleuchter ein riesiges Spruchband:
1939 – Ein Jahr der Freundschaft und Verbundenheit
Milton-Group
    Thomas drehte nervös an seinen Manschettenknöpfen. Der ekelerregende Geruch von Mailers Brillantine hing an seinem Smoking, und er erinnerte sich verärgert, wie Carlson an seiner Schulter gerüttelt hatte. Ein schwarzhaariger Mann von gewinnendem Aussehen lehnte an einer der Statuen. Um ihn herum ein paar attraktive Frauen.
    Eine von ihnen, Thomas schätzte sie auf etwa dreißig, ließ unter einer rosafarbenen Pelzjacke mit Straußenfedern eine Schulter sehen. »Herr Fritzsche«, kokettierte sie, »es ist so wundervoll, Sie im Radio zu hören. Ihre Stimme heilt meine Schmerzen.«
    »Aber meine Dame, ich verlese doch nur die Nachrichten und übermittle Informationen an das deutsche Volk«, entgegnete der Mann mit der berühmten Stimme bescheiden.
    »Ach, ich habe Ihnen noch gar nicht von der Neuinszenierung erzählt, bei der ich eine Rolle als Zweitbesetzung bekommen habe.« Die Sprecherin reckte neckisch den Kopf. »Sie haben sicher schon davon gehört, ›Kabale und Liebe‹.«
    »Selbstredend, wundervoll!«, rief Fritzsche. »Ich hatte die Ehre, den Führer und den Herrn Propagandaminister zur Premiere zu begleiten.«
    »Ich lese in der Zeitung schrecklich beunruhigende Meldungen. Es wird doch nicht etwa Krieg geben?«, fragte eine andere Dame. »Meine beiden Söhne dienen in der Wehrmacht.«
    Ein stechender Schmerz fuhr durch Thomas’ Körper, und fast hätte er sich gekrümmt.
    »Wie Ihnen ja bekannt ist, arbeite ich in unmittelbarer Nähe zu unserem Herrn Propagandaminister«, antwortete Fritzsche gespreizt. »Und ich kann Ihnen versichern, Deutschland tut alles, einen Krieg zu verhindern.«
    »Herr Fritzsche«, Thomas trat auf ihn zu und verbeugte sich. »Im Namen der Milton-Group erlaube ich mir, Ihnen dafür zu danken, dass Sie den Beginn des Neuen Jahres gemeinsam mit uns feiern wollen. Mein Name ist Thomas Heiselberg, ich bin Gesellschafter dieses Unternehmens.«
    Ein Schatten huschte über Fritzsches Gesicht. Thomas fürchtete, seine Anrede könnte nicht ehrerbietig genug gewesen sein. Seit wann hegte er Zweifel an seiner Fähigkeit, das Herz anderer Menschen zu gewinnen? Es lag etwas in der Luft, das zu verstehen er sich schwertat.
    Thomas spürte, wie eine nur zu vertraute Schwäche von seinem Körper Besitz ergriff. Schwarze Schleier legten sich auf seine Augen, die Menschen wurden zu Schatten, die Farben verwischten und mit ihnen alle feineren Nuancen des Lichts. Unter großer Anstrengung löste er seinen Blick von Fritzsches Gesicht. Einem Ertrinkenden gleich suchte er nach etwas, woran er sich festhalten konnte, wie Erika Gelber ihn gelehrt hatte: »Konzentrieren Sie sich in solchen Momenten auf eine Sache, in der Leben und Schwung ist, bis die ›Malaise‹

Weitere Kostenlose Bücher