Gute Leute: Roman (German Edition)
es wäre besser, wenn ich in dieser delikaten Angelegenheit in ihrem Namen spreche, eine psychoanalytische Behandlung ist dort immer noch eine sehr vertrauliche Sache«, lachte Thomas. Er wusste, dass ihn diese Lüge seine Karriere kosten konnte.
»Kein Problem, mein Junge«, sagte Fisk aufgeräumt. »Es genügt, dass Blum sich an mich wendet, ich werde dann den nächsten Schritt übernehmen.«
Es gab auch noch Plan C, aber der war mehr als armselig: Er traf sich mit Schumacher und erkundigte sich, ob eine Anfrage seinerseits bei der neugegründeten Reichszentrale für jüdische Auswanderung, die von Reinhard Heydrich geleitet wurde, Erika Gelber helfen könnte.
Schumacher war entsetzt. »Offenbar haben alle außer Thomas Heiselberg von der Warnung des Führers an Walther Funk gehört, unverzüglich damit aufzuhören, Juden von den Beschränkungen auszunehmen. Als Freund sage ich dir, dass deine Verbindung zu dieser jüdischen Analytikerin allmählich verdächtig wird. Am Ende werden sie dich noch als Judenfreund verunglimpfen. Ist sie das wert?«
Thomas hätte am liebsten geantwortet: »Ja. Denn ohne sie gäbe es nur noch Menschen wie dich.«
Es blieb keine andere Wahl, er musste Blum dazu bringen, Erika mit auf die Liste der Bank zu setzen. Und die Geschäftsleitung von Bamberburg musste sich für das Angebot der Dresdner Bank entscheiden. Denn eigentlich gab es keinen Grund, dass Blum ausgerechnet Erika helfen würde, zumal er wahrscheinlich noch andere Verpflichtungen hatte. Und selbst wenn Thomas ihm erklären würde, dieser Platz sei einzig und allein Erika vorbehalten und kein anderer Jude dürfe den Vorzug vor ihr erhalten, erschien es höchst zweifelhaft, ob Blum ihm glauben würde. Einer seiner Bekannten hatte ihm erzählt, Blum habe, im Scherz gewissermaßen, gesagt, Thomas Heiselberg sei der beste Beweis für die Richtigkeit von Hölderlins Behauptung, in Deutschland gäbe es keine Menschen mehr, sondern nur noch Professionen.
Thomas entschied, es sei an der Zeit für eine menschliche Geste den Bamberburgern gegenüber. Er überredete Carlson, ein zwangloses Abendessen auszurichten, bei dem die Vertreter aller an dem Geschäft beteiligten Parteien Seite an Seite sitzen würden. Zunächst jedoch musste er seinem Mitteilhaber erklären, dass es unmöglich sei, die Juden in eines der bei den leitenden Angestellten beliebten Restaurants einzuladen. Insgeheim empörte er sich, dass ausgerechnet er Carlson die neuen Rassengesetze erläutern musste. Würde dieser sonderbare Mann auch nur hin und wieder eine Zeitung lesen, hätte er das alles längst begriffen. Gewissermaßen als Einleitung fragte Thomas, ob er schon gehört habe, dass auch in Frankreich – wo Carlson endlich sein Haus erworben hatte – ein Gesetz gegen Fremde verabschiedet worden sei. »Tatsächlich? Danke, dass du es mir erzählst«, antwortete Carlson und beließ es dabei, lud aber bald darauf alle zu einem »American Dinner« in seine feudale Wohnung in der Rankestraße ein. Das Ereignis definierte er als »Geste der Solidarität mit den in Not geratenen Angehörigen des Bankhauses«.
Carlsons Koch hatte Buletten und gebratene Fleischstücke zubereitet und zwischen Semmeln gelegt, dazu gab es knusprige Kartoffelchips. Doch ungeachtet aller Fröhlichkeit, die Thomas unter den Anwesenden zu verbreiten suchte, herrschte gedrückte Stimmung: Die Herrschaften von Bamberburg beklagten sich pausenlos, während Carlson sich einige giftige Bemerkungen gegen die Vertreter der Dresdner Bank nicht verkneifen konnte. Gegen Ende des Abends teilte Blum Thomas schließlich Folgendes mit: Sollte sich die Dresdner Bank verpflichten, dass die Bamberburger ihr Bankhaus zurückkaufen könnten, sobald sich die Zustände in Deutschland wieder geändert hätten – würde dies von den Mitgliedern des Direktoriums als Geste von großem Wert betrachtet und zu einem Abschluss des Geschäfts führen.
Thomas war überzeugt, das Ganze sei wieder nur ein Hirngespinst Blums, und trug die Idee entsprechend unwillig Carlson vor, der sich jedoch auf Blums Seite schlug. »Das klingt fair«, urteilte er.
Bei dem nächsten Treffen mit den Direktoren der Dresdner Bank schlug Thomas ihnen vor, einen entsprechenden Passus zu formulieren. Ein solcher habe ohnehin keine Gültigkeit und sei lediglich dazu bestimmt, den Juden ein wenig das Herz zu erwärmen. Doch die Herren lehnten ab.
Thomas übermittelte ihre Antwort seinem Teilhaber.
»Warum erzählst du mir das?«,
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