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Gute Leute: Roman (German Edition)

Gute Leute: Roman (German Edition)

Titel: Gute Leute: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nir Baram
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in Deutschland erdacht und hochgezogen, alle übrigen Niederlassungen sind Spiegelbilder des Originals. Wir verfügen über ein System, mit dem sich zuverlässige Vorraussagen über das Verhalten des polnischen Menschen treffen lassen. Im Gegensatz zu allen möglichen ›Experten für Ostfragen‹, die hypothetische Theorien vertreten, obgleich sie ihr Lebtag noch keinen Fuß nach Polen gesetzt haben, ist das System von Milton auf Grundlage der Erkenntnisse, die sich aus der Arbeit der Niederlassung in Warschau ziehen ließen, kontinuierlich verbessert worden.«
    Weller nickte befriedigt, und eine euphorisierende Woge flutete durch Thomas’ Körper. Na bitte, erst vor ein paar Monaten hatte Milton seine Niederlassung in Deutschland geschlossen und ihn haltlos taumelnd zurückgelassen, ohne Arbeit, ohne Abfindung – und schon war er wieder am richtigen Ort gelandet.
    Während er über das Metallgestell seiner Brille strich, erzählte ihm Weller, sein Vorgesetzter Dr. Schnurre werde sich am Abend mit dem kommissarischen sowjetischen Botschafter treffen – Thomas bekam den vollen Namen nicht mit, Astachow vielleicht, und auch irgendein Babarin würde zugegen sein. Weller fügte hinzu, als verriete er ein Geheimnis, dieser Tage sei Dr. Schnurre damit befasst, ein neues Handelsabkommen in der Größenordnung von mehreren Millionen Reichsmark auszuarbeiten. Deutschland werde von der Sowjetunion Rohstoffe erwerben, welche die deutsche Industrie so dringend wie die Luft zum Atmen benötige. Sein junger Adlatus zählte sogleich begeistert auf: »Weizen, Rohöl, Baumwolle, Viehfutter, Phosphate, Holz.«
    Die Herren sind ja ganz aus dem Häuschen über das sich abzeichnende Abkommen, dachte Thomas, und willfährig brachte er seine Hochachtung für den Architekten dieses Abkommens zum Ausdruck: Der geniale Schritt werde das Antlitz Europas auf immer verändern.
    Weller und sein Lakai wurden nicht müde, diesen Dr. Schnurre zu preisen, und der junge Herr verstieg sich sogar zu der Behauptung, im Auswärtigen Amt wüssten alle, dass Weller die Stimme von Dr. Schnurre vertrete und von Ribbentrop nach Schnurres Pfeife tanze. Bauer nutzte selbstverständlich die Gelegenheit einzugreifen und stutzte den Heißsporn gehörig zurecht: Niemand außer dem Führer schreibe dem Herrn Reichsaußenminister etwas vor.
    Warum war dieser Bauer so drakonisch? Er stellte sich vor, wie er kühl und ohne einen Anflug von Scheu mit dem Offizier spräche, wie Carlson Mailer auf dem Sylvesterball.
    Jetzt richtete Weller mit samtweicher Stimme das Wort an ihn – Thomas musste bei dieser Stimme an eine gepolsterte Schaukel denken, die einen einlud, sich sanft wiegen zu lassen, und war sofort auf der Hut. Dieser Mann konnte ein gefährlicher Gegner sein. Nicht zufällig erzählte er gerade, schon bald werde die staunende Welt von einem neuen Abkommen zwischen Deutschland und der Sowjetunion erfahren. Damit solle das letzte Hindernis aus dem Weg geräumt werden, ehe man sich der polnischen Frage zuwenden könne: Der Führer sei fest entschlossen, das Problem in Bälde zu lösen, ein Krieg mit Polen sei nur noch eine Frage von einigen Wochen, und im Auswärtigen Amt scheine man überzeugt, dass für die Erforschung des polnischen Menschen bisher nicht genügend Ressourcen bereitgestellt wurden.
    Nachdem Deutschland gesiegt und die Kontrolle über das Land erlangt haben würde, benötige man Informationen, wie die polnische Bevölkerung zu behandeln sei. »Wir im Auswärtigen Amt machen uns Sorgen: Verschiedene Stellen und Ämter haben ihre Experten für Ostbelange in Klausur genommen und könnten schon bald absonderliche Ideen vorlegen, die unseren guten Ruf beschädigen. Wir möchten ein vernünftiges und bedachtes Programm sehen, das genau definiert, welches die richtigen Methoden für den Umgang mit der dortigen Bevölkerung sind. Auch wenn hier alle auf den Polen schimpfen, er ist trotz allem ein Mensch, der an alle möglichen Dinge glaubt …«
    Wieder ließ ein Hochgefühl Thomas erzittern. Er teilte Weller mit, er habe nicht den Hauch eines Zweifels, dass sein Modell dem Auswärtigen Amt von Nutzen sein werde. Schließlich habe das Unternehmen auf die Sammlung solcher Informationen und ihre sorgfältige Analyse Jahre verwandt. Indes sei das ursprüngliche Modell der Milton-Group nur bedingt nutzbar für die Erfordernisse einer Administration in Polen, weshalb es erweitert werden müsse. Ein umfassendes Modell erfordere aber eine

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