Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gute liegt so nah...

Gute liegt so nah...

Titel: Gute liegt so nah... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Higgins
Vom Netzwerk:
denken.
    Als ich an diesem Abend nach Hause kam, rief ich ihn an und fragte, ob er nicht vorbeikommen wollte. Er stimmte begeistert zu, und ich kochte für uns, ein einfaches Pastagericht mit Gemüse, das ich perfektioniert hatte. Wir aßen draußen auf der Veranda, redeten aber nicht viel. Kam es mir nur so vor, oder redeten wir eigentlich nie viel miteinander? Wir hielten Händchen, wir flirteten, wir gingen zusammen aus, wir schliefen miteinander. Aber redeten wir? Sollten Seelenverwandte nicht miteinander reden? Genau betrachtet schien es, als würden Digger und ich mehr miteinander sprechen.
    „Joe“, fragte ich daher vorsichtig. „Was denkst du, warum wir uns so gut verstehen?“
    Er sah mich überrascht an. „Keine Ahnung. Ich mag dich.“ Er grinste. „Sehr.“
    „Ich dich auch. Aber, na ja, du warst schon mit vielen Frauen zusammen. Stimmt doch, oder? Und du hast mir gesagt, das zwischen uns sei deine bisher längste Beziehung. Was glaubst du, warum das so ist?“
    Joe trank einen Schluck Bier und schaute in den dunklen Himmel hinauf. Digger kam zu uns, legte den Kopf auf Joes Bein, und Joe kraulte ihn. „Ich weiß es nicht, Millie. Wahrscheinlich habe ich das Gefühl, dass du anders bist.“
    „Inwiefern?“
    „Ach, verdammt, ich kann nicht gut über solche Dinge sprechen. Bist du etwa sauer auf mich oder so was?“
    Ich ergriff seine Hand. „Nein, ich bin nicht wütend. Ich habe nur über uns beide nachgedacht, mehr nicht. Wir sprechen fast nie über solche Sachen …“
    „Reden wird überschätzt.“
    „Manchmal mag das zutreffen …“
    Er seufzte und küsste meine Hand. „Na schön, ich werde es versuchen. Also: Es gefällt mir, dass du mir nicht nachstellst. Ich meine, wir kennen uns schon ewig, aber du warst immer ganz normal mir gegenüber, nett und freundlich, sonst nichts. Viele Frauen werfen sich mir regelrecht an den Hals. Das hast du nicht getan, und du hast auch nicht gleich angefangen, Brautkleider auszusuchen, nachdem wir zusammen waren. Du hast einen großartigen Beruf und Freunde, dein hübsches kleines Haus, deinen Hund … du scheinst zufrieden mit dir selbst zu sein. Na, wie war das?“
    „Fabelhaft“, lobte ich ihn. Natürlich sollte er all das von mir glauben, was er soeben aufgezählt hatte. Nur hatte er sich von mir täuschen lassen, und ich fühlte mich wie eine Betrügerin. Um mein Unbehagen zu verbergen, lockte ich Digger mit Koselauten her. „Sitz“, befahl ich. „Braver Hund.“
    „Warum bist du mit mir zusammen?“, gab Joe die Frage zurück.
    „Was? Aus vielen Gründen.“ Ich kraulte Diggers Bauch, was meinen Hund veranlasste, sich vor Begeisterung auf den Rücken zu werfen.
    „Erzähl“, forderte Joe mich auf.
    „Du siehst gut aus, das kann man nicht leugnen. Aber du bist auch ein hart arbeitender Mann. Und obendrein nett. Du bist ein gutherziger, fröhlicher Mensch, und das ist gut.“ Das alles klang ein bisschen schwach, aber Joe lachte.
    „Man darf das Leben nicht zu ernst nehmen“, sagte er, lehnte sich zurück und trank zufrieden noch einen Schluck Bier.
    Digger rollte sich neben meinem Sessel zusammen, den Kopf hatte er auf meinen Fuß gelegt. Joe und ich schwiegen, sodass wir den Wind in den Robinien hören konnten. Es hätte ein sehr romantischer Augenblick sein können. „Joe?“, fragte ich. „Erinnerst du dich an unseren Klassenausflug nach Plymouth Plantation?“
    Joe schien angestrengt nachzudenken. „Wenn ich ehrlich bin … nein.“
    „Du erinnerst dich bestimmt. Die Leute dort trugen alle Kleidung aus der damaligen Zeit.“
    „Ah, richtig, das war ziemlich cool.“ Er stutzte. „Willst du da mal wieder hin?“
    „Nein“, sagte ich, bereits ein wenig genervt. „Erinnerst du dich an die Rückfahrt im Bus, als ich mich übergeben musste?“
    Joe verzog das Gesicht. „Bäh!“
    Ich nahm mich zusammen. „Erinnerst du dich?“
    „Nein, nicht so richtig.“
    Mein Lächeln, ohnehin schon nicht mehr ganz echt, erstarb. „Nein?“
    „Nein. Warum fragst du?“
    „Weil du sehr lieb zu mir warst. Die anderen Kids lachten mich aus, und du sagtest, sie sollten die Klappe halten.“
    „Oh, das ist ja toll.“
    Ich zwang mich, den Mund zu halten. Es spielt überhaupt keine Rolle, Millie. Joe macht solche Dinge ganz automatisch, deshalb ist es auch ganz egal, ob er sich daran noch erinnern kann.
    Aber es war mir nicht egal, denn es ging um den wohl wichtigsten Augenblick in meiner Jugend. Von ihm hatte ich jede gute Eigenschaft

Weitere Kostenlose Bücher